Gastkommentar

Novellierung der Approbationsordnung – ein Durchbruch?

25.05.2022, 07:00 Uhr

Was erwartet die künftigen Pharmaziestudierenden? (Foto: Christian / AdobeStock)

Was erwartet die künftigen Pharmaziestudierenden? (Foto: Christian / AdobeStock)


Die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer (BAK) hat vor einigen Tagen das Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker beschlossen. Damit enden der Positionierungsprozess und die Arbeit des Runden Tisches der BAK. Viele waren beteiligt; besonders die Professor*innen und die Standesvertretung haben Einfluss auf das Papier genommen. Es könnten also alle mit dem zufrieden sein, was nun in dem Positionspapier steht. Oder? Ein Gastkommentar von Ilias Essaida, dem ehemaligen Beauftragten für Gesundheitspolitik des BPhD. 

Doch eine nicht zu unterschätzende Gruppe hat das Papier noch nicht abschließend abgesegnet: die Studierenden. Das Papier steht auf der Tagesordnung der 132. Bundesverbandstagung des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden e. V. (BPhD), die am Himmelfahrtswochende in Leipzig stattfindet. Und es ist nicht damit zu rechnen, dass es sich der BPhD mit dieser Entscheidung leicht machen wird. 

Keine leichte Entscheidung 

Dass am Runden Tisch besonders die Professor*innen stark vertreten waren, wird bei der Schwerpunktsetzung des Papiers besonders deutlich.

Die Studierenden von heute müssen entscheiden, ob sie diese Änderungsvorschläge der BAK am Pharmaziestudium mittragen wollen. Sie müssen entscheiden, ob sie die Zukunft des Pharmaziestudiums genauso vollgepackt sehen und den Druck auf die nachfolgenden Generationen weiter erhöhen wollen, so wie es das Positionspapier vorsieht. 

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Von einer Entlastung – wie sie sich die Studierenden gewünscht haben – ist nichts mehr übriggeblieben. Im Gegenteil: Sollte das Positionspapier, so unwahrscheinlich es auch ist, genauso durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) umgesetzt werden, hätte das eine unverhältnismäßige Mehrbelastung der Studierenden zur Folge. Der BPhD hatte ursprünglich gefordert, das zusätzliche neunte und zehnte Semester zur Entzerrung und Vertiefung des Selbststudiums zu nutzen.

Einzug der Wissenschaftlichkeit? 

Zu begrüßen ist, dass das wissenschaftliche Arbeiten durch eine eigenständige Forschungsarbeit vertieft werden soll. Das Anfertigen einer Arbeit und der damit verbundene Wegfall des Wahlpflichtfaches könnte die Studierenden besser auf spätere Tätigkeiten in der Forschung oder der Industrie vorbereiten. Allzu häufig wird leider vergessen, dass das Pharmaziestudium nicht nur ein „Apotheken-Vorbereitungskurs“ ist. Wie es die Studierenden jedoch schaffen sollen, eine Arbeit im Umfang einer Masterarbeit zu schreiben, während sie sich auf das zweite Staatsexamen vorbereiten, bleibt ein Rätsel. Ebenfalls ist die konkrete Umsetzung der wissenschaftlichen Arbeit in die Praxis noch zu klären.

Verpasste Chancen

Die Anpassung der Lehrinhalte an den aktuellen Stand der Wissenschaft ist leider nicht vollständig gelungen. Es ist sehr zu begrüßen, dass die zwei zusätzlichen Hochschulsemester dazu genutzt werden sollen, die Klinische Pharmazie und die Pharmakologie weiter auszubauen. Der richtige und sinnvolle Schritt in die Zukunft. Die große Chance, obsolete Inhalte aus dem Studium zu streichen, wird nicht ergriffen. 

Verpasst wurde auch die Chance, zu fordern, dass Lehrinhalte ähnlich der Regelung in der Medizin direkt mit der Approbationsordnung verwoben werden. Damit wären zukünftige, punktuelle Änderungen einfach vorzunehmen, ohne gleich einen ausufernden Novellierungsprozess anzustoßen. Die Forderung nach einem Nationalen Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie (NKLP) findet sich zwar in dem Papier, die Verknüpfung dessen mit der Approbationsordnung fehlt jedoch.

Fazit 

Selbst mit bestem Willen fällt es schwer, bei diesem Papier von einem „großen Wurf“ zu sprechen. Es wirkt, als habe der Runde Tisch einen Kompromiss durch das Zusammenfassen der Forderungen aller beteiligten Parteien erreichen wollen. Nur ist dies eben kein Kompromiss. Es fehlt an einer gemeinsamen Idee, wohin es mit dem Studium gehen soll. Immer mehr Anteile an der Lehre zu fordern, kann langfristig keine Strategie sein, ein Studium an die sich wandelnden Anforderungen und die sich verändernden wissenschaftlichen Schwerpunktsetzungen anzupassen. Neuerung bedeutet auch, dass alte Inhalte an Relevanz verlieren und Platz machen müssen.

Der BPhD hat nun diese Woche die Aufgabe sich zu entscheiden: Stimmen die Studierenden einem Entwurf zu, der in dieser Form mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht umgesetzt wird und das Pharmaziestudium zu einem Studium macht, das nur mit einer noch größeren Stressresistenz als ohnehin schon durchstehbar ist. Oder legen sie mehr Wert auf ein austariertes Studium, dessen Inhalte nicht über der noch höher werdenden Stundenbelastung nach dem Semester sofort wieder vergessen werden?

Die Entscheidung wird nicht einfach.

Ilias Essaida (Foto: BPhD) 

Ilias Essaida studiert Pharmazie in Berlin und war bis Ende 2020 Beauftragter für Gesundheitspolitik des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden in Deutschland.



Ilias Essaida, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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