Fortbildungskongress

Tumorbehandlung

Einige Tumorarten wachsen unter dem Einfluss von Hormonen und können durch antihormonelle Therapien beeinflusst werden. Andere Neoplasien überschwemmen den Körper mit Hormonen. Auch in diesem Fall ist eine antihormonelle Behandlung erforderlich. Prof. Dr. Klaus Mohr, Bonn, zeigte Beispiele für die unterschiedlichen Möglichkeiten einer hormonellen Therapie onkologischer Erkrankungen auf.

Die häufigsten antihormonellen Therapien werden in der Onkologie beim Mammakarzinom und Prostatakrebs durchgeführt. Fortgeschrittene hormonsensitive Prostatatumore können über einen langen Zeitraum hinweg hormonell behandelt werden. Da das Wachstum von Prostatakarzinomzellen durch Testosteron stimuliert wird, unterbindet man die Androgenwirkung. Dies kann durch eine medikamentöse Kastration oder durch die Gabe von Androgenrezeptor-Antagonisten wie Flutamid (Fugerel®) oder Bicalutamid (Casodex®) erfolgen. Zur chemischen Kastration wird ein Gonadorelin-Superagonisten wie etwa Buserelin (Profact Depot®) oder Goserelin (Zoladex®) eingesetzt. Er führt zu einer Überstimulation der Gonadorelin-Rezeptoren auf den Gonadotropin-bildenden Hypophysenvorderlappenzellen mit nachfolgender Desensibilisierung der Zellen und Reduktion der FSH- und LH-Freisetzung. Die pathologische Rezeptorstimulation zeigt zu Beginn eine agonistische Wirkung, die sich in einer vermehrten Testosteronbildung zeigt. Anschließend nimmt die Empfindlichkeit des Rezeptorsystems ab, es kommt zur Hormonblockade, und die Testosteronwerte sinken auf Kastrationsniveau.

Bei einem positiven Hormonrezeptor-Status wird beim Mammakarzinom eine mehrjährige antihormonelle Therapie durchgeführt, um den Einfluss der Estrogene auf das Tumorwachstum zu unterbinden. Dies kann postmenopausal auf drei verschiedenen Wegen erfolgen.

  • Estrogenentzug durch Hemmung der Aromatase. Aus Androgenen kann kein Estrogen mehr gebildet werden. Eingesetzt werden die Aromatase-Inhibitoren Anastrozol (Arimidex®), Letrozol (Femara®), Exemestan (Aromasin®)
  • Hemmung der Estrogenrezeptor-Aktivität durch SERMs. Selektive Estrogenrezeptor-Modulatoren (SERMs) wirken über eine kompetitive Bindung an Estrogenrezeptoren, was zu selektiv agonistischen und antagonistischen Wirkungen führt. Der bekannteste SERM ist Tamoxifen. Raloxifen (Evista®) ist ein weiterer SERM mit agonistischen Effekten auf die Knochenmasse und wird daher primär in der Osteoporosetherapie eingesetzt.
  • Abbau der Estrogenrezeptoren und Verminderung der Estrogenrezeptor-Dimerisierung und völlige Blockade der Estrogenrezeptorfunktion durch SERDs (selektive Estrogenrezeptoren-Downregulatoren) wie Fulvestrant (Faslodex®).

Akromegalie – zu viel Wachstumshormon

Eine Akromegalie wird fast immer durch einen Wachstumshormon-sezernierenden Tumor ausgelöst, der eine starke Überproduktion an Wachstumshormonen verursacht. Äußere Zeichen einer Akromegalie sind veränderte Gesichtszüge mit einer Vergrößerung des Kinns, starken Furchen im Lippen- und Nasenbereich und Anschwellen des Bindegewebes. Die Therapie erfolgt chirurgisch, strahlentherapeutisch und medikamentös mit Somatostatin-Analoga wie etwa Octreotid (Sandostatin®) oder Lanreotid. Dies führt zuerst zu einer Stimulation der Somatostatin-Rezeptoren und dann zu einer Hemmung der Abgabe von Wachstumshormonen. Eine Blockade der Somatotropin-Rezeptoren kann mit Pegvisomant erzielt werden.

Auch bei bestimmten gastro-enteropankreatischen Neoplasien (Karzinoiden) liegt eine vermehrte Bildung von Wachstumshormonen und gastro-enteropankreatischen Hormonen vor. Hier werden ebenfalls Somatostatin-Analoga eingesetzt.

Karzinom der Nebenschilddrüse

Bei einem Karzinom der Nebenschilddrüse wird verstärkt Parathormon freigesetzt, was unter anderem zu einem vermehrten Knochenabbau führt. Parathormon (PTH = parathyreotropes Hormon) ist ein Polypeptid und wird in der Nebenschilddrüse gebildet. Seine Aufgabe besteht in der Regulation des Calcium- und Phosphat-Haushalts. Es wirkt an der Niere, im Intestinaltrakt und am Knochen. Durch Cinacalcet erfolgt eine Hemmung der Parathormon-Inkretion durch eine Sensibilisierung der Nebenschilddrüsenzellen gegenüber Calciumionen. Als Folge sinkt der Parathormonspiegel. pj

Antihormonelle Therapien bei Krebserkrankungen

Fulvestrant
Fulvestrant (Faslodex®) erweitert das Spektrum der antihormonellen Therapie und wird in der Second-line-Therapie eingesetzt. Fulvestrant ist ein selektiver Estrogenrezeptor-Downregulator (SERD). Er bindet an Estrogenrezeptoren und blockiert diese vollständig. Ferner verhindert Fulvestrant eine Konformationsänderung des Rezeptors und blockiert damit die Aktivierung von Transkriptions-Aktivierungsfaktoren. Außerdem unterbindet Fulvestrant die Dimerisierung des Estrogenrezeptors, so dass dieser nicht voll aktiv werden kann. Der Fulvestrant-Rezeptor-Komplex ist instabil und wird beschleunigt abgebaut (Downregulation). Im Vergleich zu Tamoxifen hat er keine agonistischen Wirkungen auf den Uterus und ruft keine Hitzewallungen hervor. Von Nachteil ist, dass konstante Wirkspiegel erst nach Wochen erzielt werden.
Patient mit Akromegalie Bei einer Akromegalie werden aufgrund einer Neoplasie zu viele Wachstumshormone freigesetzt.
Fotos: Chatterjee, de Marco, Bürgi: Akromegalie. Schweiz. Med. Wochenschr. 1999; 129:896
Prof. Dr. Klaus Mohr
Foto: Jungmayr

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