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Arzneimittel und Therapie
Vitamin C bei Sepsis enttäuscht
Schaden einer hochdosierten Therapie war größer als Nutzen
Sepsis ist eine lebensbedrohliche Organdysfunktion, die durch ein überfordertes Immunsystem und eine fehlregulierte Wirtsantwort auf eine Infektion verursacht wird. Der dabei entstehende gewebeschädigende oxidative Stress könnte einer Hypothese zufolge durch Vitamin C gemildert werden. Des Weiteren könnte Vitamin C zur Immunabwehr beitragen. Ein möglicherweise günstiger Effekt durch eine Vitamin-C-Gabe beruht auch auf der Beobachtung, dass Sepsis-Patienten oftmals einen niedrigen Vitamin-C-Spiegel aufweisen.
Unklare Datenlage
Da Studien zur Vitamin-C-Gabe bei Sepsis zu divergierenden Ergebnissen führten, wurde ein möglicher Benefit dieses Vorgehens in einer multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie erneut untersucht. Eine Klarstellung ist auch von gesundheitsökonomischer Bedeutung, da nicht alle Länder über ein breites Arsenal therapeutischer Möglichkeiten verfügen und mit Vitamin C eine kostengünstige Alternative zur Verfügung stehen würde.
Die LOVIT-Studie
In der Phase-III-Studie LOVIT (Lessening Organ Dysfunction With VITamin C) wurde der Frage nachgegangen, ob eine hochdosierte Vitamin-C-Gabe bei Sepsis-Patienten innerhalb von 28 Tagen das Mortalitätsrisiko oder das Risiko persistierender Organschäden senkt. An der Studie nahmen 872 Patienten teil, die aufgrund einer bestätigten oder vermuteten Infektion eine Sepsis erlitten hatten und seit weniger als einem Tag auf einer Intensivstation behandelt wurden und bereits eine Kreislaufunterstützung durch Vasopressoren benötigten. 435 von ihnen (Verum-Gruppe) erhielten hochdosierte Vitamin-C-Infusionen (50 mg/kg Körpergewicht alle sechs Stunden, maximal vier Tage lang); 437 (Placebogruppe) Patienten erhielten entsprechende Placebo-Infusionen. Der primäre Studienendpunkt setzte sich aus dem Tod des Patienten oder bleibenden Organschäden in den ersten 28 Tagen nach der Erkrankung zusammen.
Erhöhtes Mortalitätsrisiko
Der primäre Endpunkt der Studie trat in der Verum-Gruppe bei 191 von 429 Patienten (44,5%) auf gegenüber 167 von 434 Patienten (38,5%) in der Placebogruppe. Die Vitamin-C-Therapie war mit einem um 21% erhöhten Mortalitätsrisiko bzw. Risiko für einen persistierenden Organschaden verbunden (Risk Ratio [RR] = 1,21; 95%-Konfidenzintervall 1,04 bis 1,40; p = 0,01). Betrachtet man die einzelnen Komponenten des zusammengesetzten Endpunktes, so lag das Mortalitätsrisiko in der Verum-Gruppe bei 35,4% versus 31,6% in der Placebogruppe (RR = 1,17), und das Risiko, eine anhaltende Organstörung zu erleiden, betrug 9,1% in der Verum-Gruppe versus 6,9% in der Placebogruppe (RR = 1,30). Bei sekundären Endpunkten gab es keine auffälligen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen, so waren bestimmte Biomarker für Entzündungen oder Endothelschäden, das Überleben nach sechs Monaten, die Lebensqualität und akute Nierenschäden vergleichbar. Einzige Auffälligkeit war ein tendenzieller Anstieg der Hypoglykämien (6,1% versus 5,1%; RR = 1,25) und eine anaphylaktische Reaktion in der Verum-Gruppe.
Unerwartetes Ergebnis
Die Studienautoren hatten nicht mit diesem Ergebnis gerechnet. Auch sekundäre Analysen von Biomarkern, die das Ausmaß der Entzündung, der Mangelversorgung mit Sauerstoff und endotheliale Schäden quantifizieren, boten keine Erklärung. |
Literatur
Lamontagne F et al. Intravenous Vitamin C in Adults with Sepsis in the Intensive Care Unit. N Engl J Med 2022; 386:2387-2398. DOI: 10.1056/NEJMoa2200644
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