IPSF Zimbawe

Von Elefanten und anderen Dickhäutern

25.07.2016, 11:55 Uhr - Ein Blog-Beitrag von DAZ.online-Mitglied Jochen Pfeifer

Bleibt alles beim Alten? Fragt sich Apotheker Jochen Pfeifer. (Bild: IPSF)

Bleibt alles beim Alten? Fragt sich Apotheker Jochen Pfeifer. (Bild: IPSF)


Vom 29.7. bis zum 07.08. findet in Harare in Zimbabwe der 62. Weltkongress der International Pharmaceutical Students Federation statt. Pharmaziestudierende aus der ganzen Welt treffen sich in diesen Tagen. Ein offizielles Foto der IPSF zu diesem Kongress auf Facebook zeigt drei große Elefanten – und zwar echte. 

Von Zimbabwe hier in den grauen Apothekenalltag: Wie Peter Ditzel im jüngsten Tagebuch auf DAZ.online berichtet, wird Ende November/Anfang Dezember neben den geschäftsführenden Vorständen von BAK und dem DAV auch die ABDA Spitze zur Wahl antreten. Zitat Peter Ditzel: „Ehrlich gesagt... mit großen Veränderungen rechnen wir nicht. Das Triumvirat Schmidt, Kiefer, Becker ist gesetzt". Gesetzt ist somit auch die „Kontinuität“, will sagen, das übliche Chaos, worüber sich sowohl andere Blogger als auch Kolleginnen und Kollegen zu Recht aufregen – sei es schlechte oder fehlende Honorierung, Retax und Bürokratiewahnsinn. 

Ohne jetzt irgendwelchen Apotheker-Kollegen zu nahe treten zu wollen, insbesondere irgendwelchen Stammesfürsten: Aber irgendwie muss ich dabei immer an das Bild von den afrikanischen Dickhäutern denken.

Was können wir machen? Man kann, wie die Brexit-Anhänger in Großbritannien oder Donald Trump in den USA nur meckern – ohne aber Alternativen aufzuzeigen. Man kann weiterhin, wie es hier ein Blogger-Kollege macht, weiter auf Prof. Glaeske eindreschen.

Oder aber: Wir überlegen uns einmal genau, was wir eigentlich wollen. Zunächst einmal: Wer ist eigentlich „wir“?

DEN öffentlichen Apotheker gibt es nicht. Stattdessen sollten wir unterscheiden:

  • den „Traditionalisten“, soziologisch auch „Leggard“ genannt: keine Änderung, solange alles noch einigermaßen funktioniert. Bis jetzt ist man ja schließlich auch über die Runden gekommen. Und wofür hat man schließlich seine Approbation und Betriebserlaubnis?

  • den „Macher“: Familienclans und Kooperationsapotheker, die sich für den Politikärger nicht interessieren und stattdessen betriebswirtschaftlich erfolgreiche Apotheken betreiben. Jammern tun diese Kollegen nicht – zumindest nicht öffentlich. Ihre Interessen stimmen aber in der Regel nicht mit denen der Traditionalisten überein.

  • die „Young Pharmacists“: Das sind diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die Pharmazie studiert haben, um diesen Beruf nach ihren Vorstellungen auszuüben – wenn man sie nur lässt.

  • na ja und dann noch den einen oder anderen „Verrückten“ (den Autor hier eingeschlossen), der manchmal mit dem Kopf durch die Wand will und versucht, ein neues und besseres Apothekensystem zu entwickeln, so eine Art „junge Wilder“, wobei jung sich hier nicht auf das Alter bezieht.

Die ABDA und die meisten Blogger und Kommentatoren gehören zu den Traditionalisten: es hat ja immer gut geklappt, warum nicht weiter so – und bloß keine Reformen. 

Bis jetzt ist das auch einigermaßen gut gegangen. 

Aber was passiert zum Beispiel, wenn immer mehr junge Kolleginnen und Kollegen auch in der öffentlichen Apotheke Reformen einfordern? Hält man diese Kollegen dann mit noch mehr Geld und noch mehr „Perks“? Wer viel Geld hat, kann sich das leisten, also die „Macher“ unter den Apotheken. 

Warum sind wir nicht einmal ehrlich und verabschieden uns von dem Begriff des „öffentlichen Apothekers“, den es zu Zeiten meiner Eltern und Großeltern noch gab –  jetzt aber nicht mehr. 

Wenn wir also für den Apotheker etwas erreichen wollen, müssen wir uns überlegen, für wen und wie? Dies weigert sich aber die ABDA und die Kammern zu tun, es heißt dann immer: „Wo Apotheke draufsteht, muss auch Apotheke drin sein“. Richtig, nur was für eine und mit welcher Qualität?

Ich bin sehr stolz, dass viele Studierende sich in den Fachschaften, im BPhD und IPSF engagieren. Wir sollten viel mehr auf sie hören. Ich bin auf die Ergebnisse von Harare gespannt - nur unsere deutschen „Dickhäuter“ werden wohl wieder zu verhindern wissen, dass diese auch umgesetzt werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion von DAZ.online.


Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Holy Oath, Herr Kollege? Nicht doch .....

von Wolfgang Müller am 25.07.2016 um 18:06 Uhr

Na ja, lieber Kollege Pfeifer, genau DAS passiert ja gerade ........ dass "immer mehr Kolleginnen und Kollegen in den öffentlichen Apotheken Reformen einfordern". Und schon gar keine Lust mehr auf den "normalen" Beruf haben. Und überhaupt nicht nur "junge". Und klar werden das nur die Macher mit viel Geld und langem Atem überleben.

Vielleicht ist das ja für Irgendjemanden der einzige, eigentliche, tiefere Sinn dabei. Okay dann ….. Ihre amerikanischen Freunde (allerdings die Ureinwohner) haben dafür einen guten Spruch: „Sitzt Du lange genug ruhig am Ufer des Flusses, siehst Du die Leichen Deiner Feinde vorüber treiben.“ Bei der Gelegenheit wird dann geflissentlich großen Teilen einer vormals angesehenen und selbstzufriedenen Berufs-Population – Selbständigen und vor Allem auch übertrieben frustrierten Angestellten - psychologisch raffiniert alles Erarbeitete versaut, und Lebenszeit gestohlen.

Sehr viele ERWARTEN der allgegenwärtigen Perspektiv-Seligkeit (Uni, ABDA, leider schon auch Sie und Ihre Umgebung) folgend ja geradezu, dass sie mit ihrem hoch anspruchsvollen, inzwischen komplett überfrachteten "Nürnberger-Trichter-Extrem-Auswendig"-Halbmedizin-Studium in der Öffentlichen viel, viel mehr anfangen können als das, was schon immer dort eigenständig und erfolgreich getan wurde. Sie erwarten immer öfter sogar die weitest möglich gehende Kontroll- und Verantwortungsübernahme in der Therapie mit Verschreibungs-pflichtigen Arzneimitteln, notfalls auch gegen den Willen der Ärzte: Und willst Du nicht mein Bruder sein, dann hau ich Dir die Fresse ein (auch wenn Sie, Kollege Pfeifer, das persönlich glaubhaft nicht so angehen; und wegen Ärztefreundlichkeit dann gescholten werden).

Das Ganze wird aber so in der Öffentlichen Apotheke trotz dieses ganzen Kriegsgeschreis WIRKLICH nicht exklusiv und profitabel durchzusetzen sein. Und genau da schätze ich Sie mit Ihrer ehrlichen Position: Dass das sowohl auch außerhalb der Öffentlichen stattfinden wird ("Consulting Pharmacists"), als auch von anderen Berufen ("Other Professionals" entspr. Sand) ausgeübt werden wird. Falls sich die Nachfrage wegen verbesserter ärztlicher Voraussetzungen, z. B. AMTS-EDV und schiere ZEIT pro Patient, nicht sowieso komplett erledigt.

Es ist momentan bei einer gewissen Anzahl hoch wertvoller und sympathischer Kolleg/innen trotz Evidenz des Gesagten fast unmöglich, diesen Anspruch auf ein für die "Öffentliche" realistisches Maß zurückzuführen. Und ihnen klarzumachen, wie attraktiv, ausbaufähig und sicher die "normale" Tätigkeit in der Apotheke im Vergleich zu vielen durchaus elenden Büro- und Laborjobs sein kann. Und dass sich gerade deshalb die Erhaltung und der besonnene Ausbau der traditionsbewussten Öffentlichen sehr lohnt, eben auch für Angestellte.

Natürlich gibt es weiter "Den Öffentlichen Apotheker", ich bitte Sie! In welcher Organisationsform auch immer. Und natürlich wird das weiter Heilberuflicher Einzelhandel sein, und in VERNÜNFTIGEM Maße passt da eben auch der Formenkreis "Medikationsmanagement" ganz gut rein. Es sei denn, Apotheker werden komplett zu peinlich überambitionierten Lemmingen, schießen sich selber durch übergriffige Realitätsferne und selbstvermasselte Honorar-Stagnation politisch ab. Und die Ärzte übernehmen den Arzneimittelverkauf dann doch lieber gleich mit. Anstatt umgekehrt. Merke: Nothing that´s forced can ever be right.

Als bekanntermaßen vielfach Betroffener (Hausarztpraxis, studierende Kinder, Apotheken) freue ich mich aber gerade deshalb über diese Ihre erfrischende, verschärfte Neu-Eröffnung der Diskussion. Die sich akademisch wohltuend von der allgemein selbstbelügenden, jammerigen Trutscherei und Über-Beflissenheit abhebt. Aber erst wenn "Wir" (bzw.: die nächste Generation? Ich freue mich darauf) klar trennen werden zwischen "Die Zukunft der Öffentlichen Apotheke" und der aktuell peripher leider bizarr Pop-kulturell bzw. Sekten-artig hochgepeitschten ("Seven Star Pharmacists", "I Swear The Oath") Fragestellung "Wie können Apotheker – wo auch immer - besser in der Verschreibungs-Medizin mitarbeiten?" kann es gemeinsame, sinnvolle Arbeit an "Perspektiven" für uns ALLE geben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Der Kopf...

von Reinhard Rodiger am 25.07.2016 um 17:03 Uhr

sollte zuerst benutzt werden,bevor man durch die Wand will.Wann endlich wird verstanden, dass die paradoxe Apothekenwelt aus mehreren , sich bis zur Agonie befeindenden Komponenten besteht. Wenn Hinweise auf sich verändernde Faktoren und die Schädlichkeit bestimmter Positionen aufgespießt wird, dann hat das nichts mit eindreschen zu tun. Formulieren wie "eindreschen" zeigen nur,dass ernste Auseinandersetzung nicht gewünscht ist.
DA gilt nur noch Ideologie und Polarisierung ohne Erkenntnisgewinn.
Es ist wenig konstruktiv, die Traditionalisten zugunsten einer bislang nirgends wirtschaftlich tragfähigen Handlungsweise zu diskreditieren.Denn bislang ist erfolgreiches "traditionelles" die Existenzgrundlage für die "neuen" Tätigkeitsbereiche.

Neu wäre die Akzeptanz einer über Versand hinausgehenden Basisversorgung, die die wichtigste Fehlerfilterung, Sicherheit, soziales und Arztentlastende Behandlung der "kleinen" Krankheiten einschließt. Doch das wird progressiv preisgegeben. Konkreter Ausdruck ist die stetige Margensenkung- in allen Ländern. Da wirkt der Ruf nach Finanzierung von möglicherweise spannenderen Taten fast schon zynisch. Denn sie erfolgt durch die Traditionalisten.

WEitere Ansätze können Sie in der genannten Blog-Debatte nachlesen.

ES gibt noch viel Stoff für die Grundsatzdebatte, die bislang immer ausgeklammert oder nur sehr einseitig begleitet wurde.
WArum sind die SVR-Gutachten unkommentiert und ohne Aktualisierungsforderung abgelegt worden? Warum überlassen wir die Arzneimittelmarktdebatte den
Krankenkassen? Wie wird das Runterwirtschaften der "öffentlichen" zugunsten anderer Tätigkeiten glaubwürdig.?

Der erste Schritt einer Reform besteht darin, die Grundlagen
gesprächsfähig zu machen und ohne Ideologiebremse auf eine gemeinsame Sicht hinarbeiten.

Solange das nicht geht.....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.