Neuer Festbetrag

Hohe Mehrkosten bei Brivudin-Therapeutika

Leipzig - 13.04.2022, 15:15 Uhr

Für Brivudin-haltige Arzneimittel werden seit Anfang April Mehrkosten fällig. (x / Foto: Aristo Pharma GmbH | Voy_ager / AdobeStock)

Für Brivudin-haltige Arzneimittel werden seit Anfang April Mehrkosten fällig. (x / Foto: Aristo Pharma GmbH | Voy_ager / AdobeStock)


Vielen Kollegen in den Apotheken ist es in der vergangenen Woche bereits aufgefallen: Verordnet der Arzt einem GKV-Versicherten das Arzneimittel Zostex, muss dieser tief in die Tasche greifen. Die Mehrkosten, welche vom Versicherten zu tragen sind, liegen bei mehr als 60 Euro. Was kann man in der Apotheke den Patienten raten, die dies nicht zahlen wollen oder können?

Versicherte, die aktuell eine Verordnung über ein Brivudin-haltiges Arzneimittel in der Apotheke einlösen, werden zur Kasse gebeten – und das nicht zu knapp: Für das Originalpräparat Zostex®  von Berlin-Chemie werden seit dem 1. April mehr als 60 Euro Mehrkosten fällig.

Wie kommt es dazu? Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat eine neue Festbetragsgruppe eingeführt, welche die „Virostatika mit Wirkung auf Herpesviren – Gruppe 1“ auf Stufe 2 einstuft. Laut G-BA befinden sich in Stufe 2 „Wirkstoffe mit pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen“. 

Der in Zostex® enthaltene Wirkstoff Brivudin befindet sich nun in der gleichen Gruppe wie Aciclovir, Famciclovir und Valaciclovir. Sie überschneiden sich im Bereich Zulassung sowie Indikationsfeld „Herpes Zoster“, was für die Beurteilung der therapeutischen Vergleichbarkeit ausschlaggebend ist.

Auch Generika betroffen

Aufgrund der neuen Einstufung entstehen nicht ausschließlich beim Originalpräparat Zostex® Mehrkosten, sondern auch bei den beiden Generika-Herstellern von Aristo und GALENpharma. Die Mehrkosten sind bei keinem der Präparate zu vernachlässigen: Für das günstigste Präparat von Aristo werden 29 Euro fällig, die Zuzahlung von 5 Euro mit eingerechnet. 

Für privat Versicherte ändert sich nichts, die Preise bleiben in diesem Fall gleich. Die Situation wird aktuell zusätzlich erschwert, weil die Generika-Präparate nicht vollumfänglich lieferfähig sind.

Was tun im Apothekenalltag?

Steht ein Patient mit einem Brivudin-Rezept in der Apotheke, der die Mehrkosten nicht bezahlen möchte oder kann, sollte das pharmazeutische Personal den Arzt kontaktieren. Die Therapie kann auf ein anderes, therapeutisch vergleichbares Virostatikum umgestellt werden, welches keine Mehrkosten mit sich bringt. Dazu gehört beispielsweise Aciclovir. 

Welche Vor- und Nachteile bei einer Therapieumstellung entstehen, ist schwer zu sagen. Ein wichtiger Punkt für Brivudin ist die Adhärenz: Die Einnahme von nur einer Tablette täglich über einen Zeitraum von einer Woche ist einfach umzusetzen. Beim Wirkstoff Aciclovir ist hingegen eine täglich mehrfache Einnahme der gängige Therapiestandard.

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Wie wirkt Brivudin?

Brivudin gehört zur Gruppe der Nucleosidanaloga und hebt sich durch seine besonders starke Wirksamkeit von anderen Vertretern dieser Gruppe ab. Medikamente mit diesem Wirkstoff dienen der Behandlung von Varicella-Zoster-Viren, welche eine Gürtelrose auslösen. 

Das Prodrug wird in den virusinfizierten Zellen in seine Wirkform umgewandelt und hemmt dort die DNA-Polymerase. Die Vermehrung der Zoster-Viren wird so verhindert, was zum Abklingen der Gürtelrose-Erkrankung führt. Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Brivudin gehören Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Erbrechen. 

Zu beachten ist die wichtige, im schlimmsten Fall tödlich endende Wechselwirkung mit Wirkstoffen aus der Gruppe der 5-Fluoropyrimidine (zum Beispiel 5-Fluorouracil, Capecitabin, Tegafur), welche zur Chemotherapie eingesetzt werden.



Carolin Kühnast, Apothekerin
redaktion@daz.online


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