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Europäische OTC-Industrie

Selbstmedikation auf einem guten Weg

WARSCHAU (diz). Zwar hat sich die Selbstmedikation in Europa gut entwickelt, sie ist auch weiterhin auf einem Weg, der sie zu einem wichtigen Pfeiler im Gesundheitswesen macht. Dennoch gibt es einige Punkte, die verbessert werden könnten. Darüber unterhielten sich die Vertreter der europäischen OTC-Industrieverbände (AESGP) auf ihrem 43. Jahreskongress vom 4. bis 6. Juni in Warschau. Aus Deutschland nahm der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und zahlreiche Vertreter von in Deutschland ansässigen OTC-Herstellern teil.

Der Wert der Selbstmedikation innerhalb der Struktur des europäischen Gesundheitswesens wird von Patienten und Politikern durchweg anerkannt, stellten AESGP-Präsident Hans van Zoonen und AESGP-Geschäftsführer Dr. Hubertus Cranz in ihrer Eröffnungsansprache fest. Selbstmedikation hat einen Nutzen für die Gesundheit und für das Sozialversicherungssystem. Die Unterstützung der individuellen Verantwortung für die eigene Gesundheit ist ein bedeutendes Ziel der Gesundheitspolitik. Die europäische Selbstmedikationsindustrie wird diese Anstrengungen unterstützen. Allerdings besteht der Wunsch von dieser Seite, dass beispielsweise alle nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimittel in allen Medien entsprechend beworben werden können, eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung und Verpackung möglich ist ebenso wie eine flexible Namensgebung. Die AESGP wird sich hierfür weiter einsetzen.

Jerzy Buzek, der Vertreter des Europäischen Parlaments, unterstrich diese Bemühungen in seinen Grußworten. Der Konsument will heute eigenverantwortlich handeln. Voraussetzung hierfür sind gute Informationen durch Medien und von den Herstellern. Der informierte Verbraucher kann OTC-Arzneimittel besser einsetzen, wodurch für das solidarische Gesundheitssystem Geld gespart wird. Buzek plädierte dafür, dass der Kontakt zwischen Industrie und Forschung verbessert werden muss. Dies führe zu mehr Innovationen. Ohne Innovationen gebe es kein nachhaltiges Wachstum.

Der Staatssekretär des polnischen Gesundheitsministeriums, Boleslaw Piecha, wies darauf hin, dass die Selbstmedikation in Polen erst in den letzten 25 Jahren in Schwung gekommen ist. Aus seiner Sicht sei wichtig, dass der Patient mit sachgerechten Informationen zur Selbstmedikation und zu OTC-Arzneimitteln versorgt wird. Fernsehwerbung reiche hierzu nicht aus. Hier gebe es in Polen noch Verbesserungsmöglichkeiten.

In Vertretung für den angekündigten parlamentarischen Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder war Dr. Gerhard Schmidt vom Bundesgesundheitsministerium nach Warschau gekommen. Auch er sieht in der Selbstmedikation eine tragende Säule der Arzneimittelversorgung und einen entscheidenden kostensparenden Faktor für das Gesundheitssystem. Selbstmedikation ist auch Ausdruck der Eigenverantwortung des Patienten, einem Grundprinzip der deutschen Gesundheitsversorgung. Voraussetzung hierfür ist aber die sachgerechte Anwendung dieser Arzneimittel. Umfassende Informationen über diese Arzneimittel und eine fundierte Beratung innerhalb der Apotheken sind hierfür nach Aussage von Schmidt erforderlich: "Nach unserer Erfahrung stellen sich die Apotheker offensiv dieser Aufgabe und leisten damit einen wichtigen Beitrag zu Arzneimittelsicherheit bei der Selbstmedikation.” Die europäische Gesundheitspolitik gewinnt innerhalb der verschiedenen europäischen Politikbereiche deutlich an Einfluss, so Schmidt weiter. Der Gesundheitssektor verspricht ein besonderes Zukunftspotenzial, allein in Deutschland arbeiten vier Millionen Menschen im Gesundheitswesen. Der Pharmaindustrie kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

Im Kommen: individualisierte Arzneitherapie

Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft der EU werden noch im Juni zwei Schwerpunkte im Pharmabereich gesetzt: ein wissenschaftlicher Kongress zu Pharmainnovationen und das Pharmazeutische Forum. Beim wissenschaftlichen Kongress am 11. und 12. Juni wird es um die individualisierte Arzneitherapie gehen, so Schmidt, von der ein Paradigmenwechsel im Arzneimittelsektor ausgehen könnte. Der neue Ansatz zielt auf die patientenspezifische Anwendung von Arzneimitteln, woraus eine bessere Verträglichkeit, mehr Wirksamkeit, Sicherheit und Effizienz resultieren könnte. Für die Industrie bietet dieser neue Ansatz mehr Marktchancen.

Das Pharmazeutische Forum ist von höchster Priorität für die EU. Das Forum geht zurück auf eine Initiative von Vize-Kommissionspräsident Verheugen und dem Gesundheitskommissar Kyprianou mit dem Ziel, Europa zum wettbewerbsfähigsten Markt im Pharmabereich zu machen und dabei gleichzeitig Synergieeffekte für die Patienten und die Gesundheitssysteme nutzbar zu machen. Auf dem diesjährigen Forum werden folgende Fragen im Vordergrund stehen: Wie können wir die Innovationskraft der EU stärken und wie können wir diese Innovationen zugunsten der Patienten nutzbar machen? In der Zusammenarbeit im Pharmazeutischen Forum sehe man, so Schmidt, ein großes Potenzial für die zukünftige Gesundheitsversorgung in Europa.

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