Kammerversammlung in Hamburg

Hamburger Apotheker fordern Inflationsausgleich beim Festzuschlag

Hamburg - 21.06.2022, 15:15 Uhr

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen bei der Kammerversammlung in Hamburg. (c / Foto: tmb / DAZ)

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen bei der Kammerversammlung in Hamburg. (c / Foto: tmb / DAZ)


Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, engagiert sich seit Jahren in der ABDA für die berufspolitische Forderung nach mehr Geld für die Apotheken. Bei der Kammerversammlung am Montagabend erklärte er: „Wer nichts fordert, wird auch nichts erhalten.“ Daraufhin beschloss die Versammlung einen Antrag zum Deutschen Apothekertag, zum Festzuschlag einen Inflationsausgleich für die Zeit ab 2004 zu fordern. Außerdem brachte die Versammlung sechs Anträge zum Umwelt- und Klimaschutz auf den Weg.

Bei der Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg am Montagabend wies Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen auf das Leid in der Ukraine und die andauernde Pandemie hin. Als Folgen würden die Menschen hierzulande ökonomisch belastet. Überall würden die Preise massiv steigen, nur nicht in den Apotheken.

Seit zwei Jahrzehnten dümpele die Hauptertragsquelle der Apotheken auf gleichem Niveau. Die einmalige Steigerung um 25 Cent entspreche einer durchschnittlichen Erhöhung um weniger als 1,5 Promille jährlich. Er fordere die ABDA-Spitzen seit Jahren auf, eine Erhöhung der Packungspauschale zu fordern. Doch „immer gibt es Gründe und Ausflüchte, warum es gerade nicht passend ist“.

Meist warte man auf ein Gesamtkonzept, das noch erarbeitet werden müsse, berichtete Siemsen und folgerte: „Das ist für mich Warten auf einem toten Gleis, dass der ICE vorbeikommt“. Außerdem sei ihm erwidert worden, man wolle nicht den Versand fördern. Siemsen erklärte dazu, das sei „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“. Auch die guten Erträge aus der Pandemie dürften kein Grund sein. Denn diese seien kein Lottogewinn, sondern von den Apothekenteams „in einer nicht enden wollenden Superleistung bis zum Rande der Erschöpfungsgrenze und darüber hinaus“ erarbeitet worden. Die Prämien dafür seien von den Inhabern gezahlt worden. 

Siemsen erklärte, er gönne jeder Pflegekraft jeden Euro und jede Arbeitserleichterung, aber er könne die Politik nicht verstehen, die nur die Pflege im Blick behalte, aber die Apothekenteams aus dem Blick verloren habe. Politiker jeder Couleur hätten die Arbeit der Apotheken in der Pandemie gelobt, aber „eine Wertschätzung in Euro und Cent, wie sie in der kapitalistischen Welt üblich ist, blieb aus, ganz im Gegenteil“. Stattdessen habe es den Plan für ein Spargesetz gegeben. 

Siemsen folgerte: „Wer nichts fordert, wird auch nichts erhalten.“ In der Diskussion ergänzte er, nach der geringen Honorarerhöhung im Jahr 2013 habe Fritz Becker, der damalige Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), erklärt, es sei falsch gewesen, nichts gefordert zu haben.

Antrag für den Deutschen Apothekertag

Daraufhin entwickelte sich in der Diskussion der Vorschlag für einen diesbezüglichen Antrag zum Deutschen Apothekertag. Gemäß diesem Antrag soll die Hauptversammlung den Gesetz- und Verordnungsgeber auffordern, den Festzuschlag für Rx-Arzneimittel gemäß der Inflation seit 2004 anzupassen. Dabei soll auf eine Erhöhung des Apothekenrabatts verzichtet werden. Bei einer Senkung der Mehrwertsteuer soll dies ertragsneutral für die Apotheken umgesetzt werden. Der Beschluss diesen Antrag einzubringen, wurde bei zwei Enthaltungen ohne Gegenstimmen gefasst.

Honorarprobleme auch bei den neuen Dienstleistungen

In seinem Bericht sprach Siemsen auch die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen an und verwies auf die Reaktionen der Ärzte. Die verfasste Ärzteschaft habe „die große Maschinerie angeschmissen“, um mit „Fake-News“ die Stimmung gegen die Apotheken anzufeuern und sich „als alleinige Retter der Entrechteten zu inthronisieren“. Der Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Prof. Dr. Henrik Herrmann, schließe sich dem jedoch nicht an. Herrmann habe gesagt, es gebe genug Probleme, die man besser gemeinsam angehen solle. Diese Sicht könne er nur begrüßen, erklärte Siemsen.

Bei der Honorierung der Dienstleistungen hätte der DAV „eine fast unlösbare Aufgabe“ zu bewältigen gehabt. „Eine unbegrenzte Anzahl von honorierten Leistungen steht einem begrenzten Budget gegenüber“, stellte Siemsen fest und erklärte, er finde die gefundene Lösung mit einem garantierten Auszahlungsbetrag und den floatenden Beträgen gut, auch wenn die Preise ab der 1000-Euro-Grenze wie die Punktwerte der Ärzte dahinschmelzen könnten. Ein Problem sieht Siemsen dagegen im Kalkulationsansatz von 42 Euro für eine PTA-Stunde. Siemsen fragte: „Welcher Handwerker fakturiert 42 Euro für eine Gesellenstunde?“

Anträge zur Nachhaltigkeit

Ein wesentlicher Programmpunkt der Kammerversammlung war die Beschlussfassung zu den Anträgen für den Deutschen Apothekertag. Neben dem Antrag für einen höheren Festzuschlag wurden sechs weitere Anträge beschlossen. Vizepräsidentin Petra Kolle brachte vier Anträge ein, die aus einer bundesweiten Arbeitsgruppe zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit stammen. Der erste Antrag zielt darauf, dass die ABDA und ihre Mitgliedsorganisationen anstreben sollen, mit allen ihren Funktionen bis 2030 klimaneutral zu werden. Gemäß dem zweiten Antrag soll die ABDA eine:n Nachhaltigkeitsbeauftragte:n ernennen. Dies könne auch eine ehrenamtliche Funktion sein. Der dritte Antrag zielt darauf, negative Umwelt- und Klimafolgen von Arzneimitteln zu verringern. Gemäß dem vierten Antrag sollen Konzepte für klimaneutrale Apotheken entwickelt und gefördert werden. Kolle betonte, dass auch viele kleine Maßnahmen eine Wirkung hätten, und ergänzte, dass die Energieeinsparung auch finanziell günstig sei.

Wie viel Kühlung muss wirklich sein?

In der Diskussion stellten sich die Kühlung von Apotheken und Lieferfahrzeugen sowie die IT-Technik als Haupttreiber für den Energieverbrauch heraus. Wegen der GDP-Regeln und anderer Vorgaben könnten einzelne Apotheken dies nicht ändern. Es gebe Temperaturlogger „in der letzten Ecke“. Die Apotheken und die Fahrzeuge des Großhandels würden heruntergekühlt, aber es gebe keinen Nachweis, dass dies wirklich nötig sei. Dabei stelle sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Eine gute Isolierung der Fahrzeuge und eine Kühlbox für die wirklich empfindlichen Arzneimittel würden möglicherweise ausreichen.

Antrag gegen Bonpflicht

Außerdem wurde die Bonpflicht als ökologisch unsinnig kritisiert. Siemsen ergänzte, dass ohnehin jeder Geschäftsvorgang digital erfasst werde und bei steuerlichen Prüfungen nur diese digitalen Daten beachtet würden. Kolle betonte, dass neue Entwicklungen zu einer Neubewertung von Regeln führen könnten. Daraufhin wurden spontan zwei weitere Anträge für den Deutschen Apothekertag entwickelt. In einem Antrag wird gefordert, die Bonpflicht für den Einzelhandel im Sinne des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit sofort aufzuheben. Zudem soll der Gesetzgeber aufgefordert werden, stets die Wirkungen auf den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit in der Gesetzgebung zu prüfen. Alle Anträge wurden ohne Gegenstimme angenommen und sollen daraufhin zum Deutschen Apothekertag eingereicht werden.


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

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von Anita Peter am 21.06.2022 um 18:09 Uhr

Da die ABDA Spitze auch die Halbierung der Vor Ort Apotheken wünscht, wäre eine Erhöhung des Honorars kontraproduktiv. Wollen leider viele immer noch nicht wahr haben.

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Leuchtturm aus Hamburg !

von Ulrich Ströh am 21.06.2022 um 17:04 Uhr

Kai-Peter Siemsen zeigt sich als funktionsfähiger Leuchtturm unter den Kammerpräsidenten !

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