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Sparen, koste es, was es wolle

Die Rabattverträge entwickeln sich zunehmend zum Kostentreiber für Apotheken. Die Suche nach verfügbaren Generika, mühsame und teure Nachlieferungen, lange Diskussionen mit Patienten und explodierende Warenläger sprengen die Kalkulation. Den beträchtlichen Mehrkosten der Apotheken stehen minimale Einsparungen bei den Krankenkassen gegenüber. Getreu dem unumstößlichen Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen sind gerade die letzten Einsparungen besonders mühsam. Plakativer ausgedrückt: Es wird gespart, koste es, was es wolle.

Damit sind die Rabattverträge gesamtwirtschaftlich ineffektiv und geradezu ein Lehrbuchbeispiel für die Zersplitterung des Gesundheitswesens und die daraus entstehenden Fehlanreize. Diese zu verhindern galt mal als ein wesentliches Ziel der Gesundheitsreform. Die Arzneimittelversorgung gesamtgesellschaftlich und nicht nur aus der Perspektive der Krankenkassen zu betrachten, gehört in den meisten Ländern zu den Verfahrensregeln für pharmakoökonomische Entscheidungen. Doch was der Gesetzgeber bei der Bewertung einzelner Arzneimittel für selbstverständlich erachtet, hat er bei der Gestaltung allgemein wirksamer Steuerungsinstrumente versäumt: den Blick auf Neben- und Wechselwirkungen, ökonomisch ausgedrückt: externe Effekte und Fehlanreize.

Doch irgendwann wird die Rechnung den Krankenkassen präsentiert werden. Spätestens bei neuen Diskussionen über den Kassenrabatt werden die gestiegenen Betriebskosten der Apotheken zu Buche schlagen und die Verursacher treffen. Außerdem wird das Abrechnungschaos, das derzeit in den Apotheken tobt, bald die Krankenkassen erreichen und auch dort die Kosten in die Höhe treiben. Daher wäre es sinnvoller, schon heute über Alternativen mit günstigerem Nebenwirkungsprofil nachzudenken oder (Fragen Sie Ihren Apotheker!) den Vorschlag der Apotheker anzunehmen und Zielpreisvereinbarungen abzuschließen. Diese würden den Patienten optimale Verfügbarkeit und Individualität, den Apotheken rationelle Betriebsorganisation und den Krankenkassen vergleichbare Einsparungen bieten.

Zielpreisvereinbarungen könnten den Patienten zudem problemlos ermöglichen, gegen eine Aufzahlung das Generikum der eigenen Wahl zu beziehen. "Aut idem" würde dann seiner Bezeichnung gerecht, die Patienten würden endlich als souveräne Verbraucher und mündige Bürger anerkannt und zudem würde die politische Aussage praktisch erlebbar, nach der die Krankenkasse die nötigsten Leistungen finanziert und der verantwortungsvolle Patient für Extras selbst bezahlen muss. Für ein paar Cent mehr werden sich viele Patienten gerne Wege, Wartezeiten und neue Präparate ersparen. Das derzeitige Verbot der Aufzahlung ist dagegen eine überflüssige und unzeitgemäße Gängelung, die keinem Patienten mehr vernünftig vermittelt werden kann.

Außerdem würden Zielpreisvereinbarungen (besonders, wenn sie mit Aufzahlungsmöglichkeiten gekoppelt sind) viel weniger in den Generikamarkt eingreifen als Rabattverträge, weil die Hersteller nicht pauschal, sondern patientenindividuell in der Apotheke ausgewählt würden. Ohne langfristige Verträge mit Herstellern könnte viel schneller auf Preise und Lieferfähigkeit reagiert und der Wettbewerb sogar gesteigert werden (war das nicht das Ziel?). Denn der beste Wettbewerb findet nahe am Kunden und nicht zwischen den größten Marktpartnern statt. Die gesamtgesellschaftlich günstigere Lösung wäre damit auch wettbewerbsrechtlich "sauberer" und könnte den Ruf nach kartellrechtlichen Regelungen für Krankenkassen verstummen lassen, sodass auch die Kassen eine große Sorge weniger hätten.

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