Engpässe

AOKen übernehmen Mehrkosten für Fiebersäfte

Berlin - 08.12.2022, 15:15 Uhr

Fiebersäfte für Kinder sind derzeit ein rares Gut. Zumindest von etwaigen Zusatzkosten wollen die AOKen Eltern nun entlasten. (x / Foto: S.Kobold /AdobeSTock)

Fiebersäfte für Kinder sind derzeit ein rares Gut. Zumindest von etwaigen Zusatzkosten wollen die AOKen Eltern nun entlasten. (x / Foto: S.Kobold /AdobeSTock)


Fehlende Fiebersäfte für Kinder bereiten Apotheken und Eltern seit geraumer Zeit Sorge. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen haben nun beschlossen, einen Beitrag zu leisten, um die Misere zumindest etwas abzuschwächen: Sie übernehmen ab sofort die Mehrkosten, wenn  ein Präparat über Festbetrag verfügbar sein sollte und die Apotheke dieses abgibt.  

Derzeit rollt eine Welle der Atemwegserkrankungen über Deutschland. Trifft sie Kinder, die dann auch noch fiebern, dürften Eltern schon froh sein, wenn sie überhaupt irgendeinen Fiebersaft in der Apotheke bekommen, mag nun Paracetamol oder Ibuprofen der Wirkstoff sein oder der Preis ein bisschen höher. Schon lange ist es schlecht bestellt um die Verfügbarkeit – der Hinweis darauf, dass die Engpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) diese nicht enthält, kann über die reelle Situation nicht hinwegtäuschen. Schließlich gibt es keine Meldepflicht, schon gar nicht für Wirkstoffe, die nicht als „versorgungsrelevant“ gelten.

Ist der betreffende Saft fürs Kind ärztlich verordnet und gibt es in der Apotheke nur ein Präparat über Festbetrag – zum Beispiel Benuron –, fallen für die Eltern Mehrkosten an. Für AOK-Versicherte soll damit vorübergehend Schluss sein. Wie der AOK-Bundesverband am heutigen Donnerstag mitteilt, haben die elf AOKen beschlossen, bei Ibuprofen- und Paracetamol-haltigen Fiebersäften für Kinder ab sofort anfallende Mehrkosten zu übernehmen. Die Ausnahmeregelung soll zunächst für die laufende Erkältungssaison bis Ende März 2023 gelten.

„Wir wollen in der angespannten Situation für etwas Entlastung sorgen“, erklärte dazu die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Angesichts der zunehmenden Lieferengpässe mahnt die Verbandschefin zugleich „effektive Maßnahmen für mehr Versorgungssicherheit im Arzneimittelbereich“ an. Sie verweist darauf, dass die AOK-Gemeinschaft bereits vor zwei Jahren in einem Positionspapier Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln Vorschläge hierzu gemacht habe – zum Beispiel für ein Frühwarnsystem mit verpflichtenden Meldungen der Hersteller zu Lieferschwierigkeiten. Außerdem sollten Bevorratung und Lagerhaltung beim Großhandel sowie bei pharmazeutischen Unternehmen ausgebaut werden. „Bevor reflexartig an der Preisschraube zulasten der Beitragszahlenden gedreht wird, müssen diese Maßnahmen in der angekündigten Gesetzgebung erst einmal umgesetzt werden“, fordert Reimann.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kürzlich angekündigt, noch vor Weihnachten Eckpunkte für ein „Generika-Gesetz“ vorzulegen, mit dem Engpässen begegnet werden soll. Mit Hilfe des Bundeswirtschaftsministeriums soll dazu auch das Vergaberecht geändert werden – ob dies im Sinne der AOKen geschieht, die auf ihre Exklusivverträge schwören, muss sich zeigen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

vollkommen überflüssiges Nachfragemonopol

von Thomas B am 08.12.2022 um 18:46 Uhr

Das statement von Frau Reimann mag auf den ersten Blick durchaus ihrer Stellenbeschreibung entsprechen.
Aber:
1. Solange weder ratio noch bene liefern können ist dieses "grosszügige" Angebot nur eine leere Phrase und lässt tief in die Denkweise unser monopolgeilen Versichererblicken.
2. Auch der Großhandel wird eine erweiterte Bevorratungspflicht nicht gratis leisten können. Genausowenig wie Apotheken. Überdies hat JEDE Apothekemehr als den geforderten durchschnittlichen Wochenbedarf vorrätig. Der Großhandel sicher auch.
3. Man stelle sich die Frage nach dem Warum der Engpässe bevor man reflexartig sich gegen Preiserhöhungen wendet. Inflation, Festbeträge, Rabattverträge, Preismoratorium usw. haben dem System über Jahrzehnte Substanz entzogen und die globale Konsolidierung erzwungen. Herr Lauterbach hat das immerhin schon zum Teil erkannt.
4. Es ist zwingend notwendig, das Nachfragemonopol der GKV zu durchbrechen und die Kassen als das zu behandeln, was sie sind: Versicherungsgesellschaften. Zum Beispiel mit einem GBA, der nicht kassendominiert ist oder einer nicht kassenhörigen Gesetzgebung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: vollkommen überflüssiges

von Tim Olol am 09.12.2022 um 21:41 Uhr

Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie sich alle Beteiligten im deutschen Gesundheitswesen sich gegenseitig zerfleischen.

Etliche Kassen im GKV-System und die PKV, sieht so ein Monopol aus?
Lieferengpässe haben vielseitige Ursachen, ich würde mit von allen Seiten endlich eine ehrliche Ursachenforschung wünschen! Doch unter Apothekern und in der Politik scheint der "Übeltäter" oft schon ausgemacht - die GKV mit ihren Rabattverträgen! Etwas sehr kurz gegriffen für meinen Geschmack. In einer globalisierten und profitorientierten Welt sind gerade die Maßnahmen zur Senkung und Stabilisierung deutscher GKV-Beiträge der Grund für Lieferengpässe?

Warum hört man von der Industrie eigentlich so selten etwas dazu? Vielleicht damit die regelmäßigen "warning letters" der FDA an große deutsche Hersteller besser eine Randnotiz bleiben?

Gut das es für iPhones keine Rabattverträge gibt, sonst hätten wir da auch noch mit Lieferengpässen zu kämpfen!

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