Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

11.09.2022, 06:49 Uhr

Was wird auf uns zukommen? und wann kommt endlich die elektronische Gesundheitskarte? (Foto: Alex Schelbert) 

Was wird auf uns zukommen? und wann kommt endlich die elektronische Gesundheitskarte? (Foto: Alex Schelbert) 


6. September 2022

Apothekenrechenzentren und -dienstleister: Im Norden eine Herzensangelegenheit – und im Süden? Da bebt die Erde. Bei Noventi, dem in München ansässigen Rechenzentrum und Dienstleister für Apotheken, gibt’s alles andere als Kontinuität: Das Unternehmen trennt sich von seinen beiden Vorständen Hermann Sommer und Victor Castro. Als Grund nennt Noventi „unüberbrückbare Differenzen bei Unternehmensführung und -strategie“. Der Aufsichtsrat hat eine Neuordnung der Führungsebene veranlasst. Mein liebes Tagebuch, diese Meldung mag dem einen oder der anderen einen kleinen Schauer über den Rücken laufen lassen. Was ist da los? Noch einen Tag zuvor setzte Noventi die Meldung ab, eine kräftige Preisanpassung nach oben zu planen. Apotheken, die ihre Rezepte mit Noventi abrechnen, müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Mein liebes Tagebuch, wenn man so einen Schritt vor der Expopharm macht, dann muss es wohl ernst sein mit der Finanzlage. Und der Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Pfennig schiebt nach: Hohe Kostensteigerungen, Inflation und die konjunkturelle Entwicklung würden „unverzüglich eine Fokussierung auf das stabile und gesunde Kerngeschäft“ und „auf ausgewählte Zukunftsprojekte“ erfordern. DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn, hat sich die Bilanz des Unternehmens mal näher betrachtet. Um es vorweg zu nehmen: Eine Parallele zu AvP ist hier nicht zu sehen, es geht nicht um die Sicherheit von Abrechnungsgeldern, so Müller-Bohn, sondern um die Rentabilität eines Rechenzentrums, das sein Geschäft an den harten Markt anpassen und hochfliegende Träume beerdigen muss: „Schuster bleib bei deinen Leisten.“ Ja, mein liebes Tagebuch, es waren wohl auch die Traumwelten bei Noventi, der Wunsch, nach immer mehr Wachstum, nach verlockenden Angeboten für Kunden z. B. bei Vorfinanzierungen – angesichts steigender Zinsen wird Noventi dies nicht mehr im Angebot haben. Das Unternehmen  muss da in Zukunft vorsichtiger sein. Auch das großspurige Ausgeben von enorm viel Geld für Marketing und Sponsoring passt nicht mehr zu einer zeitgemäßen Unternehmensstrategie. In Zukunft also eher Graubrot mit Butter und keine sahnegefüllten Windbeutel.

Die beiden neuen Vorstände Frank Steimel und Mark Böhm wenden sich bereits mit einem beruhigenden Brief an die Apotheken, der Tenor: Die Abrechnungsgelder sind sicher, keine hochfliegenden sommerlichen Marketing-Ideen, sondern Solidität, Verlässlichkeit und Orientierung auf die Apothekenkunden. Und, wichtig: Man fokussiere sich künftig auf das Kerngeschäft Rezeptabrechnung und Warenwirtschaft – und ausgewählte Zukunftsprojekte. Ist ja nett, aber um welche Zukunftsprojekte es sich da handelt, das ließen die beiden Neuen dann doch wieder offen. Ein bisschen mehr Offenheit wäre in dieser Situation angebracht – schafft einfach mehr Vertrauen.

 

Welches Standing haben wir Apothekers bei Politikern? Keins. Wir sind einfach nicht wichtig genug, dass man mit uns spricht, diskutiert und debattiert. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man erfährt, dass die gesundheitspolitische Diskussion beim diesjährigen Apothekertag ausfällt. Die angefragten Gesundheitspolitikerinnen und -politiker haben abgesagt, es gebe da leider Terminkollisionen, so der Grund für die Absage. Terminüberschneidungen mag es zwar immer mal geben, aber dass so gar nichts möglich ist… Und Lauterbach? Er steht noch auf der Gästeliste und wird wohl sein Grußwort zur Eröffnung halten. Eine großformatige Diskussionsrunde wird es aber auch mit ihm nicht geben. Letztlich hilft es da nicht viel, dass die ABDA die Absage der Bundestagsabgeordneten wieder als ein Schlag ins Gesicht der Apothekerschaft empfindet. Der wievielte Schlag ins Gesicht ist das eigentlich in der letzten Zeit? Mein liebes Tagebuch, irgendwie gelingt es unserer ABDA nicht wirklich, in den Dialog mit der Politik zu treten. Dabei wäre das gerade jetzt dringender denn je: Das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz und anstehende Reformen rufen nach einem Austausch mit der Politik, auch über sinkende Apothekenzahlen, Energiekrise, Inflation, Personalmangel und neue Aufgabengebiete. Und nicht zuletzt eine fehlende Anpassung unseres Honorars – aber da winken mittlerweile sogar unsere Standesvertreter ab: Kriegen wir nicht. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Verrat-Versagen-Schicksal

von Roland Mückschel am 11.09.2022 um 19:36 Uhr

Die Maske ist gefallen: Es ist Verrat.

Unsere Standesführung will im Einvernehmen mit
der Politik die Hälfte der Apotheken vernichten, die
meisten sind wichtige und unverzichtbare Säulen
der Flächenversorgung in unserem Land.

Wozu eigentlich? Wird's dann billiger mit der Arzneimittelversorgung?
Keinesfalls, ausländische Versender als warme
Plätze für ausrangierte Politiker( gell Herr Hennrich)
und Stärkung, eine völlig überflüssige Stärkung der
übrig gebliebenen Apotheken sind wohl das Ziel.

Es sind genau diese Apotheke die die Durchschnittsgewinne der Apotheken ins Absurde verzerren
und den Politikern die Rechtfertigung für ihre
Verweigerungshaltung liefern.
Das ist an grotesken und falschen Folgerungen nicht zu überbieten.
Es kann mir niemand sagen dass der Durchschnittspolitiker
die Schliessung dieser Versorger-Apotheken wünscht.

Wir brauchen bei den Vernünftigen eine Mehrheit für
eine höhere Honorierung der Anwesenheit vor Ort
und die menschliche Versorgung der Bevölkerung.
Das wäre mit einem höheren Zuschlag für Klein- und
Mittel-Apotheken unschwer zu erreichen.
Finanziert kann das über eine Minderhonorierung bei
grossen Stückzahlen erreicht werden.

Neuen Dienstleistungen sind nicht zielführend da zu gering
honoriert und zu arbeitsintensiv. Das wiederum soll
nur der Elite für die Bauchnabelschau dienen.

Frau O., diese Elite brauchen wir nicht.
Wir sind das schon, alle.

Vielen Dank auch Herrn Rodinger für seine verständliche
treffende Analyse.

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Aufgeben ist keine Führungsaufgabe

von Reinhard Rodiger am 11.09.2022 um 12:12 Uhr

Die Führung gibt auf bevor die eigentliche Schlacht begonnen hat.Liegt das daran, dass sie eher an Schlachten denkt? Mit einem gewissen Wohlgefallen.

Oder vielmehr an einem Mangel an Erkenntnis, was zu tun wäre? Wenn, ja wenn es tatsächlich um die Definition der Determinanten für Flächendeckung durch Kleinbetriebe ginge,
dann sind nicht die Nebelkerzen des Herrn Arnold gefragt.Was nützt der Hinweis,dass etwas entwickelt wird? Es ist schon starker Tobak, so zu tun als sei es erst mal gelaufen und eine bereits erwiesenermaßen erfolglose Methode des Verschiebens anzubieten. Und es stört anscheinend niemand.Und das, obwohl hier kampflos die Hälfte der Apotheken einfach aufgegeben wird.Gleiches gilt für die zwar wahren Aussprüche der Präsidentin, erreichen sie doch nicht die entscheidenden Ohren.Noch nicht mal das Tagebuch.Es war doch ein Bild einmaliger Zynik, gerade die zu ermuntern, die abgehängt werden sollen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Statt in Vorlage zu gehen.Deutlicher geht Verzicht auf Führung nicht.Das ist nicht delegierbar. Oder es ist sowieso nur die andere Hälfte gesehen worden.

Wer nicht hören will, muss fühlen.Heißt es so schön.Also warum nutzt Führung das nicht? Sagt doch die Politik allerorten, dass sie nicht zuhören will . Wo ist der Druck, dies zu erzwingen? Es geht um drohende gesellschaftliche Schäden, abgesehen von Existenzgefährdung. Nichts dazu richtig öffentlich.Vielleicht, weil die Hausaufgaben nicht gemacht wurden wie ja schon Herr Arnold unmissverständlich zu verstehen gibt.? Oder doch, weil es sowieso nur um die Nichtgefährdeten geht? Also stille Übereinstimmung mit der politischen Linie? Schweigen und Leisesein deuten darauf hin.Wo bleibt die Glaubwürdigkeit des Aufrufs, sich einzubringen? Für welche Ziele?
Für die Fortführung gescheiterter Vorhaben?
Oder
Für die Neuentdeckung sozial orientierter Flächendeckung?


Es wird überdeutlich, dass Aufgeben und Verschieben keine Führungsaufgabe ist und Präzisierung der wirklichen Absichten
Überfällig.

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Sinnlose Politik

von Karl Friedrich Müller am 11.09.2022 um 10:44 Uhr

Keine Politik zum Wohl des Volkes, sondern die der Lust an der Zerstörung, sowie fürs Klientel.
Alle, auch die vorigen. Nur wie schon unter Schröder, sind SPD Regierungen noch viel brutaler.
Siehe auch Verkauf der Bahn Tochter Schenker von Wissing

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Welpen und Rottweiler

von Dr. Radman am 11.09.2022 um 9:24 Uhr

So stelle ich mir die Gesetzgebungsverfahren im BMG vor: Herr Lauterbach läuft mit weiteren Staatssekretäre und Abteilungsleitern die Route des Gesetzes entlang, vom Entwurf bis zur Veröffentlichung im Bundesanzeiger:
Auf dem Weg trifft die Gruppe auf eine Gruppe Welpen, ( also Apothekers) die sehr aufgeregt und lautstark bellen, weil die Route über ihr Revier verläuft. Lauterbach kommentiert : ach ; sie sind aber niedlich! Was machen wir mit denen? Antwort vom Abteilungsleiter: nix, sie tuen nix. sie bellen nur, wahrscheinlich möchten sie nur spielen.
Die Gruppe geht weiter. Plötzlich trifft sie auf einen ausgewachsenen Rottweiler ( also die KV), er steht im Weg und fängt an zu knurren: Lauterbach: oj, oj, oj, der sieht aber gefährlich aus, bestimmt kommen wir an ihn nicht vorbei, was machen wir mit ihm?
Antwort Staatssekretär: na, besänftigen und die Route ändern, sonst kommen wir nicht dahin wo wir wollen. Und schwuppdiwupp wird die Route geändert!

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Kein Standing

von Torben Schreiner am 11.09.2022 um 8:50 Uhr

„Welches Standing haben wir Apothekers bei Politikern? Keins. Wir sind einfach nicht wichtig genug, dass man mit uns spricht, diskutiert und debattiert.“

Leider wahr.
Versuchen der Opposition anzubiedern!

Wenn Karl Lauterbach zum DAT kommt, geschlossen den Saal verlassen!
Einfach aufstehen und gehen. Besser als schreien oder schimpfen, das gefällt dem noch!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Kein Standing

von Conny am 11.09.2022 um 10:36 Uhr

Dies würden die devoten Delegierten nie machen.

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