Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.07.2022, 07:19 Uhr

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 

Keine gute Woche für den Bundesgesundheitsminister: Effizienzreserven bei Apotheken gibt es nicht. Und Zoff wegen Bürgertests ist vorprogrammiert. (Foto: Alex Schelbert) 


29. Juni 2020

„Effizienzreserven“ – ein Wort, das zum Reizwort für uns Apothekers geworden ist. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will nach Effizienzreserven bei Apotheken suchen lassen. Für ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ist die Sache klar: „Die Apotheken sind jetzt schon hoch effizient, da gibt es keine Effizienzreserven mehr“, erklärte sie in einer Stellungnahme und ergänzte: „An den Apotheken nun noch zusätzlich sparen zu wollen, ist dramatisch, es ist falsch und es ist unfair“. Die Apothekerschaft sei entsetzt, dass ausgerechnet sie herangezogen werden soll, um Finanzlöcher in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu stopfen. Sie stellte auch heraus, dass der Anteil der Apotheken an den Ausgaben der GKV in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken sei. Auch die Freie Apothekerschaft protestiert gegen die Lauterbachschen Pläne. Daniela Hänel, erste Vorsitzende dieses Verbands, weist in einem Schreiben an Lauterbach darauf hin, zunächst innerhalb der GKV nach Effizienzreserven zu suchen. Sie schlägt vor, die steigenden Kosten bei Verwaltung und Managergehälter inklusive Prämien, Werbeausgaben, Sponsoring von Sportgroßveranstaltungen auf den Prüfstand zu stellen. Mein liebes Tagebuch, gute Idee, dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist einfach absurd, bei Apotheken nach Einsparmöglichkeiten zu suchen – Lauterbach sollte besser überlegen, wie er bei seinem Finanzminister eine längst überfällige Anpassung des Apothekenhonorars durchsetzen kann.

 

Das Corona-Virus freut sich, es wird in Zukunft wohl weniger häufig entdeckt werden. Die neue Testverordnung, die ab 30. Juni 2022 gilt, bietet Bürgertests zu neuen Bedingungen, die vermutlich nicht unbedingt die Testbereitschaft stärken. Mit der neuen Coronavirus-Testverordnung gibt es zwar noch Bürgertests, aber die Bürger müssen dafür bezahlen. Nur ein bestimmter Kreis von Anspruchsberechtigten bekommt sie noch gratis. Alle anderen müssen mindestens 3 Euro Eigenbeteiligung bezahlen, wenn sie zu einer bestimmten Personengruppe gehören. Änderungen gibt es auch für diejenigen, die testen: Sie werden in Zukunft weniger vergütet bekommen. Dafür steigt der Kontrollaufwand. So ist das, mein liebes Tagebuch. Ob sich unser Land damit einen guten Dienst erweist, an den Bürgertests zu sparen? Für Apotheken, die unter den neuen Bedingungen noch Tests anbieten wollen, wird der Kontrollaufwand steigen. Vor allem: Wie lässt sich kontrollieren, was eigentlich nicht wirklich kontrollierbar ist? Zum Beispiel hat man Anspruch auf einen 3 Euro-Test, wenn man zu einer Person ab 60 Jahren oder einer Person mit einer Vorerkrankung mit einem hohen Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, am selben Tag Kontakt haben wird. Oder wenn man auf eine private Familienfeier geht oder aufs Volksfest? Lässt sich das zweifelsfrei nachweisen? Ein Riesenaufwand für – nur noch 7 Euro für den Abstrich und 2,50 Euro fürs Material. Mein liebes Tagebuch, da muss man hochmotiviert sein, um hier mitzumachen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

"Effizienzreserven"

von Thomas Beck am 03.07.2022 um 19:30 Uhr

Zitat:
Berlin. Der GKV-Spitzenverband hat gefordert, dass die Ampel-Koalition ihren Ankündigungen Taten folgen lässt und die Kassen entlastet. Ein Beispiel sind die GKV-Beiträge für Arbeitslosengeld-2-Empfänger. Es sei nicht Sache der Beitragszahler, Aufgaben des Staates zu finanzieren.

„Wir erwarten von der neuen Bundesregierung, dass der gesetzlichen Krankenversicherung die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, also insgesamt zehn Milliarden Euro mehr als bisher“, sagte die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, am Dienstag dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Quelle:
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Kassen-draengen-auf-Entlastung-bei-ALG-2-Beziehern-425804.html

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Bei den Tatsachen bleiben ...

von Reinhard Herzog am 03.07.2022 um 16:48 Uhr

... "Stattdessen will er bei Apotheken nach Effizienzreserven suchen, um die GKV zu entlasten. Er wird sie nicht finden, es gibt nämlich keine." ...

... so verabschiedet man sich ganz schnell aus einem rational-seriösen Diskurs. Es ist nämlich schlicht Unsinn.

Überall gibt es Effizienzreserven, und bei uns sogar außerordentlich viele!

Oder hält man etwa den ganzen Bürokratie-Overkill, das tägliche Klein-Klein für nichts und wieder nichts, das überbordende Retaxieren, das aufseiten der Apotheken mehr Kontrollaufwand erfordert, als es den Kassen einspielt, weiters so manch Lebenslügen und Kuriositäten des Apothekenlebens und und ...

... für wirklich effizient?

Ich behaupte:
Da schlummern ungeahnte Potenziale, wenn man mal richtig ausmistet. Das könnte eine Honorarerhöhung locker aufwiegen - und zudem den Apothekenbeschäftigten wieder ein gutes Stück weit ihre Freude am Beruf und auch ihre Würde (!) zurückgeben.

Denn genau diese Würde bleibt auf der Strecke, wenn man sich weiter zu Verwaltungs-Außenstellen machen lässt, ohne freilich die Vorteile eines Kassen-Verwaltungsangestellten zu genießen, sondern den Spaß an der Verwaltung aus eigener Tasche berappen darf - und nun zunehmend auch digital "versklavt" und verkauft wird. So wie es zurzeit läuft, schränkt die Digitalisierung unseren Handlungsspielraum nämlich nur noch weiter ein.

Denn: Alle Räder stehen still, wenn der Mikrochip es will - oder wenn man nicht tastendruckgenau nach dem Willen einer Software tanzt ...

Und das lässt sich nicht allein mit (Schmerzens-)Geld aufwiegen, da muss man strukturell ran.

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GKV hat kein Defizit

von Reinhard Rodiger am 03.07.2022 um 12:09 Uhr

Wann endlich kommt es zu einem konzeptionell sauberen Gegenangriff ? Ein Vorschlag:

Das GKV-Defizit ist der (vorgeschobene) Grund für die Suche nach Effizienzreserven. Doch dieses ist Resultat staatlicher Verantwortungsverschiebung.Politische Wunschleistungen (= versicherungsfremde Leistungen) werden über Beiträge zur GKV finanziert.Dies führt zu Verzerrung der Defizitursachen und ist eine ungerechte Verteilungspraxis.Das gilt zweiseitig, denn es werden nicht daran Beteiligte und die Versicherten betroffen.Es ist schlicht unehrlich,Nichtbetroffene(also hier Apotheken) belasten zu wollen und gleichzeitig vor allem die Haushalte mit einer geringeren ökonomischen Leistungsfähigkeit vermeidbar zu belasten.Das System wird gerechter, wenn Kosten dem Verursacher zugeordnet werden.
Dann hat die GKV kein Defizit.Im Gegenteil entfallen bis zu 56 Mrd.€ .Der Effizienzdruck liegt beim Staat.

Rückführung der versicherungsfremden Leistungen in die Steuerfinanzierung führt also zur Entlastung der Apotheken und weiter Bevölkerungsteile.Für letztere wird eine Beitragsreduzierung von 2,2 % geschätzt.

Gleichzeitig wird überzeugend deutlich, welch irreführende Praxis Taktgeber politischer Forderungen ist.Sie führt zur Fehlorientierung der Ressourcen, indem mit vordergründigen Argumenten die falschen Konsequenzen gezogen werden.

Es geht um die Rückführung des Staates zu seiner eigentlichen Verantwortung, seine sozialen Wünsche in seinen Zuständigkeitsbereich zurück zu holen.

Dankenswerter Weise ist diese Verantwortungslosigkeit ein hervorragender Konzeptansatz.

Fazit: Es gibt Möglichkeiten, die Debatte offensiv zu gestalten, ohne zu sehr auf Befindlichkeiten einzugehen, die letztlich niemand interessieren.Mit diesem Ansatz sind weite kreise einbezogen und motivierbar. Warum nicht?



(Quelle:WIG2/ im Auftrag der privaten KK)
Versicherungsfremde Leistungen:
-beitragsfreie Mitversicherung 36 Mrd
-ALGII 6 "
-Schwangerschaft und Mutterschaft 5 "
-Sonstige 9 "

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Relevant? Nö !

von Ulrich Ströh am 03.07.2022 um 9:06 Uhr

Die aktuelle Misere mit Lauterbach und unsere Nichtwahrnehmung als Heilberuf ist eine Quittung der jahrelangen ,missratenen Kommunikationsstrategie der ABDA.

Wer sich nicht deutlich in der Vergangenheit zu Wort gemeldet
hat, wird jetzt auch nicht als relevant betrachtet…

Und jetzt wie die ABDA von -unfair - zu sprechen, interessiert keinen in der Politik .

Ärzte sind da einfach besser in der Kommunikation.
Und erreichen mehr.

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AW: Relevant? N

von Dr.Diefenbach am 03.07.2022 um 9:52 Uhr

.....stimmt wie fast immer.ODER hat irgendjemand was von den Aktivitäten des Herrn Dr. Kern gehört?
Es wird dauernd nur verbreitet, wie effizient die Strategien sind und und erfolgreich die PR sein soll.Bloss kommt
sie wohl an einer falschen Stelle zum Tragen!Und wenn man einen solchen Minister wie Herrn Lauterbach
derart ungehemmt reden lässt, dann spricht es leider für die völlig falsche Zurückhaltung in der Aussendarstellung.
Das ist das Gleiche mit der Auseinandersetzung mit einigen Ärzteverbänden, wo man sich zu vornehm ist,
auf ungerechtfertigte!!! Aussagen auch mal deutlich zu reagieren.Empörung nach Innen:Ganz nett, aber ansonsten
ein Rohrkrepierer...

.

von Beldowitz am 03.07.2022 um 9:01 Uhr

Der Staat übernimmt bei Personen, die nicht durch eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung selbst in die Solidargemeinschaft einzahlen, nur ca 40% der tatsächlich entstehenden Kosten. Hinzu kommen noch die Personen der kostenlosen Famileinversicherung. Wir reden hier von einer Unterdeckung im zweistelligen Milliardenbereich, Tendenz jährlich steigend durch stetigen Zuwachs in diesen Gruppen.

Wann geht die Politik dieses offensichtliche Problem an?

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