Interview mit Dirk Heidenblut (SPD)

„Ich halte es nicht für gesetzt, dass sich beim Fixhonorar nichts tun wird“

Berlin - 09.05.2022, 07:00 Uhr

SPD-Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut sprach mit der DAZ über seine Vorstellungen zur Stärkung der Apotheke vor Ort. (b/Foto: IMAGO / Sven Simon)

SPD-Gesundheitspolitiker Dirk Heidenblut sprach mit der DAZ über seine Vorstellungen zur Stärkung der Apotheke vor Ort. (b/Foto: IMAGO / Sven Simon)


Cannabis-Freigabe: Versandapotheken sind raus

Der Bundesgesundheitsminister hat nun eine Digitalisierungsstrategie angekündigt – wie wichtig ist dieses Thema für Sie? Und wie stehen Sie zum E-Rezept?

Ich war zuvor acht Jahre lang Berichterstatter für Digitalisierung. Insofern ist das für mich ein zentrales und wichtiges Thema. Ich bedauere auch, dass wir beim E-Rezept nicht vernünftig vorankommen – denn das müssen wir. Wichtig ist, dass wir hier ein System finden, das am Ende nicht die Vor-Ort-Apotheke abhängt. Einige Sicherungen haben wir dafür schon ins Gesetz eingebaut, nun haben wir die Gelegenheit, darüber nochmals ausführlicher zu sprechen. Ich bin zuversichtlich, dass wir vorankommen. Abseits dieser Detailfragen, die schon angestoßen sind und nun weiter verfolgt werden müssen, müssen wir das Thema der Digitalisierung auch strategisch ausrichten. Bei dem, was der Bundesgesundheitsminister angesprochen hat, geht es aus meiner Sicht darum, klarzustellen, was die Patientinnen und Patienten letztlich von der Digitalisierung haben. Das konnten wir mit dem letzten Koalitionspartner so nicht erreichen. Wir müssen also etwas hinbekommen, das für die Patienten einen Mehrwert hat und genauso bei den Leistungserbringern akzeptiert und als Mehrwert erkannt wird. Ich glaube, dass sich gerade die Einstellung vieler Leistungserbringer positiv ändert.

Digitale Arztpraxen, oft im Ausland ansässig, ermöglichen in Zusammenarbeit mit Online-Arzneimittelversendern die unkomplizierte „Bestellung“ von Rx-Arzneien per Fragebogen. Die Verordnungen von Viagra und Co., aber auch Antibiotika, entziehen sich jeglicher heilberuflichen Kontrolle.  Ist dieses Problem bekannt und, wenn ja, gibt es Pläne dagegen vorzugehen?

Ich denke, das müssten wir europarechtlich lösen. Ohne weiteres können wir solche Privatbestellungen im Ausland gar nicht selbst regeln. Wir wissen es ja von der Regulierung des Arzneimittelversands aus dem Ausland – das ist gar nicht so einfach. Was wir möglicherweise regeln können, ist, ob die Kassen so etwas finanzieren. Europäische Bestrebungen in dieser Frage sind mir allerdings auch nicht bekannt.

Die Ampel will Cannabis zum Freizeitkonsum freigeben. Sehen Sie Apotheken als potenzielle Abgabestellen?

Ja, aber nicht als ausschließliche. Die SPD wollte zwar erst einmal Modellprojekte, bei denen die Entkriminalisierung im Fokus stand. Nun ist aber die Abgabe über lizenzierte Fachgeschäfte vorgesehen. Ich persönlich könnte mir gut vorstellen, dass Apothekerinnen und Apotheker, die das wollen, eine solche Lizenz bekommen können – wobei ich weiß, dass viele das gar nicht möchten. Wenn es nach mir geht, kann es dann auch für die Apotheken ein einfaches Verfahren geben – die Fachkunde ist bei ihnen aus meiner Sicht gegeben.

Sollten auch Versandapotheken Cannabis zum Freizeitkonsum abgeben?

Das halte ich für unwahrscheinlich, weil wir ein persönliches Abgabesystem wollen. Damit sind die Versandapotheken raus.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

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von Anita Peter am 09.05.2022 um 8:30 Uhr

"Ich denke, das müssten wir europarechtlich lösen. Ohne weiteres können wir solche Privatbestellungen im Ausland gar nicht selbst regeln"

Zu Satz 1: Dann wird es nie eine Lösung geben.

Zu Satz 2: Natürlich, mit einem RXVV

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