Neuer Zeitplan angekündigt

Alle vier Werktage 1.000 neue E-Rezepte

Rostock - 05.05.2022, 15:15 Uhr

Hannes Neumann, Produktmanager der Gematik für das E-Rezept, beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern in Rostock. (s / Foto: DAZ / Müller-Bohn)

Hannes Neumann, Produktmanager der Gematik für das E-Rezept, beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern in Rostock. (s / Foto: DAZ / Müller-Bohn)


Die derzeitige Testphase beim E-Rezept kommt gut voran und der Rollout wird stattfinden. Das war die zentrale Botschaft des Produktmanagers der Gematik für das E-Rezept, Hannes Neumann, beim Wirtschaftsseminar in Rostock. Schon in der kommenden Woche soll der weitere Zeitplan festgelegt werden. Dann soll es auch eine kartenbasierte Apothekensuche in der Gematik-App geben.

Das E-Rezept war das Schwerpunktthema beim Wirtschaftsseminar des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern am gestrigen Mittwoch in Rostock. Hannes Neumann, Produktmanager E-Rezept der Gematik, wirkte zufrieden bei seinem Bericht über die laufende Testphase. Sie habe die Grundregel: „Jeder, der kann, soll testen.“ Es sei gut, dass dies ohne regionale Beschränkungen gelte. 

Bis zum 4. Mai habe die Gematik 13.167 belieferte E-Rezepte erfasst. Derzeit seien es etwa 1.000 E-Rezepte in vier Werktagen. Es zeichne sich ab, dass nach 30.000 Rezepten der Erkenntnisgewinn abnehmen werde. Die Strukturen zum Umgang mit Auffälligkeiten seien nun etabliert. Neumann erklärte, alle Krankenkassen seien beteiligt und etwa zwei Drittel von ihnen hätten schon E-Rezepte abgerechnet. Unter den beteiligten Heilberuflern seien besonders viele Zahnärzte: Etwa 22.000 Zahnarztpraxen seien dabei. Bei den Arztpraxen seien es aber noch weniger als 15 Prozent. Etwa 9.000 Apotheken seien technisch für E-Rezepte ausgerüstet, aber nur etwa ein Viertel aller Apotheken habe sich selbst bereits als „ready“ eingestuft. Dazu gehöre auch die Schulung des Personals. 

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Auch die bisher noch nicht einsatzbereiten Apothekensoftwareanbieter kämen noch im Mai hinzu oder seien gerade bei den entscheidenden Kommunikationsschritten. Bis zum Ende des Quartals sollten 90 bis 100 Prozent der Apotheken abgedeckt sein, erwartet Neumann. Der aktuelle Stand zur Selbstauskunft aller Beteiligten können jederzeit bei ti-score.de verfolgt werden. Zudem empfahl Neumann den Apothekern und ihren Teams, sich anhand der online verfügbaren Materialien und Checklisten für Apotheken zu informieren.

Erfolgreiche Tests

Die meisten E-Rezepte seien in Schleswig-Holstein, Leipzig, Dortmund und einigen Bereichen Baden-Württembergs ausgestellt worden. Neumann versicherte, dass viele beteiligt seien und nicht etwa nur wenige Ärzte und Apotheken jeweils sehr viele E-Rezepte bearbeiten. Neumann bestätigte, dass die Testphase zu wichtigen Ergebnissen und entsprechenden Korrekturen geführt habe. Insbesondere sei ein Fehler in der Quittungssignatur behoben worden, den die Apothekerorganisationen im vorigen Herbst vielfach angesprochen hatten. Derzeit würden einige Krankenkassen an einer bequemeren Variante für die Authentifizierung der Versicherten arbeiten, um die „Nutzerreise“ einfacher zu gestalten.

Nächste Woche: Apothekensuche auf Karte in Gematik-App

In der kommenden Woche werde der weitere Zeitplan festgelegt. Außerdem werde dann eine karten- und webbasierte Darstellung der beteiligten Apotheken in der Gematik-App vorgestellt. Dann könnten die Nutzer auf einer Karte sehen, welche Apotheken „E-Rezept-ready“ sind.

Nach der Testphase erwartet Neumann, dass der Rollout „nach und nach“ in verschiedenen Regionen stattfindet. Vor Flächendeckung und Pflicht werde jede Apotheke mit hoher Wahrscheinlichkeit ein E-Rezept erhalten haben. Schon jetzt sei vorgesehen, dass noch im Herbst 2022 Mehrfachverordnungen umgesetzt werden. Dann könnten die Ärzte bis zu drei Folgeverordnungen in einem Vorgang ausstellen. Die PKV werde ab 2023 beteiligt. Dann könnten die privat Versicherten entsprechende Karten bekommen, um künftig auch E-Rezepte zu erhalten, allerdings ohne irgendwelche Fristen. E-Rezepte für Betäubungsmittel sollen ab 2023 getestet werden.

Apotheker fordern und entwickeln Referenzvalidator

Beim Termin in der kommenden Woche werde es auch um den „Referenzvalidator“ gehen. Dieses Thema hatte ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold kurz zuvor bei derselben Veranstaltung in seinem Lagebericht hervorgehoben. Arnold erklärte, dass alle am E-Rezept Beteiligten dieselben Kriterien anwenden müssten, um die formale Korrektheit eines E-Rezepts prüfen. Nur ein korrektes Rezept dürfe verarbeitet werden und dabei müssten alle dieselben Regeln nutzen. Arnold verglich dies mit bekannten Prüfkriterien für Geldscheine: „Ich kann einen Geldschein nicht annehmen, wenn ich nicht weiß, wie er aussehen muss.“ Er habe dies bisher auch beim E-Rezept für selbstverständlich gehalten, aber das sei es nicht. Arnold vertiefte den Hintergrund nicht, aber offensichtlich können nur so Retaxationen aufgrund immer wieder neuer formaler Vorgaben verhindert werden.

Neumann bestätigte, dass der Deutsche Apothekerverband dieses Thema eigenständig vorangebracht und die Expertise der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Krankenkassen einbezogen habe. Doch die Aufgabe erfordere jetzt mehr Betriebsstunden, als der Deutsche Apothekerverband leisten könne, und es werde ein unabhängiger Betreiber gesucht. Daher gehe es nun darum, diese Aufgabe an die Gematik zu übergeben. Wenn solche Themen bei den Beteiligten aufkämen, gehe die Gematik schnell darauf ein, bekräftigte Neumann.

Ungleichbehandlung der Portale dauert an 

In der Diskussion bestätigte Neumann ein Problem zum Umgang von Apothekenportalen mit dem E-Rezept. Diese setzen typischerweise auf das Fotografieren des ausgedruckten QR-Codes als Übertragungsweg, der jedoch „offiziell“ nicht vorgesehen ist. Die Gematik-App sieht nur Übertragungen an Apotheken vor, aber nicht an Portale. Damit ist DocMorris im Vorteil, weil das Unternehmen sowohl eine Versandapotheke als auch ein Portal betreibt und als Apotheke E-Rezepte auf digitalem Weg erhalten kann. Neumann erklärte, eine Ausnahme für andere Portale könne nur über eine Rechtsverordnung des Bundes zu Schnittstellen geschaffen werden. Doch die gibt es bisher nicht, obwohl das Thema schon lange bekannt ist. Es wurde auf DAZ.online schon im vorigen Jahr dargestellt.

Diener: Rechtzeitig üben, nicht abwarten

Das E-Rezept war auch das Thema anderer Referenten beim Wirtschaftsseminar. Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover, riet den Apothekern, die Abläufe rechtzeitig zu üben und nicht abzuwarten. „Seien Sie sicher im Umgang mit dem E-Rezept“, empfahl Diener und bekräftigte den Handlungsbedarf angesichts neuer Möglichkeiten. „Wenn sich Kundenverhalten ändert, sind Sie als Unternehmer gefragt.“

Thomas Maas, Norddeutsches Apothekenrechenzentrum, riet den Apothekern, digitale Türen zu schaffen. Zu den neuen Abläufen gehöre auch, den Kunden unmittelbar nach Eingang eines E-Rezepts irgendeine Reaktion zu senden, weil dies im Internet erwartet werde, auch außerhalb der Öffnungszeiten. Für die Arbeit in der Apotheke warnte er vor dem Problem, böswillige „Kunden“ könnten statt eines E-Rezepts einen Code mit Schadsoftware vor einen Scanner halten.

Pudimat: „Keine Panik“

Trotz mancher Unsicherheiten bei technischen Fragen gab sich Gastgeber Axel Pudimat, der Vorsitzende des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern, zuversichtlich. „Keine Panik“, riet er den Mitgliedern. Sie sollten den Kunden vermitteln, dass die Apotheken damit umgehen können.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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