Arzneimittel und Therapie

Prostatakarzinom im Alter

Behandeln oder warten?

Muss die landläufige Meinung, ein älterer Mann sterbe mit seinem Prostatakarzinom und nicht an ihm, revidiert werden? Die Ergebnisse einer amerikanischen Kohortenstudie, wonach eine Behandlung des Tumors zu einer deutlichen Zunahme des Gesamtüberlebens führt, sprechen dafür. Kommentatoren raten allerdings zu individuellen Entscheidungen, bis weitere Daten vorliegen.

Weit verbreitete PSA-Bestimmungen haben zu einer vermehrten Diagnose von Prostatakrebs im frühen Stadium geführt. Noch immer ist unklar, ob ein lokal begrenztes Prostatakarzinom beim älteren Mann behandelt werden muss oder ob eine Watch-and-wait-Strategie ausreicht. Einer neueren schwedischen Studie zufolge scheinen Männer unter 65 Jahren von einer Therapie zu profitieren; für ältere Patienten liegen zu wenige Daten vor, um klare Aussagen zu treffen und Therapieempfehlungen ableiten zu können. Aufgrund fehlender randomisierter, kontrollierter Studien zu diesem Thema wurde daher in einer amerikanischen Beobachtungsstudie die Therapie mit der aktiven Überwachung verglichen.

Zu diesem Zweck wurden die Daten eines US-Krebsregisters (Surveillance, Epidemiology, and End Results Medicare Database) von 44.630 Männern im Alter von 65 bis 80 Jahren ausgewertet, bei denen zwischen 1991 und 1999 ein lokal begrenztes Prostatakarzinom im frühen Stadium mit geringem bis intermediärem Risiko entdeckt worden war. 32.022 Männer waren therapiert worden (Bestrahlung oder Prostatektomie), 12.608 Patienten waren nicht behandelt worden und dienten als Vergleichsgruppe. Der primäre Studienendpunkt war das Gesamtüberleben.

Am Ende der zwölfjährigen Studie waren 4663 Männer (37%) der Beobachtungsgruppe und 7639 (23,8%) behandelte Patienten verstorben. Das Fünf- und Zehn-Jahresüberleben der therapierten Probanden war höher als das der nicht behandelten. Nach einer Korrektur möglicher Kofaktoren (Tumorcharakteristika, demographische Daten, Komorbiditäten) betrug der Überlebensvorteil nach zwölf Jahren für behandelte Männer etwa 30% im Vergleich zu den Probanden, die keine Therapie erhalten hatten. Dieser Überlebensvorteil konnte in allen Subgruppen (bei über 75-jährigen Männern, Angehörigen schwarzer Hautfarbe und bei Patienten, deren Tumor als risikoarm eingestuft worden war) beobachtet werden.

Individuelle Therapieentscheidungen treffen

Welche Konsequenzen hat dieses Studienergebnis? Sollen alle älteren Patienten – auch solche mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom – behandelt werden und gehört das watch-and-wait der Vergangenheit an? Die Studieninitiatoren und Kommentatoren der Ergebnisse raten von voreiligen Schlüssen ab. Die Resultate wurden aus Beobachtungsstudien gewonnen, bei denen Datenverzerrungen nicht auszuschließen sind. Eine Bestätigung der Ergebnisse sei nur durch randomisierte, kontrollierte Studien zu erhalten. Bis diese vorliegen – erste Ergebnisse werden zwischen 2008 und 2009 erwartet – sollten weiterhin individuelle Entscheidungen getroffen werden, in denen der Nutzen einer Therapie gegen potenzielle unerwünschte Wirkungen und gegen eine mögliche Einbuße der Lebensqualität abgewogen werden.

Quelle

Wong, Y.; et al.: Survival associated with treatment vs observation of localized prostate cancer in elderly men. J. Am. Med. Assoc. 296 , 2683-2693 (2006).

Litwin, M.; et al.: Treating older men with prostate cancer. Survival (or selection) of the fittest? J. Am. Med. Assoc. 296 , 2733-2734 (2006).

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr
  • aktive Überwachung (watch-and-wait): Bei älteren Patienten (> 75 Jahre) oder bei Patienten mit kleinem und wenig bösartigem Tumor kann unter bestimmten Voraussetzungen abgewartet werden, ob der Tumor überhaupt wächst. In gewissen Abständen wird der PSA-Wert (Prostata-spezifisches Antigen) bestimmt und im Bedarfsfall werden Gewebeproben entnommen. Bei Fortschreiten des Tumors wird dann eine geeignete Therapie eingeleitet.
  • Operation: Falls keine Metastasen vorliegen, kann die Prostata radikal entfernt werden (Prostatektomie). Die häufigsten unerwünschten Folgen dieses Eingriffs sind Impotenz und Harninkontinenz.
  • Strahlentherapie: Alternativ zur Operation kann insbesondere bei kleinen Tumoren eine Strahlentherapie erfolgen.
  • Hormontherapie: Kommen operative oder strahlentherapeutische Maßnahmen nicht mehr in Frage, wird das Tumorwachstum mit Hilfe einer Hormontherapie unterdrückt. Möglich ist die chemische Kastration mit LHRH-Analoga oder eine Anti-Androgengabe.
  • Chemotherapie: Ist auch die Hormontherapie nicht mehr wirksam – was nach einigen Jahren der Fall ist – besteht als letzte Möglichkeit eine Chemotherapie.
Genaues Abwägen Die Therapie eines Prostatakarzinoms richtet sich nach dem Stadium der Erkrankung. Einer neueren Studie zufolge scheinen Männer unter 65 Jahren von einer Therapie zu profitieren; für ältere Patienten liegen zu wenige Daten vor.
Foto: DAK/ van den Berg

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