Tierarzneimittel

BGH schränkt Versandverbot für Tierarzneimittel ein

Berlin - 04.05.2010, 14:30 Uhr


Nach einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Bundesgerichtshofs umfasst das Verbot des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln keine Arzneimittel für Haustiere, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen.

Der BGH hob im Revisionsverfahren das Urteil des Berufungsgerichts auf, das davon ausgegangen war, dass das im AMG normierte Verbot grundrechtlich nicht zu beanstanden sei. Es handele sich um eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 GG, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Das Verbot solle einer unkontrollierten Anwendung apothekenpflichtiger Arzneimittel durch Tierhalter vorbeugen. Dass dabei strengere Regeln gelten als bei Humanarzneimitteln, war für die Richter der Vorinstanz unproblematisch angesichts der in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen mit Arzneimittelrückständen in Fleisch und den damit verbundenen Risiken für Verbraucher.

Aus Sicht der Bundesrichter kommt man bei einer verfassungskonformen Auslegung des § 43 Abs. 5 AMG allerdings zu einem anderen Ergebnis. Es lasse sich nicht erkennen, inwiefern die Regelung des § 43 Abs. 5 AMG dem Schutz der menschlichen Gesundheit diene, soweit sie auch Arzneimittel für nicht zu Ernährungszwecken gehaltene Haustiere einbeziehe, heißt es im Urteil. Eine Fehlmedikation solcher Tiere durch im Wege des Versandes bezogene Arzneimittel führe nicht zu Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Staatszielbestimmung des Tierschutzes (Art. 20a GG) die Einschränkung der apothekerlichen Berufstätigkeit rechtfertige. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass Hunde und andere nicht zu Ernährungszwecken gehaltene Haustiere „weit überwiegend nicht aus Erwerbsgründen, sondern – als weitere 'Hausgenossen' – aus ideellen Gründen in den Haushalt aufgenommen werden“. Damit bestehe auch nicht die Gefahr einer aus Erwerbsgründen gesteigerten übermäßigen Medikation. Zwar sei es möglich, dass ein Haustier aus Sorge um sein Wohlergehen zu viele Arzneimittel erhält – dieselbe Gefahr bestehe aber auch bei Humanarzneimitteln.

Auch die Bundesregierung arbeitet derzeit daran, die Aufhebung des Versandverbotes für nicht verschreibungspflichtige Tierarzneimittel, die für Tiere bestimmt sind, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen, gesetzlich zu verankern. Das hier federführend zuständige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat bereits einen entsprechenden Referentenentwurf erarbeitet – nicht zuletzt auf Druck der Europäischen Kommission. Allerdings geht die Arbeit hieran offenbar etwas schwerfällig voran. Dem Ministerium zufolge ist der Entwurf nunmehr von den Ressorts – so auch dem Bundesgesundheitsministerium – den Ländern und Verbänden kommentiert worden. „Die eingegangenen Stellungnahmen werden zurzeit geprüft“, so eine Sprecherin. Geplant sei, die Änderung noch im Laufe des Jahres in Kraft treten zu lassen.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. November 2009, Az.: I ZR 210/0


Kirsten Sucker-Sket