LAV BaWü holt 650.000 Euro zurück

Fast jede zweite Retaxation war unberechtigt

Stuttgart - 20.07.2017, 10:05 Uhr

LAV-Präsident Fritz Becker präsentierte am gestrigen Mittwoch in Stuttgart die Zahlen der Fachabteilung Retaxation. (Foto: LAV)

LAV-Präsident Fritz Becker präsentierte am gestrigen Mittwoch in Stuttgart die Zahlen der Fachabteilung Retaxation. (Foto: LAV)


13.266 beanstandete Rezepte, 6.688 Retaxationsvorgänge. Mehr als 200 Anrufe am Tag  – die Fachabteilung Taxation des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg war auch 2016 gut beschäftigt – und erfolgreich: der LAV hat fast jeden zweiten Retax-Euro von den Krankenkassen zurückgeholt. Die Zahlen wurden am gestrigen Mittwoch bei der Mitgliederversammlung in Stuttgart vorgestellt. 

„Die Anzahl der im LAV geprüften Rezepte ist im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht gesunken“, erklärte der LAV-Präsident Fritz Becker bei der Mitgliederversammlung in Stuttgart. So waren im Jahr 2016 in Baden-Württemberg 13.266 von den Kassen beanstandete Rezepte geprüft worden. Im Vorjahr waren es noch 16.572 gewesen. Gleichzeitig sei aber die Anzahl der dahinter stehenden Retaxationsvorgänge angestiegen, so Becker weiter. Insgesamt prüften die Taxexperten nämlich 6.688 Retaxationen, im Vorjahr 5.716. 

Jeder Vorgang wurde in einem Prüf- und Einspruchsverfahren bearbeitet. Und der LAV Baden-Württemberg kann wie schon im Jahr zuvor eine positive Bilanz ziehen. Der Gesamtwert der zu prüfenden Retaxationen im zurückliegenden Jahr 2016 liegt mit 1.349.649 Euro nur unwesentlich niedriger als im Vorjahr (ca. 1,47 Millionen Euro). Von diesen rund 1,35 Millionen Euro konnten im Einspruchsverfahren knapp 48 Prozent und damit fast jeder zweite Euro für die baden-württembergischen Apotheken zurückgeholt werden. In harten Zahlen sind das insgesamt 646.648 Euro. Diese hohe Summe zeigt in den Augen der LAV-Verantwortlichen, dass Kassen oft zu Unrecht beanstanden. Unterm Strich waren von den im LAV bearbeiteten Retaxationsbeträgen, die die Krankenkassen im Jahr 2016 einbehalten hatten, ungefähr 52 Prozent, nämlich gut 700.000 Euro, berechtigt. Im Umkehrschluss war nach Wert somit knapp jede zweite dieser Retaxationen unberechtigt.

Fast 100 Prozent erfolgreich bei Rückabwicklungen 

Bei den Rückabwicklungen von Retaxationen für Verordnungen vor der Schiedsstellenentscheidung bis zur Rückwirkungsfrist kann der LAV nach eigener Aussage eine nahezu hundertprozentige Erfolgsquote vorweisen. Aber auch hier scheint der Einfallsreichtum ungebrochen. „Wir beobachten bei einzelnen Kassen ein intensiviertes Prüfverhalten zu neuen Retaxgründen, die bisher nur im Ausnahmefall beanstandet wurden. An Retax-Arbeit scheint es also auch zukünftig keinen Mangel zu geben“, so LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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4 Kommentare

Warum?

von Anita Peter am 20.07.2017 um 10:21 Uhr

Warum muss die Kasse für ungerechtfertige Retaxe keine Strafe zahlen? Warum muss die Kasse für ungerechtfertigte Retaxe keine zusätzliche Entschädigung an die Apos leisten?

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Entschädigung?

von Holger am 21.07.2017 um 8:46 Uhr

Wollen Sie demnächst, wenn Sie bei einer Alkoholkontrolle im Straßenverkehr ins Röhrchen blasen müssen und null Promille haben, von der Polizei auch eine Entschädigung?? Bei aller Liebe, aber wenn 52% der Forderungen der Kassen am Ende berechtigt waren, sieht mir das nicht nach einer missbräuchlichen Verwendung dieses Instruments aus. Und nur das würde eine "Strafe" rechtfertigen.

AW: Entschädigung! Was sonst!

von Dominik Müller am 21.07.2017 um 10:15 Uhr

Wir haben schon genug Bürokratie tagtäglich. Unberechtigte Retaxationen sind ein unnötiger und ungerechtfertigter Arbeitsaufwand. Ja, ich möchte diese Arbeitszeit entschädigt bekommen!!!

AW: @Holger

von Horst Wycisk am 21.07.2017 um 15:52 Uhr

Sorry, aber ihre Argumentation vergleicht dann doch Äpfel mit Birnen und mutet sehr plump an.
Bei einer Polizeikontrolle weiß der Polizist nicht wen er vor sich hat und was ihn erwartet. Also hat auch der Bürger diese Maßnahme zu akzeptieren.
Bei den krankenKassen wissen die Kontrollstellen aufgrund der eindeutigen Vertragsformulierungen sehr wohl was rechtens ist und was nicht. Also führen diese ihren Job bei einer Beanstandungsquote von 48 % sehr willkürlich oder ohne Fachwissen aus. Ich will mich mal in ihre Vergleiche wagen: Würden sie mit einer Fluggesellschaft fliegen wollen bei der 48% der Flugzeuge abstürzen?
Die krankenKassen verlangen von uns, zu Recht, die exakte Befolgung der Gesetze und der Verträge, also können wir dieses auch via der von ihnen installierten Kontrollorgane verlangen.

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