Fortbildungskongress

Pharmakoökonomie

Was kostet ein gewonnenes Lebensjahr? Und was ist es dem Einzelnen und wie viel der gesamten Gesellschaft wert? Professor Dr. Knut Baumann, Braunschweig, zeigte, wie sich die Pharmakoökonomie damit befasst, nicht nur den medizinischen, sondern auch den ökonomischen Nutzen von Arzneimitteln zu bewerten.

Was ist die Gesundheit wert?

Beim Einsatz von Arzneimittel geht es nicht nur um Kosten. "Über den Nutzen redet eigentlich nie jemand", sagte Baumann und zeigte am Beispiel der Acetylcholinesterase-Inhibitoren, wie unterschiedlich diese Arzneistoffe bewertet werden. Während das deutsche IQWiG, das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, diese Substanzen als nicht sinnvoll bewertet, kommt das britische NICE-Institut zu einem anderen Ergebnis und befürwortet ihren Einsatz zur Behandlung der mittelschweren Alzheimer-Demenz.

Baumann erklärte, wie es zu diesem Unterschied kam: Das IQWiG bewertete lediglich die Kosten der Arzneimittel, während das NICE auch deren Nutzen beurteilte.

Pharmakoökonomie ist nicht die Auswahl des billigsten Generikums oder die Deckelung der Arzneimittel-Kosten, sagte Baumann, sondern der rationellere Einsatz von Arzneimitteln.

Bei der Antwort auf die Kernfrage: "Welche Behandlungsalternative ist wirtschaftlicher?" kommt es auf die Perspektive an. Krankenkassen haben eine andere Sichtweise als Patienten und Ärzte. Und eine Kosten-Nutzen-Rechnung für die gesamte Volkswirtschaft sieht wieder anders aus.

Während die Krankenkassen daran interessiert sind, dass der Patient durch die Behandlung möglichst kostengünstig schnell und nachhaltig geheilt wird, zählen in der gesamtgesellschaftlichen Perspektive weitere Faktoren. Dazu müssen direkte Kosten einer medizinischen Behandlung gegen indirekte, zum Beispiel durch Produktivitätsverlust eines Arbeitnehmers oder eine Frühverrentung, und gegen schwer messbare Kosten wie Lebensqualität aufgewogen werden.

Verschiedene Berechnungsmodelle

  • Bei einer Krankheitskostenanalyse werden nur die Kosten für die Therapie einer Krankheit erfasst.
  • Bei einer Kosten-Effektivitäts-Analyse zählt außerdem das medizinische Ergebnis.
  • Bei der Kosten-Nutzwert-Analyse wird als Nutzwert das QALY angesetzt. Darunter versteht man qualitätskorrigierte Lebensjahre.
  • Bei einer Kosten-Nutzen-Analyse versucht man, sowohl Krankheitskosten als auch den Nutzen einer Behandlung in Geldwert auszudrücken. Welche ethischen Probleme sich hierbei ergeben, zeigte sich in der Diskussion um den Wert eines Körperteils oder gar eines Lebensjahres. Der subjektive Nutzen einer Behandlung lässt sich nur sehr schwer erfassen.

Beurteilung ist oft schwierig

Schon die alleinige Analyse der Krankheitskosten ist nicht einfach. So kann ein auf den ersten Blick teureres Arzneimittel, das schneller zur Heilung führt, insgesamt preisgünstiger sein als ein auf den ersten Blick günstigeres, das aber nicht so gut wirkt. Als Beispiele führte Baumann Mittel zur Fußpilzbehandlung. Ein weiteres Beispiel ist die Migräne-Therapie. So kann eine Behandlung mit Sumatriptan kostengünstiger sein als die Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika: Sumatriptan ist zwar teurer, wirkt aber besser, und der Patient ist schneller wieder arbeitsfähig. hel

Prof. Dr. Knut Baumann
Foto: Jungmayr

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