Vorbehalte gegenüber Apotheken

Ambulante Pflegedienste meiden die Verblisterung

Stuttgart - 14.04.2022, 15:15 Uhr

Signifikante und relevante Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken neuverpackten, gab es lediglich bei zwei Kriterien. (Foto: karelnoppe / AdobeStock)

Signifikante und relevante Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken neuverpackten, gab es lediglich bei zwei Kriterien. (Foto: karelnoppe / AdobeStock)


Mehrheit der ambulanten Dienste stellt selbst

Von den 690 befragten Diensten gaben 40 Prozent an, dass sie Verordnungen für das Stellen von Arzneimitteln erhielten. Die überwiegende Mehrheit stellt die Medikation ihrer Klienten dabei selbst, insbesondere in Form von Tages- und Wochendispensern. Nur 7,8 Prozent der Pflegedienste lassen die Medikation ihrer Patientinnen und Patienten von Apotheken individuell neuverpacken. Eine Verblisterung in Schlauch-, Karten- bzw. Becher-Blister fand für 5,9 Prozent der Pflegedienste statt, die übrigen von Apotheken mit neuverpackter Ware versorgten Pflegedienste wurden mit Dispensern oder Medikamentenbechern beliefert.

Die Verbreitung der Neuverpackung durch Apotheken für ambulante Pflegedienste liegt damit weit hinter der von Pflegeheimen, für die im Rahmen der Studie aus 2017 etwa fünffach höhere Versorgungsanteile festgestellt wurden.

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Schmid und seine Kolleginnen und Kollegen forschten auch nach den Ursachen für diese Zurückhaltung bei den ambulanten Pflegediensten. Von den Anbietern, die selbst Arzneimittel stellen und die wissen, was mit Verblisterung durch Apotheken gemeint ist, gab mehr als die Hälfte an, dass sie dieser Dienstleistung skeptisch gegenüberstehen. Als wichtigste Bedenken wurde dabei die Angst vor Flexibilitätsverlust zum Beispiel bei einer Medikationsänderung angegeben. Auch glauben skeptische Pflegedienste häufiger, bei einer Umstellung auf das Verblistern durch Apotheken keine Vergütung mehr zu bekommen.

Die Studienautoren kommentieren, dass diese Vorbehalte gleichzeitig Missverständnisse seien. Denn einerseits beobachteten sie bei der Zufriedenheit nur wenige Unterschiede zwischen den Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken die Neuverpackung vornahmen. Insbesondere bei der Flexibilität waren beide Gruppen gleich zufrieden. Andererseits müssten die Dienste bei einer Umstellung auf Neuverpackung durch die Apotheke nicht befürchten, keine Vergütung mehr zu erhalten, da sie Verordnungen zum Stellen in der Regel weiter abrechnen könnten, wenn sie eine Apotheke beauftragen.

Wie kommen Apotheken an die Pflegedienste? 

Signifikante und relevante Unterschiede in der Zufriedenheit zwischen Pflegediensten, die selbst stellten und solchen, für die Apotheken neuverpackten, gab es lediglich bei zwei Kriterien. Bei der Wirtschaftlichkeit waren letztere zufriedener, bei der Stärkung der Arzneimittelkompetenz des Pflegepersonals diejenigen, die selbst stellten. „Insofern werden sich die Apotheken Mechanismen einfallen lassen müssen, wie sie dieses Bedürfnis der Pflegedienste adressieren könnten, wenn sie mehr ambulante Pflegedienste überzeugen wollen, Arzneimittel verblistern zu lassen“, fassen Prof. Thomas Schmid und sein Team für die DAZ die Ergebnisse zusammen, und weiter: „Der Schlüssel hierzu könnte in einer Stärkung der Zusammenarbeit liegen, wie sie in interprofessionellem Medikationsmanagement oder gemeinsamen Schulungen gelebt werden kann.“



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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