DAZ aktuell

Kosten-Nutzenbewertung

Versorgungsforschung unerlässlich

BERLIN (ks). Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) steht der Kosten-Nutzenbewertung von Arzneimitteln grundsätzlich offen gegenüber. Voraussetzung sei allerdings, dass die Bewertung durch das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) auf Grundlage einer breiten Datenbasis – insbesondere auch aus der Versorgungsforschung – erfolgt.

"Mit den im GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz angelegten Regelungen haben wir reelle Chancen, ein deutliches Mehr für die Patienten zu erreichen. Jetzt kommt es darauf an, dass diese positiven Ansätze der Gesundheitsreform auch entsprechend angewendet werden", sagte der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener am 8. Juni in Berlin. Wie dies geschehen sollte, hat eine vom BPI initiierte Expertenkonferenz am 5. Juni in Hannover ausgearbeitet. Unter der Leitung von Prof. Friedrich Schwartz (Medizinische Hochschule, Hannover) und Prof. Günter Neubauer (Institut für Gesundheitsökonomik, München) haben Versorgungsforscher und Gesundheitsökonomen zehn Thesen "zum Beitrag der Versorgungsforschung zur Kosten-Nutzenbewertung von Arzneimitteln" aufgestellt. Darin zeigen sich die Wissenschaftler überzeugt, dass es "unerlässlich" ist, Daten aus der Versorgungsforschung in die Kosten-Nutzenbewertung einzubeziehen. "Wir brauchen eine verbesserte Datengrundlage, um die realen Prozesse unserer Gesundheitsversorgung abzubilden und damit Arzneimittel in ihrem Kosten-Nutzen-Verhältnis adäquat bewerten zu können", betonte Neubauer. Er verwies zudem darauf, dass der Nutzen eines Medikamentes im Verhältnis zu den Kosten erst nach einem mehrjährigen Einsatz in der Praxis wissenschaftlich bewertet werden könne. Zudem müsse berücksichtigt werden, inwieweit eine Arzneimitteltherapie die Krankheitsdauer reduziert und weitere indirekte Kosten einspart.

Der BPI unterstützt die Thesen der Wissenschaftler. Wegener hielt dem IQWiG vor, bei seiner Arbeit "autistische Züge" an den Tag zu legen und sich Anregungen von außen zu verschließen. Dies zeige auch der jüngst veröffentlichte Vorbericht des Instituts zu blutdrucksenkenden Mitteln. Hierin bagatellisiere das IQWiG wichtige Nebenwirkungen von Diuretika und versuche die Dauerbehandlung mit den entwässernden Mitteln als Therapie der Wahl darzustellen. Dabei, so Wegener, sei bekannt, dass diese bei signifikant mehr Patienten zu hohem Blutzucker führe als andere Blutdrucksenker. Generell kritisiert die Industrie, dass das Bewertungsverfahren des IQWiG bislang Transparenz vermissen lässt und randomisierte, kontrollierte Studien mit eingeschränktem Patientenkreis im Fokus stehen. Die Konzentration auf harte Endpunkte wie Mortalität oder Schlaganfall greife zu kurz, betonte Wegener. Nach internationalen Standards sei ein komplexer Ansatz nötig, der sowohl Daten aus streng kontrollierten klinischen Studien als auch solchen der Versorgungsforschung berücksichtige.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.