Rezepturvorschrift des NRF

Sorbitol-Klysmen aus der Rezeptur: So geht's!

Stuttgart - 01.12.2022, 17:50 Uhr

Für Kinder unter 6 Jahren sollte zur Darmentleerung ein Sorbitol-Klysma hergestellt werden. (Foto: IMAGO / imagebroker)

Für Kinder unter 6 Jahren sollte zur Darmentleerung ein Sorbitol-Klysma hergestellt werden. (Foto: IMAGO / imagebroker)


Rektallösungen mit dem alleinigen Wirkstoff Sorbitol sind als Fertigarzneimittel nicht verfügbar. Entsprechende Zubereitungen können jedoch nach einer geprüften NRF-Vorschrift hergestellt werden.

Ein Klysma, auch Klistier genannt, besteht aus einer mit Flüssigkeit gefüllten Flasche und einer Kanüle, die in den After eingeführt wird. Durch Applikation dieser Arzneiform können Wirkstoffe in den Enddarm eingebracht werden. Klysmen mit osmotisch wirksamen Laxantien kommen bei Erwachsenen meist zur Darmentleerung vor diagnostischen und operativen Eingriffen zur Anwendung. Bei Kindern und Jugendlichen spielen sie auch eine Rolle bei der Behandlung der chronischen Obstipation.

Sorbitol als Laxans

Bei einer chronischen Verstopfung im Kindesalter liegt meist keine organische Ursache zugrunde. Bevor diese funktionelle Obstipation behandelt wird, müssen zunächst zurückgebliebene Stuhlmassen entleert werden. Mittel der ersten Wahl ist dabei eine orale Gabe von Macrogol. Falls diese als Desimpaktion bezeichnete Entleerung nicht erfolgreich ist, kommen häufig Klistiere mit Sorbitol zum Einsatz.

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Wenn nichts mehr geht

Der sechswertige Zuckeralkohol Sorbitol wird sowohl bei oraler als auch rektaler Anwendung kaum resorbiert und es kommt aufgrund der osmotischen Aktivität zu einem Wassereinstrom in das Darmlumen. Dadurch wird der Darminhalt aufgeweicht und der Stuhlgang über eine Dehnung der Darmwand eingeleitet. Sorbitolhaltige Klysmen können für Kinder jeden Alters angewendet werden.

Vorsicht bei phosphathaltigen Rektallösungen

Allerdings sind entsprechende Fertigarzneimittel mit Sorbitol als alleinigem Wirkstoff und ausreichendem Volumen nicht mehr erhältlich. Zudem handelt es sich bei den verfügbaren Präparaten um phosphathaltige Rektallösungen. 

Diese sind für Kinder unter sechs Jahren streng kontraindiziert, denn liegen anatomische Veränderungen vor, kann es sein, dass die phosphathaltigen Lösungen länger im Darm verweilen. Dabei kann es dann zu einer vermehrten Aufnahme von Natrium- und Phosphat-Ionen kommen und damit zu einer lebensgefährlichen Elektrolyt-Entgleisung. 

Neue Vorschrift aus dem NRF für Sorbitol-Klysma

Für die Pädiatrie werden also dringend phosphatfreie Rektallösungen mit größerem Volumen benötigt. Um diese Lücke zu schließen, hat das Neue Rezeptur-Formularium (NRF) in seiner aktuellen Ergänzung eine Rezepturvorschrift zur Herstellung eines sorbitolhaltigen Klysmas aufgenommen. Die Zubereitung kann dabei aus Sorbitol als Rezeptursubstanz oder aus einer Sorbitol-Lösung 70% (nicht kristallisierend) hergestellt werden. 

Sorbitol-Klysma (NRF 6.17.) 
100 ml enthalten: 
Sorbitol (Rezeptursubstanz)19,9 g
Hypromellose 4000 0,25 g
Kaliumsorbat0,15 g
Citronensäure0,07 g
Gereinigtes Wasserzu 106,9 g

Wird statt des Feststoffs die Sorbitol-Lösung 70% (nicht kristallisierend) verarbeitet, beträgt die Einwaage an Wirkstoff 28,4 g. Alle anderen Bestandteile bleiben unverändert.

Herstellung im Becherglas

Sorbitol löst sich sehr leicht in Wasser, die Herstellung ist daher denkbar einfach: In einem mit Glasstab tarierten Becherglas werden zunächst Kaliumsorbat, Citronensäure und Sorbitol im Großteil des Gereinigten Wassers aufgelöst. Anschließend wird das Verdickungsmittel Hypromellose auf die Oberfläche der Flüssigkeit aufgestreut und vorsichtig verteilt. 

Das restliche Wasser wird dazugegeben und der Ansatz wird unter gelegentlichem Rühren so lange stehen gelassen, bis die Hypromellose vollständig gequollen ist. Dies kann je nach Ansatzmenge bis zu 4 Stunden dauern. Auftretende Verdunstungsverluste werden vor dem Abfüllen mit Gereinigtem Wasser ersetzt. 

Klysma-Flasche von Wepa (Bild: Wepa / DAZ)

Fertige Lösung in Klysmen-Flaschen abfüllen

Als Packmittel sind Klysmen-Flaschen (100 ml oder 150 ml) mit Kanüle und Kappe erhältlich. Die Abfüllung kann dabei gravimetrisch, also durch Abwiegen, oder volumetrisch erfolgen. Die Dichte der Zubereitung ist bekannt und liegt bei 1,068 g/ml. 100 Milliliter Lösung entsprechen daher 106,8 g.

Als Einzeldosis werden normalerweise bei Kindern und Jugendlichen 33,75 ml (entsprechend 36,1 g) und bei Erwachsenen 67,5 ml (entsprechend 72,2 g) verordnet. Um die benötigte Einzeldosis auch tatsächlich entnehmen zu können, werden die Klysmen-Flaschen leicht überfüllt. Das Totvolumen der angegebenen Flaschen beträgt dabei etwa 2,5 ml (entsprechend 2,7 g). 

Haltbarkeit und Kennzeichnung von Sorbitol-Klysmen

Die Rektallösung ist durch Kaliumsorbat vor mikrobiellem Verderb geschützt, denn durch die enthaltene Citronensäure entsteht aus dem Salz die antimikrobiell wirksame Sorbinsäure.

Die einzeldosierte Zubereitung ist zur einmaligen Anwendung bestimmt und hat daher keine Aufbrauchsfrist. Die Laufzeit, also die Haltbarkeit vor Anbruch, kann auf sechs Monate festgesetzt werden. 

Bei der Kennzeichnung werden, neben den Vorgaben nach § 14 Apothekenbetriebsordnung und der Bezeichnung sowie Ziffer der NRF-Vorschrift, noch folgende Angaben benötigt:

  • 1 Klistier mit … ml enthält … g Sorbitol
  • Individuelle Gebrauchsanweisung: 1 Klistier mit … ml zur Darmentleerung
  • Verbleibende Reste in der Klysmenflasche sind zu verwerfen
  • Verwendbar bis …. (Enddatum der Laufzeit)

So wird das Sorbitol-Klysma angewendet

Das Sorbitol-Klysma ist zur einmaligen rektalen Applikation bestimmt. Vor der Anwendung sollte die Lösung auf Körpertemperatur erwärmt werden. 

Der Patient liegt mit angezogenen Knien auf der linken Seite. Nach Entfernen der Kappe wird die Kanüle vorsichtig rektal eingeführt. Zum leichteren Einführen kann der Applikator leicht befeuchtet werden. Durch Druck auf die Flasche kann die Rektallösung dann in den Darm gelangen. Tritt dabei ein Widerstand auf, sollte die Verabreichung sofort abgebrochen werden. Die nach der Applikation in der Flasche verbleibende Lösung muss verworfen werden. Dies gilt auch bei der Anwendung von Teilmengen.


Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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