Swissmedic, EMA und Co.

Kein Fencheltee in Schwangerschaft, Stillzeit und unter vier Jahren

Stuttgart - 25.04.2024, 12:15 Uhr

Bei Schwangeren und Stillenden muss die tägliche Aufnahme von Estragol unter 0,05 mg/Person pro Tag liegen. (Symbolfoto: luna / AdobeStock)

Bei Schwangeren und Stillenden muss die tägliche Aufnahme von Estragol unter 0,05 mg/Person pro Tag liegen. (Symbolfoto: luna / AdobeStock)


Fencheltee ist als Hilfe gegen Blähungen in allen Altersgruppen beliebt. Doch aufgrund des Estragol-Gehalts muss manch eine:r wohl ihr beziehungsweise sein Tee-Trink-Verhalten ändern. Darauf macht unter anderen die schweizerische Arzneimittelbehörde aufmerksam. Welche Arzneidrogen können außerdem Estragol enthalten und sind somit in Schwangerschaft und Stillzeit sowie Kleinkindern nicht zu empfehlen? Was bedeutet das für die Allgemeinbevölkerung?

Schon länger ist bekannt, dass Kinder unter vier Jahren aufgrund des Estragol-Gehalts keinen Fencheltee zu sich nehmen sollten. 

Am 6. März hat die Schweizerische Arzneimittelbehörde Swissmedic diese Empfehlung nochmals bekräftigt: Kinder unter vier Jahren sollten ohne Rücksprache mit Ärzt:innen oder Apotheker:innen keinen Fencheltee trinken. Außerdem rät Swissmedic Schwangeren und Stillenden grundsätzlich von Fencheltee ab.

Fenchel wird mit seinen krampflösenden und entblähenden Eigenschaften oft von Schwangeren und Säuglingen verwendet. Zum Beispiel der „H&S Bio Schwangerschaftstee“ in Filterbeuteln (Lebensmittel) enthält laut Lauer-Taxe unter anderem Fenchel, genauso ein Bio-Schwangerschaftstee der Drogerie-Kette dm. 

Wer bisher Fencheltee seinem Kind unter vier Jahren gegeben hat oder als Schwangere und Stillende Fencheltee getrunken hat, muss sich nun dennoch nicht übermäßig sorgen. Es handelt sich um eine „vorläufige“ Empfehlung von Swissmedic: „Neueste Studien weisen darauf hin, dass Estragol in hohen Mengen möglicherweise schädlich für die Gesundheit sein kann. Die Relevanz der bisher vorliegenden Daten für den Menschen ist noch nicht abschließend geklärt und Gegenstand der weiteren Forschung“, heißt es zur Erklärung. Doch weil bei Tees eine exakte Dosierung des Wirkstoffes – aufgrund von Faktoren wie Wassertemperatur und -menge oder die Dauer des Ziehenlassens – nicht möglich sei, rät Swissmedic lieber zur Vorsicht als zur Nachsicht.

Präklinische Daten zur Sicherheit von Fenchel 

Estragol gilt als genotoxisches Karzinogen bei Nagetieren. Mehrere Studien haben die karzinogene Wirkung von Estragol und einigen seiner Metaboliten bei Mäusen (Lebertumore) gezeigt. Auch bei Ratten soll es indirekte Hinweise auf Karzinogenität geben. 

Bei weiblichen schwangeren Mäusen zeigte sich eine dosisabhängige teratogene Wirkung eines wässrigen Extrakts aus Fenchelsamen: morphologische Veränderungen, Skelettstörungen und Zellveränderungen. 

Quelle: Monografie des „Committee on Herbal Medicinal Products“ (HMPC) zu süßem Fenchel

EMA: Kinder unter vier Jahren gar kein Fenchel-Tee, 
unter 12 Jahren maximal eine Woche

Im Januar dieses Jahres ist zudem eine neue Monografie des „Committee on Herbal Medicinal Products“ (HMPC) der europäischen Arzneimittelbehörde zu Fenchel erschienen. Darin heißt es unter anderem: „In der Allgemeinbevölkerung sollte die Exposition gegenüber Estragol so niedrig gehalten werden, wie dies praktisch möglich ist. Bei schwangeren und stillenden Frauen muss die tägliche Aufnahme von Estragol unter 0,05 mg/Person pro Tag liegen. Bei Kindern unter 12 Jahren muss die tägliche Aufnahmemenge von Estragol unter 1,0 µg/kg Körpergewicht liegen.“ 

Aufgrund fehlender Daten wird in der Monografie Kindern unter vier Jahren grundsätzlich vom Fenchel-Konsum abgeraten, das Gleiche gilt für die Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit. Auch bei Kindern unter 12 Jahren gilt die Anwendung von Fenchel als pflanzliches Arzneimittel nicht als etabliert und sollte nicht länger als eine Woche andauern.

Wo ist noch Estragol enthalten?

Im März dieses Jahres erinnerte das österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) daran, dass laut Koordinierungsgruppe für dezentrale Verfahren und Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (CMDh) der EMA Zulassungsinhaber bis März 2024 überprüfen sollten, „ob ihre Arzneimittel dem Richtwert für Estragol entsprechen“. Gegebenenfalls seien regulatorische Maßnahmen zu setzen, um den Richtwert einzuhalten und Estragol-haltige Hilfsstoffe sollten ersetzt werden, hieß es. Die wichtigsten Quellen für Estragol seien aus Arzneimittelsicht 

  • Fenchel, Fenchelöl,
  • Anis, Anisöl, Sternanis und Sternanisöl.

Neben Fenchel-Tee ist also auch an Anis-Tee zu denken, dessen Konsum kritisch sein könnte. Zudem gibt es solche Tees nicht nur als auf ihren Gehalt kontrollierte Arzneimittel aus der Apotheke, sondern auch als Lebensmittel.


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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