Pflegebonusgesetz

Bundestag gibt grünes Licht für regelhafte Grippeimpfungen in den Apotheken

Berlin - 19.05.2022, 19:10 Uhr

Der Bundestag macht den Weg frei für regelhafte Grippe-Impfangebote in den Apotheken. (b/Foto: IMAGO / Political-Moments)

Der Bundestag macht den Weg frei für regelhafte Grippe-Impfangebote in den Apotheken. (b/Foto: IMAGO / Political-Moments)


Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Donnerstagabend das Pflegebonusgesetz verabschiedet. Damit macht er auch den Weg frei für die Grippeimpfung in der Apotheke – sie wird nun Teil der Regelversorgung und damit unabhängig von Modellprojekten bundesweit möglich.

Impfen in der Apotheke – bei diesem Thema geht den ärztlichen Standesvertreter:innen der Hut hoch. Seit Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem im Jahr 2020 in Kraft getretenen Masernschutzgesetz die Tür geöffnet hatte für Modellprojekte zur Grippeimpfung in den Apotheken, ließen sie keine Gelegenheit aus, dagegen zu protestieren. Doch ihre Argumente stachen offenbar nicht – jetzt überführt der Gesetzgeber sie in die Regelversorgung.

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Am heutigen Donnerstagnachmittag beschloss der Deutsche Bundestag das Pflegebonusgesetz. Kern des Gesetzes ist, wie der Name vermuten lässt, eine Prämienzahlung an Pflegekräfte. Insgesamt 1 Milliarde Euro soll dafür aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt werden. Zudem schleusten SPD, Grüne und FDP im April per Änderungsantrag einen Passus ein, der es Apotheken dauerhaft unabhängig von Modellprojekten ermöglicht, Menschen gegen Grippe zu impfen.

DAV und GKV sollen Vergütung aushandeln

Mit dem Änderungsgesetz wird nun unter anderem die einschlägige Vorschrift im Sozialgesetzbuch V angepasst. In § 132e wird ein neuer Absatz 1a eingefügt, der den GKV-Spitzenverband verpflichtet, im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung einen Vertrag mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV) auszuhandeln, der insbesondere die Vergütung und Abrechnung der apothekerlichen Leistungen enthalten soll. Dafür haben die Vertragspartner zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit – kommen sie zu keiner Einigung, muss die Schiedsstelle ran und innerhalb eines Monats eine Entscheidung fällen. Noch laufende Modellprojekte sind innerhalb von neun Monaten, nachdem ein Vertrag oder ein Schiedsspruch zustande gekommen ist, zu beenden (§ 132j neuer Absatz 8).

Klar ist: Für die Beschaffung der Grippeimpfstoffe erhalten die Apotheken 1 Euro je Einzeldosis plus Umsatzsteuer. Darüber hinaus soll es mit den Bestellungen der Apotheken übrigens ebenso laufen wie mit denen der Ärzte. Das heißt: Der DAV meldet künftig bis zum 15. Januar eines Kalenderjahres den Bedarf an saisonalen Grippeimpfstoffen auf Grundlage der durch die Apotheken geplanten Bestellungen an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das PEI wiederum prüft dann bis zum 15. März diesen übermittelten Bedarf unter Berücksichtigung einer zusätzlichen Reserve von 10 Prozent, indem es ihn mit den von den Impfstoffherstellern mitgeteilten Daten zu Absatzmenge und Verschreibungsvolumen vergleicht.

BAK und BÄK sollen Curriculum erarbeiten

Auch das Infektionsschutzgesetz erhält ein Update: Es enthält künftig die Vorgaben zur ärztlichen Schulung der impfenden Apotheker:innen. Die Bundesapothekerkammer (BAK) soll auf Basis des Curriculums für Grippeimpfungen in Modellprojekten die Vorgaben für die Schulung gemeinsam mit der Bundesärztekammer (BÄK) erarbeiten. Dafür setzt der Gesetzgeber eine Frist bis einen Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes.

Das Apothekengesetz wird ebenfalls fit gemacht für die neue Aufgabe, die Apotheken übernehmen sollen. Wichtig dabei: Im überarbeiteten Änderungsantrag von SPD, Grünen und FDP weiten die Ampel-Partner das sogenannte Bevorzugungsverbot (§ 10 ApoG) auf anzuwendende Arzneimittel aus. Dieser Paragraf verbietet es Apotheker:innen, sich zu verpflichten, bestimmte Arzneimittel „ausschließlich oder bevorzugt anzubieten (neu hinzukommt: anzuwenden) oder abzugeben oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller oder Händler oder von Gruppen von solchen zu beschränken“.

Umfangreiche Anpassungen an der Apothekenbetriebsordnung

Bemerkenswert sind aber vor allem die umfangreichen Änderungen an der Apothekenbetriebsordnung. Detailliert schreibt diese künftig vor, welche Pflichten dem Apothekenleiter obliegen, wenn in seinem Betrieb gegen Grippe geimpft wird. So hat er zum Beispiel sicherzustellen, dass geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, der oder die impfende Apotheker:in ordnungsgemäß geschult ist und für seine Apotheke eine Betriebshaftpflichtversicherung besteht, die mögliche Schädigungen aus der Durchführung der Grippeschutzimpfung abdeckt.

Was gilt für Apotheken, die schon impfen?

Apotheker:innen, die bereits für die Durchführung von Grippe- oder COVID-19-Impfungen ärztlich geschult sind, müssen sich nicht erneut schulen lassen, um regelhaft gegen Grippe zu impfen (IfSG § 20c (neu)). Apothekenleiter, die bereits vor dem Inkrafttreten des Pflegebonusgesetzes in ihrem Betrieb gegen Grippe haben impfen lassen und dies auch weiterhin tun wollen, haben dies ihrer zuständigen Behörde bis einen Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes anzuzeigen (ApBetrO § 37 Absatz 3 (neu)). Alle anderen müssen dies spätestens eine Woche vor Beginn des Impfangebots tun (ApBetrO § 2 Absatz 3a Satz 2 (neu)).

Zudem finden sich in der Apothekenbetriebsordnung künftig konkrete Vorgaben zu den nötigen Festlegungen im Qualitätsmanagementsystem der Apotheke, die Anforderungen an das Personal und die Räumlichkeiten, die Aufklärung und Anamnese sowie die Dokumentation der Impfungen.

Auch Apotheken in Thüringen dürfen Grippeimpfung anbieten

In der Begründung findet sich übrigens ein Passus, in dem es heißt, die Durchführung der Schutzimpfung sei „nur gestattet, sofern das Berufsrecht dem nicht entgegensteht. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen in den jeweiligen Berufsordnungen der Apothekerkammern.“ Nach aktuellem Stand beträfe dies nur die Landesapothekerkammer Thüringen. Nach Einschätzung von LAKT-Geschäftsführer Danny Neidel hätte der Gesetzgeber dies allerdings direkt im Gesetzestext schreiben müssen, damit die entsprechende Formulierung tatsächlich eine Wirkung entfaltet. Das hat die Ampel nicht getan – somit steht Neidel zufolge auch in Thüringen der Grippeimpfung in den Apotheken nichts mehr im Weg, auch ohne eine Anpassung der Berufsordnung.

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Für das Pflegebonusgesetz votierten die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU und AfD, die Linke enthielt sich. Es tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die Zustimmung des Bundesrats ist nicht erforderlich.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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