Neuerung zum 1. Juni 2022

Neue Vorgabe für ethanolhaltige Rezepturen

Berlin - 24.05.2022, 10:45 Uhr

Wenn  Ethanol in Zubereitungen zum Einnehmen verarbeitet wird, müssen die jeweiligen Rezepturarzneimittel demnächst mit einem Hinweis „enthält … mg Alkohol (Ethanol) pro Dosiereinheit/Dosiervolumen“ versehen werden. (Foto: Schelbert)

Wenn  Ethanol in Zubereitungen zum Einnehmen verarbeitet wird, müssen die jeweiligen Rezepturarzneimittel demnächst mit einem Hinweis „enthält … mg Alkohol (Ethanol) pro Dosiereinheit/Dosiervolumen versehen werden. (Foto: Schelbert)


Zum 1. Juni ändern sich die Vorgaben für von Apotheken angefertigte ethanolhaltige Rezepturarzneimittel zur Einnahme oder zur Anwendung als Mund- und Rachendesinfektionsmittel. Die bisherigen Vorgaben der Arzneimittel-Warnhinweisverordnung entfallen und werden kompensiert durch eine neue Regelung in der Apothekenbetriebsordnung.

Die Arzneimittel-Warnhinweisverordnung regelt bisher national die Aufbringung eines Warnhinweises, sofern Arzneimittel die Stoffe Ethanol (ab einer Menge von mindestens 0,05 g pro Einzelgabe) zur inneren Anwendung bei Menschen oder Tartrazin zur Anwendung bei Menschen enthalten. So muss etwa bei Arzneimitteln, die in der maximalen Einzelgabe nach der Dosierungsanleitung 0,05 g bis 0,5 g Ethanol enthalten, folgender Warnhinweis angebracht sein: „Enthält ... Vol.-% Alkohol“. 

Die Arzneimittelzulassung erfolgt heute jedoch vorwiegend über zentrale Verfahren durch die Europäische Kommission sowie dezentralisierte Zulassungsverfahren (DC-Verfahren) oder über das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MR-Verfahren). Im zentralen Verfahren werden die Texte der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der Behältnisse und äußeren Umhüllungen einheitlich für die Europäische Union festgelegt. Auch im DC-Verfahren und im MR-Verfahren werden die Zulassungsinhalte und damit auch die Texte der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der Behältnisse und äußeren Umhüllungen auf EU-Ebene festgelegt. Texte, die aufgrund von sonstigen Bestandteilen eines Arzneimittels aufzunehmen sind, werden europäisch einheitlich über die Guideline on „Excipients in the labelling and package leaflet of medicinal products for human use“ – Excipients Guideline festgelegt.

Übergangsfristen für den Abverkauf

Die derzeit noch gültige Arzneimittel-Warnhinweisverordnung weicht allerdings in einigen Punkten von der Excipients Guideline ab und entspricht damit nicht mehr dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse – so bei Ethanol. Die Excipients Guideline soll daher künftig auch für rein national zugelassene Arzneimittel gelten. Die Warnhinweisverordnung ist damit obsolet. Allerdings wird sie nicht einfach aufgehoben, wie noch im vergangenen Sommer vom Bundesgesundheitsministerium vorgesehen. Vielmehr tritt zum 1. Juni eine geänderte Verordnung in Kraft, in der ihre bisherigen sechs Paragrafen auf nur noch drei reduziert werden: zwei Übergangsregelungen für das Inverkehrbringen und den Abverkauf von Fertigarzneimitteln beziehungsweise Defekturen sowie eine Regelung zum Außerkrafttreten.

Demnach dürfen Fertigarzneimittel, die am Tag vor dem Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung (31. Mai 2022) mit einem Warnhinweis nach den Vorschriften der Arzneimittelwarnhinweisverordnung versehen sind, noch bis einschließlich zum 30. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden. Großhändler und Apotheken dürfen Arzneimittel auch noch nach dem 30. Juni 2025 in den Verkehr bringen. Defekturarzneimittel, die am 1. Juni 2022 noch mit dem Warnhinweis nach alten Vorschriften versehen sind, dürfen mit diesem Warnhinweis noch bis einschließlich zum 30. Juni 2023 von Apotheken in den Verkehr gebracht werden.

Ergänzung der Apothekenbetriebsordnung

Um den Wegfall der sich bisher aus der Warnhinweisverordnung ergebenden Verpflichtungen zur Angabe der Konzentration von Ethanol bei der Kennzeichnung von Rezepturarzneimitteln zu kompensieren, erhält die Apothekenbetriebsordnung Zuwachs. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 ApBetrO müssen künftig Rezepturarzneimittel auf den Behältnissen und, soweit verwendet, den äußeren Umhüllungen, unter anderem folgende Angaben aufweisen: Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile nach der Art, sowie Angaben zur Konzentration oder zur Menge des sonstigen Bestandteils, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist

Der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ergibt sich aus der Besonderheitenliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Diese enthält unter anderem die Bestimmungen der Excipients Guideline. Aus diesem Dokument lassen sich die Stoffe entnehmen, bei deren Verwendung eine Konzentrations- oder Mengenangabe auf dem Behältnis oder der äußeren Umhüllung geboten ist. Wie es in der Begründung der Änderungsverordnung heißt, sollen sich die Angaben zur Konzentration oder Menge an den Formulierungen orientieren, die die Besonderheitenliste für das Behältnis und die äußere Umhüllung vorgibt.

Damit ändert sich in der Rezeptur nicht allzu viel. Ethanolhaltige Zubereitungen zum Einnehmen werden zukünftig mit einem Hinweis „enthält … mg Alkohol (Ethanol) pro Dosiereinheit/Dosiervolumen versehen. 

Die Verordnungsbegründung weist zudem darauf hin, dass bei der Abgabe eines Rezepturarzneimittels im Rahmen der allgemeinen Informations- und Beratungspflicht (§ 20 ApBetrO) weitere, ausführlichere (mündliche oder schriftliche) Hinweise, wie sie auch in der Packungsbeilage entsprechender Fertigarzneimittel vorgesehen sind, gegeben werden können

Kurz nach dem Inkrafttreten der Änderungsverordnung am 1. Juni soll eine gemeinsame Bekanntmachung des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Sie wird für Arzneimittel im Zuständigkeitsbereich des PEI auf die Excipients Guideline und für Arzneimittel im Zuständigkeitsbereich des BfArM auf die Excipients Guideline und die Besonderheitenliste des BfArM verweisen – diese geben dann den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse wieder.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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