Zum Jahreswechsel

Neue Ausbaustufe für die ePA – Chancen für die Apotheken

Berlin - 03.01.2022, 07:00 Uhr

Schluss mit Zettelwirtschaft: Mutterpass, Impfbuch und viele andere Dokumente sollen künftig digital in der elektronischen Patientenakte gespeichert werden können. (Foto: IMAGO / Westend61)

Schluss mit Zettelwirtschaft: Mutterpass, Impfbuch und viele andere Dokumente sollen künftig digital in der elektronischen Patientenakte gespeichert werden können. (Foto: IMAGO / Westend61)


Im neuen Jahr soll die elektronische Patientenakte neue Funktionen bekommen. Zudem wollen die Ampel-Partner laut Koalitionsvertrag ein Opt-out- statt eines Opt-in-Modells für die Nutzung etablieren. Das könnte der ePA neuen Schwung verleihen, meint der vzbv. Digitalisierungsexperte Jörg Debatin, ehemals Chef des hih, sieht in diesem Zusammenhang viele Chancen auch für die Apotheken.

Die Verbraucherzentralen setzen auf mehr Schwung für die elektronische Patientenakte (ePA) im neuen Jahr. „Die bisherigen Nutzerzahlen haben noch ganz viel Luft nach oben“, sagte der Chef des Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, der Deutschen Presse-Agentur. Viele Anwendungen seien damit wesentlich effizienter auf den Weg zu bringen, im Interesse der Patienten, aber auch des Gesundheitswesens – etwa bei der Frage, welche Medikamente zusammenpassen.

Die ePA als freiwilliges Angebot für die 73 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland war am 1. Januar 2021 mit einer Testphase gestartet und soll im neuen Jahr mehr Funktionen bekommen, zum Beispiel den Mutterpass, das gelbe Untersuchungsheft für Kinder, das Zahn-Bonusheft und den Impfpass. Die vorgesehene zweite Ausbaustufe der App soll am 1. Januar 2022 an den Start gehen. So sollen Patienten nun auch in verfeinerter Form für jedes einzelne Dokument festlegen können, welcher Arzt es sehen kann.

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Noch gibt es bei der vorgesehenen flächendeckenden Vernetzung der ePA aber Verzögerungen wegen teils fehlender Ausstattung. So brauchen Praxen Updates für ihren TI-Konnektor, wie das Bundesministerium für Gesundheit erläutert. Diese seien nach Herstellerangaben nunmehr „zum großen Teil“ erfolgt. Für nötige Updates der Praxisverwaltungssysteme hätten aber einige Hersteller die Entwicklung „nicht zeitgerecht abgeschlossen“.

Die Techniker Krankenkasse begrüßte Pläne der Ampel-Koalition, dass für die Nutzung der ePA künftig das Prinzip „Opt out“ gelten soll – also, dass man aktiv widersprechen muss und nicht aktiv einwilligen. So ist es im Koalitionsvertrag vorgesehen, den SPD, Grüne und FDP Anfang Dezember unterschrieben haben. „Das jetzige Opt-in-Verfahren legt den Nutzern durch das mehrstufige Zustimmungsverfahren unnötig Steine in den Weg“, sagte TK-Vorstandschef Jens Baas der Deutschen Presse-Agentur. Entscheidend sei zudem, dass Ärzte die Akte dann auch befüllten und als Voraussetzung alle Praxen und Krankenhäuser dazu technisch in der Lage seien.

Debatin: Apotheken könnten die Gewinner der Digitalisierung werden

Auch der ehemalige Chef des Health Innovation Hubs (hih), Jörg Debatin, begrüßte im Interview mit der DAZ, dass Versicherte der Nutzung der ePA künftig aktiv widersprechen müssen, statt ihr aktiv zuzustimmen. Der hih war der Digitalisierungs-Thinktank von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewesen und hat sich zum Jahreswechsel aufgelöst. „Die Grundlagen für Anwendungen wie das E-Rezept und die elektronische Patientenakte sind da, jetzt müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen die Angebote auch nutzen“, sagte der Experte, der schon das Uniklinikum Eppendorf ins digitale Zeitalter geführt hatte, im Gespräch mit der Redaktion. „Dazu finden sich auch gute Ansätze im Koalitionsvertrag der Ampel, etwa dass man statt eines Opt-in- ein Opt-out-Modell für die ePA anstrebt. Voraussetzung ist aber, dass die Anwendungen technisch einwandfrei funktionieren.“

Für die Apotheken ist die Einführung der ePA aus Debatins Sicht eine riesige Chance. „Der Apotheker wird mit den Informationen, die er auf diesem Wege bekommt, in die Lage versetzt, wirklich medizinisch zu handeln – etwas, das er immer schon versucht hat, aber wofür ihm oftmals schlicht die Instrumente gefehlt haben.“ Die Apotheker seien gut beraten, sich im Zuge der digitalen Transformation als Digital Agents zu positionieren, die Patienten mitzunehmen und auch die Ärzte ein Stück weit zu unterstützen. „Wie gut sie mit dem digitalen Wandel umgehen können, haben sie ja bei den Impfzertifikaten durchblicken lassen. Darauf sollte der Berufsstand aufbauen. Für die Apotheker ist richtig viel drin. Sie können aus meiner Sicht zu den großen Gewinnern der Digitalisierung gehören.“


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