Vitamine und Mineralstoffe

Vitamin D zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Eine Analyse und Empfehlungen zum Einsatz des „Sonnenvitamins“

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Von Helmut Schatz | Vitamin D hat in den letzten Jahren für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Unbestritten ist es unentbehrlich für den Knochenstoffwechsel und hat einen festen Platz in der Osteoporoseprophylaxe und -therapie. Darüber hinaus soll Vitamin D die Entstehung von vielen weiteren Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes mellitus, Demenz, multiple Sklerose, Immun- und Infektionskrankheiten verhindern. Doch wann besteht ein Vitamin-D-Mangel und wann ist eine Vitamin-D-Substitution von Nutzen? Eine Analyse.

Vitamin D – eigentlich ein Hormon

Vitamin D ist, streng genommen, kein „Vitamin“, kein „lebensnotwendiger Stoff, den der Körper nicht selbst herstellen kann“, sondern die Vorstufe von einem „Hormon“, also einem körpereigenen Wirkstoff zur Steuerung von Stoffwechsel- und anderen Vorgängen im Organismus. Deshalb sollte man besser von „Vitamin-D3-Hormon“ oder „Colecalciferol“ sprechen. Der Körper bildet dieses nämlich zu 80 bis 90% selbst in der Haut aus der Vorstufe Cholesterin unter dem Einfluss des UV-B-Anteils im (Sonnen-)Licht. Täglich ins Freie gehen fördert also die Vitamin-D-Neubildung, auch wenn es nur 20 bis 30 min sind und es nicht sonnig ist. Mindestens Gesicht und Hände sollen dabei unbedeckt sein. Nur zehn bis 20% des Körperbedarfs deckt der Mensch aus der Nahrung. In dieser kommt es vor allem in Fettfischen vor. Welcher ältere Mensch kennt nicht noch den wohl von allen ungeliebten Löffel Lebertran aus der frühen Kindheit, dem einsamen „Spitzenreiter“ an Vitamin-D-Gehalt! Matjeshering, Aal, Lachs, Sardinen und Leber sind ebenfalls reich an Vitamin D. In geringeren Mengen kommt es in Avocados, Pilzen und Eigelb vor, etwas auch in Milch und Milchprodukten.

Vitamin D und der Knochenstoffwechsel

Unbestrittene Indikationen zur Gabe von Vitamin D sind folgende Erkrankungen:

Rachitis, Osteomalazie, Malassimilation, chronische Nierenerkrankungen und Unterfunktion der Nebenschilddrüsen (bei den beiden letzten Indikationen wird auf „aktiviertes Vitamin D“, also Calcitriol oder das schnell in der Leber zu Calcitriol metabolisierte Alfacalcidol zurückgegriffen.)

Calcium wird zumindest teilweise mithilfe eines Calcium-bindenden Transportproteins aus dem Darm in die Blutbahn aufgenommen. Vitamin D fördert diesen aktiven Transportmechanismus. Bei einem Vitamin-D-Mangel entsteht als Folge der eingeschränkten Calcium-Aufnahme beim wachsenden Knochensystem von Säuglingen die Rachitis, bei Erwachsenen die Osteomalazie.

Rachitis. Im Zeitalter der Industrialisierung litt ein großer Prozentsatz der Säuglinge und Kinder unter der Rachitis, die man auch die „englische Krankheit“ nannte. Verantwortlich war der Dauer-Smog, der etwa im 19. Jahrhundert in den englischen Industriemetropolen herrschte und zu einem Mangel an Sonnenlicht führte. Aber auch bei uns in Deutschland begünstigten die beengten, dunklen Wohnmöglichkeiten mit dem Rauch durch die Holzfeuerung das Auftreten einer Rachitis. Man unterscheidet die typische Calcium-Mangel-Rachitis von der viel selteneren Phosphat-Mangel-Rachitis, die andere Ursachen als einen Vitamin-D-Mangel hat. Rachitis gab es zu allen Zeiten in allen Regionen der Erde. Man sieht sie an Mumien, auch das Jesuskind im berühmten Gemälde „Maria mit dem Birnstingel“ von Albrecht Dürer aus dem Jahre 1512 im Kunsthistorischen Museum in Wien weist die klassischen Zeichen eines Vitamin-D–Mangels auf: Stirn- und Scheitel-Höcker mit flachem Hinterkopf (caput quadratum, „Quadratschädel“), aufgetriebene Wachstumsfugen an Hand- und Fußgelenken, verformter Brustkorb und schlaffe Bauchdecken.

Heute ist die Rachitis bei uns wie auch in vielen anderen Ländern weitgehend verschwunden, sicher ein Erfolg der „Rachitis-Prophylaxe“: In Deutschland erhalten alle Neugeborenen ab der zweiten Lebenswoche täglich etwa 500 Einheiten Vitamin D während des ersten Lebensjahres, bei im Winter Geborenen auch noch über den zweiten Lebenswinter hinaus.

Osteomalazie. Eine Osteomalazie (Knochenerweichung) tritt bei Erwachsenen auf, wenn zu wenig Calcium aus der Nahrung aufgenommen werden kann wie bei chronischen Darmerkrankungen, etwa auch der Sprue, mit „Malassimi­lation“.

Chronische Nierenerkrankungen. Bei chronischen Nierenerkrankungen, insbesondere Menschen, die mit der künstlichen Niere behandelt werden, steigt der Phosphat-Spiegel im Blut an. Kompensatorisch wird in den Nebenschilddrüsen die Parathormon-Abgabe gesteigert, die Aktivierung von Vitamin D3 in den Nieren sinkt und in der Folge wiederum die Calcium-Aufnahme aus dem Darm. Letztlich entkalkt so der Knochen. Daher sind bei chronischen Nierenerkrankungen aktivierte Formen von Vitamin D indiziert.

Hypoparathyreoidismus. Sind die Nebenschilddrüsen durch Autoaggression mit Selbstzerstörung der Drüsen oder als Folge einer Schilddrüsenoperation nicht mehr in der Lage, ausreichend Parathormon zu bilden, liegt ein Hypoparathyreoidismus vor. Durch den Parathormon-Mangel kommt es zu Elektrolytverschiebungen, unter anderem auch zu einer Hypokalziämie. Durch Vitamin D, heute in aktivierter Form, entweder als Monotherapie oder in Kombination mit Calcium, lässt sich der Calcium- und Knochenstoffwechsel wieder normalisieren.

Osteoporose-Therapie

Unbestritten sind Vitamin D und Calcium als medikamentöse Basistherapie bei Osteoporose. Üblich sind tägliche Gaben von etwa 1000 mg Calcium als Supplement (d. h. zusätzlich zu der in normaler Mischkost enthaltenen Calcium-Menge) zusammen mit 1000 bis  2000 Einheiten Vitamin D. Nach der neuen Leitlinie 2014 des Dachverbandes Osteologie (DVO) sind Calcium und Vitamin D in Abhängigkeit vom Risikoprofil, d. h. bei bestimmten Konstellationen von Geschlecht, Alter und Knochendichte (T-Score) sogar zur alleinigen medikamentösen Therapie ohne weitere Antiosteoporotika wie etwa Bisphosphonate ausreichend.

Osteoporose- und Sturzprophylaxe

Auf dem Gebiet der Prophylaxe der Osteoporose und Störungen des muskuloskelettalen Systems sowie der Sturzgefährdung ist in jüngster Zeit einiges in Diskussion geraten. Bei Menschen mit erhöhtem Osteoporose-Risiko wie (Ganzkörper-)Verschleierung, Menschen mit Hautkrebs, welche die Sonne meiden müssen, Veganern oder dunkelhäutigen Menschen erscheint eine Vitamin-D-Prophylaxe im individuellen Fall sinnvoll. Bei ihnen ist auch eine Vitamin-D-Bestimmung im Blut indiziert. Das Osteoporose-Risiko lässt sich zum Beispiel durch den DVO-Score errechnen. Generell zählt man auch Menschen ab dem 60. bis 65. Lebensjahr dazu, wobei das biologische Alter berücksichtigt werden sollte. Hierzu gibt es aber heute etliche neue Studien und Meta­analysen (siehe unten), die nur die schon alte Indikation ohne Einschränkungen weiter gelten lassen: Es sind dies ältere, weibliche Bewohner von Seniorenheimstätten, die wenig ins Freie kommen.

In manchen neueren Arbeiten wird auch kein positiver Einfluss von Vitamin D auf das gesamte muskuloskelettale System und auch nicht auf die Sturzereignisse im Alter gesehen.

Für Frauen in der Postmenopause konnte in der neuesten Studie aus dem Jahre 2015 ebenfalls kein Nutzen nachgewiesen werden, wenn man den 25-(OH)-Vitamin-D-Spiegel – das gebräuchliche Maß für die Versorgung des Körpers mit Vitamin D – über die von vielen, aber nicht allen geforderte untere Grenze des „Normalwertes“ von 30 ng/ml anhob, im Vergleich zu einem Spiegel von „nur“ 20 ng/ml. Freilich zeigte diese Studie nicht, ob nicht doch bei noch tieferem Spiegel (etwa <10 bis 14 ng/ml) und längerer Dauer ein Nutzen hätte gefunden werden können. Im Jahre 2012 beobachteten orthopädische Chirurgen bei Frauen mit handgelenksnahen Unterarmbrüchen an der Speiche im Vergleich zu Patienten mit Weichteilerkrankungen wie Sehnenscheidenentzündungen in dieser Region häufiger einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel. Eine weitere Studie aus dem Jahre 2014 wurde mit postmenopausalen Frauen im Alter von 57 bis 90 Jahren ­mit einem Vitamin-D-Ausgangswert von unter 20 ng/ml durchgeführt, prospektiv und Placebo-kontrolliert mit Vitamin-D-Gabe in sieben unterschiedlichen Dosierungen von 400 bis 4800 Einheiten pro Tag zusammen mit einer durch Ernährung und ggf. Supplemente gehaltenen täglichen Calcium-Aufnahme von 1200 – 1400 mg. Sie ergab bei 9% der Versuchspersonen erhöhte Serumcalcium-Spiegel und bei 31% eine erhöhte Calcium-Ausscheidung im Harn, d. h. ein erhöhtes Risiko für Nierensteine. In der großen Women´s Health Initiative (WHI-)Studie an über 35.000 gesunden postmenopausalen Frauen wurde mit Calcium und Vitamin D auch ein zwar nicht sehr großes, aber immerhin um 17% erhöhtes Nierensteinrisiko beobachtet.

Die US Preventive Task Force (USPSTF), eine US-amerikanische Gruppierung zum Studium der Krankheitsverhütung, gab zu Vitamin D und Calcium bei postmenopausalen Frauen 2013 folgende Empfehlung (~Leitlinie) heraus, basierend auf zwei eigenen systematischen Untersuchungen und Metaanalysen: „Do not supplement!“ – die vorliegende Beweislage gestatte keine Empfehlung für Vitamin D mit oder ohne Calcium zur Osteoporose-Vorbeugung. Analysen der vorliegenden Studien zur Knochenbruchhäufigkeit zeigten ebenfalls keine durchgehende, signifikante Verminderung der Frakturen.

Am 29. September 2015 erschienen im British Medical Journal zwei umfangreiche, sorgfältige Arbeiten zu den Themen:

  • Calcium-Zufuhr und Knochendichte
  • Calcium-Zufuhr und Knochenbruch-Risiko

Die erste Arbeit, eine systematische Übersicht und Metaanalyse von 59 Studien zeigt, dass Calcium-Zufuhr im ersten Jahr eine Erhöhung der Knochendichte von 0,6 bis 1,0% bewirkte. Im zweiten Jahr gemessen betrug sie 0,7 bis 1,8% und hatte damit nicht progressiv zugenommen. Die Autoren sind der Meinung, dass die geringfügigen Effekte nicht zu einer klinisch bedeutsamen, signifikanten Abnahme des Knochenbruchrisikos führen.

Die zweite Publikation, eine zusammenfassende Übersichtsarbeit, fand bei ca. 30.000 Personen durch Calcium-Zufuhr (vermehrt über die Nahrung oder durch Supplemente) zunächst eine Abnahme der Brüche insgesamt um 11%, der Schenkelhalsbrüche um 5%, der Wirbelbrüche um 14% und der Unterarmfrakturen um 4%. Eine Analyse, welche auch Studienverzerrungen („Bias“) berücksichtigte, ergab jedoch keinerlei Risikoverminderung durch Calcium, weder allein gegeben noch zusammen mit Vitamin D. In einer einzigen Untersuchung an gebrechlichen Frauen in Wohnheimen mit niedriger Calcium-Aufnahme durch die Nahrung und niedrigen Vitamin-D-Spiegeln wurde ein verringertes Knochenbruchrisiko festgestellt.

Das Fazit aus beiden Studien: Ein Zusammenhang von Knochenbrüchen mit der Höhe der Calcium-Zufuhr über die Nahrung ließ sich nicht nachweisen. Die Beweislage, dass Calcium-Zufuhr durch Supplemente Brüche verhindert, ist schwach und inkonsistent.

Das Editorial im British Medical Journal zu den beiden Publikationen trägt den Titel: „Calcium supplements do not prevent fractures“ und Focus online titelte am 30. September 2015: „Die Mineralien-Lüge: Darum sollten Sie keine Calcium-Tabletten schlucken“.

Focus online schreibt:

  • Die meisten älteren Menschen nehmen Nahrungsergänzungsmittel.
  • Es gibt keine Beweise dafür, dass eine erhöhte Calcium-Zufuhr vor Knochenbrüchen schützt.
  • Zu viel Calcium hat negative Wirkung, wenn es sich in Gefäßen ablagert.

Dies betrifft vor allem die in manchen Studien unter Calcium vermehrt beobachteten Herzinfarkte.

Vitamin D zur Vorbeugung und/oder Behandlung bei anderen Erkrankungen?

Aufgrund von (tier-)experimentellen, epidemiologischen, Assoziations- und Observationsstudien wurde und wird von vielen auch noch heute angenommen, dass Vitamin D zur Vorbeugung einer großen Zahl von Erkrankungen nützlich ist. Dies betrifft Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes mellitus, Demenz, multiple Sklerose, Immun- und Infektionskrankheiten und andere. In den letzten Jahren häufen sich aber die Ergebnisse kleinerer Untersuchungsreihen zum Effekt von Vitamin D zur Verhütung oder Behandlung dieser Erkrankungen, die zumeist negativ ausgefallen sind. Über viele dieser Publikationen hat der Referent auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie berichtet und man kann sie dort nachlesen (www.blog.endokrinologie.net). Dort findet man darüber hinaus auch Daten zu Vitamin D in besonderen Situationen wie Schwangerschaft und Stillzeit usw.

Der „heilige Gral“ der Studienanalysen sind die der Cochrane-Foundation. In der Cochrane-Analyse 2011 fand man keinen Effekt von Vitamin D auf den Herz-Kreislauf-Tod, die Krebssterblichkeit nahm insgesamt auch nicht signifikant ab. Hingegen errechnete sich eine signifikante Zunahme der Calcium-Konzentration im Blut (mit dem Risiko von Nierensteinen), wenn aktivierte Vitamin-D-Formen wie Alfacalcidiol oder Calcitriol gegeben wurden.

Soeben ist von J. A. Baron et al. im New England Journal of Medicine das Ergebnis einer randomisierten Studie zur Prävention kolorektaler Adenome durch Calcium und Vitamin D veröffentlicht worden. Das ernüchternde Ergebnis: Nach drei bis fünf Jahren ließ sich kein Einfluss von Calcium und Vitamin D, weder allein oder in Kombination, im Vergleich zu keiner Prophylaxe auf die Entstehung von Kolonadenomen, einer anerkannten Vorstufe von Kolonkarzinomen, feststellen.

Im Zeitalter der „Evidenzbasierten Medizin (EBM)“ sind zum Nachweis einer Medikamenten-Wirksamkeit prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Interventionsstudien (RCTs) an genügend großen Personenzahlen zu fordern, das heißt, man muss ein Medikament verblindet mit einem unwirksamen Scheinpräparat Menschen geben, um dann nach einigen Jahren zu sehen, ob das (echte) Medikament nützt oder nicht. Neben etlichen weiteren RCTs laufen zur Zeit zwei sehr große Studien an je 20.000 Personen: die amerikanische VITAL- und die britische VIDAL-Studie. Sie werden erst in einigen Jahren abgeschlossen und ausgewertet sein. Dann erst wird man beurteilen können, ob Vitamin D vor Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs schützt oder nicht. Auch über Knochenbrüche, Diabetes und andere Erkrankungen (s. o.) wird man dann evidenzbasierte Aussagen machen können. Die jetzigen Annahmen und zum Teil vehement vorgetragenen Postulate für günstige Vitamin-D-Wirkungen sind nicht evidenzbasiert, sondern beruhen lediglich auf „Hypothesen-generierenden“ Hinweisen (siehe oben) und manchen Metaanalysen, die in RCTs überprüft werden müssen. Insofern ist es nicht sinnvoll, alle diese postulierten Indikationen hier zu diskutieren.

Vitamin-D-Spiegel bestimmen lassen?

Ist man gesund, gibt es keinen Hinweis und gehört man keiner Risikogruppe an, so lautet die klare Antwort des Referenten: Nein. Eine der führenden Medizin-Zeitschriften der Welt, das britische Lancet, schrieb, generelle Vitamin-D-Bestimmungen als Screening seien „nur teuer, verwirrend und nutzlos“. Die Messmethoden verschiedener Laboratorien liefern nicht gut standardisierte und schlecht vergleichbare Werte. Die Grenzen des „Normalbereichs“ sind keineswegs feststehend. Diese müssten erst für jede Region und jede Bevölkerungsgruppe erarbeitet werden. Die Unterschiede in den Ausgangsspiegeln von Vitamin D und auch der Calcium-Versorgung müssten bei Metaanalysen mit Personengruppen aus vielen Ländern berücksichtigt werden, auch deren mögliche Interaktionen.

Wie zuverlässig sind die angebotenen Vitamin-D-Präparate?

In Deutschland hat Öko-Test Vitamin-D-Präparate eingekauft: fünf apothekenpflichtige Arzneimittel und vier Nahrungsergänzungsmittel. Alle fünf Arzneimittel aus der Apotheke wurden mit „sehr gut“ bewertet, während die Nahrungsergänzungsmittel als ungünstig beurteilt wurden.

Untersuchungen in den USA durch Mitarbeiter der großen Krankenversicherungsgruppe „Kaiser Permanente“ ergaben, dass in den nach US-Bestimmungen für Arzneimittel hergestellten Präparaten der Vitamin-D-Gehalt in Pillen aus verschiedenen Packungen nur um 10% schwankte, bei den anderen, zum Teil im Internet oder als Nahrungsergänzungsmittel angebotenen Präparaten waren die Unterschiede größer, maximal variierte der Vitamin-D-Gehalt zwischen 56 und 124%.

Fazit

Zusammenfassend meint der Autor, dass über die oben angeführten, fünf unstrittigen Indikationen für Vitamin D (Rachitis usw.) hinaus Calcium und Vitamin D nach wie vor ihren festen Platz in der Osteoporose-Therapie haben. Zur Prophylaxe des Knochenschwundes ist ihre Gabe nur bei besonderen Risikogruppen wie oben angeführt sinnvoll. In Diskussion geraten ist die alte Empfehlung, Calcium und Vitamin D generell bei allen Menschen ab dem 60. bis 65. Lebensjahr einzusetzen. Der DVO-Risikoscore kann dazu beitragen, bei diesen individuell die Knochenbruchgefährdung abzuschätzen. Auch können mit diesem Score noch weitere Risikopersonen definiert werden, bei denen – im Sinne der „personalisierten Medizin“ – der Arzt und der betroffene Mensch gemeinsam unter Abwägung des Nutzens und des Risikos (Nierensteine und Arteriosklerose, insbesondere Herzinfarkt und Schlaganfall) eine „shared decision“ treffen sollten.

Für ihre Wirksamkeit in der Prävention anderer Erkrankungen als der Osteoporose fehlen Beweise.

Gesunde Menschen brauchen und sollen auch nicht auf ihren Vitamin-D-Spiegel gescreent werden.

Vitamin-D-Präparate soll man nur dann, wenn sie vom Arzt als notwendig angesehen werden, auf Rezept in Apotheken beziehen. Gleiches gilt auch für Calcium: Zuerst den Arzt fragen, ob dies sinnvoll ist. Also nicht auf eigene Faust Calcium und/oder Vitamin-D-Präparate irgendwo, etwa im Internet, kaufen und einnehmen! |

Autor

Univ.-Prof Dr. med. Dr. h.c. Helmut Schatz

Direktor a. D. der Medizinischen Universitätsklinik Bergmannsheil der Ruhr-Universität Bochum

Mediensprecher 2009 – 2012 und 2012 – 2015 der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie

Buerkle-de-la-Camp-Platz 1, D-44789 Bochum, Germany autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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