Retaxfall

Festbetrag bei Sprechstundenbedarf: Arzt trägt die Mehrkosten

Köln - 18.05.2022, 13:45 Uhr

Im Sprechstundenbedarf können manche Präparate verschrieben werden, die sonst nicht erstattungsfähig sind, zum Beispiel Iodsalbe. (s / Foto: PHILETDOM/AdobeStock)

Im Sprechstundenbedarf können manche Präparate verschrieben werden, die sonst nicht erstattungsfähig sind, zum Beispiel Iodsalbe. (s / Foto: PHILETDOM/AdobeStock)


Vorsicht Festbetrag!

Ein genauer Blick in die Lauer-Taxe und die Preisgestaltung der abgegebenen Salbe verrät, warum die Kasse den Abgabepreis gekürzt hat. Es wurde nicht auf den Preis eines günstigen Generikums oder einer Großpackung retaxiert, sondern auf den maximalen Betrag, den die Krankenkassen für dieses Arzneimittel bezahlen – den Festbetrag –, gekürzt.

Für Betaisodona-Salbe besteht ein Festbetrag von 4,34 Euro. Die Kasse erstattet also nur viermal diesen Festbetrag (4 x 4,34 € = 17,36 Euro).

Der von der Kasse retaxierte Betrag in Höhe von 12,25 Euro ergibt sich aus der Differenz zwischen Festbetrag und abgerechnetem VK-Preis unter Einbeziehung der Apothekenrabatte:

30,24 Euro – 17,36 Euro – (1,51 Euro – 0,88 Euro) = 12,25 Euro

Somit erstattet die Kasse vier kleine Packungen der verordneten Betaisodona-Salbe zum Festbetrag.

Auch bei SSB-Verordnungen: Festbeträge beachten!

Auch bei Verordnungen von SSB sind Festbetragsregelungen zu beachten. Falls der Arzt dennoch ein Arzneimittel verordnet, dessen Apothekenverkaufspreis über dem Festbetrag liegt, bezahlt die Krankenkasse ausschließlich die Kosten für den Festbetrag.  


(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.“

§ 12 Abs. 2 SGB V


Die entstehenden Mehrkosten muss der Arzt in einem solchen Fall selbst übernehmen. Es sollte also nicht versäumt werden, dem Arzt auch bei einer SSB-Verordnung eine zusätzliche Rechnung über möglicherweise anfallende Festbetragszuzahlungen zu stellen.



Heike Warmers, Apothekerin, DeutschesApothekenPortal
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Festbetragsregelungen beachten!

Retaxfalle Sprechstundenbedarf

Retaxierung einer unwirtschaftlichen Versorgung?

Problem Sprechstundenbedarf

Vorgaben zur Prüfpflicht berücksichtigen

Achtung, ein Impfstoff!

Mehrkosten bei Lieferproblemen gehen zulasten des Patienten

Defekt führt zu Aufzahlung

Sprechstundenbedarf-Rezept wegen fehlender Stärke und Arztnummer retaxiert

Absetzung trotz Absprache

Streit um die Botendienstvergütung bei Akutversorgung

Wer zahlt den Boten?

Vorbestellungsfrist auf 30. April verschoben – Kassen wollen Arzt-Regresse beschränken

Rheinland-Pfalz regelt Grippeimpfstoffversorgung

Defekt einer verordneten Packungsgröße

SG Aachen: Abgegebene N-Größe für Zuzahlung maßgeblich

2 Kommentare

Klinikpackung kein Sprechstundenbedarf

von Sonja Kirchner am 22.05.2022 um 13:46 Uhr

"...zu ersetzen, sind Groß-, Klinik- oder Bündelpackungen zu verordnen..."

Klinikpackungen sind nicht über den Sprechstundenbedarf bestellbar.
Zumindest ist das in Bayern die Regelung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Kulanz

von Michael Reinhold am 19.05.2022 um 7:06 Uhr

Diese Sache, dass es den Ärzten gar nicht bewusst ist, dass Arzneimittel über dem Festbetrag im Sprechstundenbedarf nicht erstattet werden, könnte ursächlich sogar bei uns Apothekern zu suchen sein:
In vielen Apotheken ist es ja üblich, dass die Apotheke die Kosten über dem Festbetrag übernimmt - einfach, um den Arzt nicht zu verprellen oder zu verärgern.

Diese Kulanz kann uns bei teueren Arzneimitteln durchaus in der Zukunft auf die Füße fallen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.