Professor Harald Schmidt auf der INTERPHARM online 2022

„Kein Gesundheits- sondern ein Krankheitssystem“

Berlin - 04.04.2022, 16:45 Uhr

Der Apotheker und Systemmediziner Professor Harald Schmidt bei der INTERPHARM online 2022. (c / Foto: DAZ / Hahn)

Der Apotheker und Systemmediziner Professor Harald Schmidt bei der INTERPHARM online 2022. (c / Foto: DAZ / Hahn)


Effektive Prävention muss noch entstehen

Schmidt plädiert zudem dafür, nicht erst beim Auftreten von Symptomen aktiv zu werden, sondern das Thema Prävention entschlossen anzugehen. Denn 80 Prozent aller chronischer Erkrankungen können dem Systemmediziner zufolge in westlichen Ländern auf sieben wesentliche Ursachen zurückgeführt werden: mangelnde Bewegung, schlechte Ernährung, mangelnder Nutzen der Vorsorge, Rauchen und Alkoholkonsum, zu wenig Schlaf und zu wenig Stress-Resilienz.

Empfehlungen zum Lebensstil werden oft pauschal gegeben, aber nicht gezielt denjenigen, die von einigen Maßnahmen tatsächlich unmittelbar profitieren würden. Insgesamt habe die Prävention in unserem System einen zu geringen Stellenwert. Nur 1 Prozent aller Ausgaben unseres Gesundheitssystems fließen in die Prävention.

Vorbild USA

In den USA entwickelt sich langsam ein Umdenken. In seinem Vortrag auf der INTERPHARM erklärte Schmidt, dass in den USA eine „Wellbeing-Wirtschaft“ wächst, die ihren Fokus auf Prävention setzt. Apotheken bilden vor Ort Gesundheits-Coaches aus und sind eng in die Projekte eingebunden. „Die Apotheke der Zukunft passt bestens in dieses System“, so Schmidt.



Apotheker Marius Penzel
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Kein Gesundheits-, sondern ein Krankheitssystem - Prof.Schmidt auf der Interpharm 2022

von Joachim Maurice Mielert, DOPANET Wissen & Kommunikation am 10.04.2022 um 8:10 Uhr

Zur Wahrheit gehört, dass die bundesdeutsche Politik mit annähernd planwirtschaftlicher Diktion denkbare Neuausrichtung und Transformation hin zu einer zukunftsfähigen Wirtschaftssparte mit vernünftig vergüteten Präventionsaufgaben in fataler Weise blockiert. Regionale Stärkungsgesetze, Preisbindung und Regulation im Abrechungs- und Vergütungswesen sind Ansätze, über die international erfolgreiche, expansionsorientierte Player der „Wellbeing“-Sparte ebenso herzhaft lachen, wie über „apothekenpflichtige“ Zahnpasta.

Der Transformationsprozess wird unsere Versorgungslandschaft daher mit doppelter Wucht treffen, einmal durch den seit Jahrzehnten überfälligen Präventionsauftrag und andererseits durch die selbst installierten Fallstricke einer überkommenen Gesetzgebung. Last but not least wird die seit Jahrzehnten schrittweise aufgegebene Autarkie in den Lieferketten der Sparte schwerste Turbulenzen bescheren. Die Fehlstellungen im System sind 30 Jahre alt und älter, Lieferengpässen heute also den Nimbus von „Kriegsfolgen“ anzuhängen, wie dieser Tage bereits durch einen größeren Hersteller verlautbart, ist grotesk, ja schäbig.

Die Versorgungslandschaft der Gesundheitswirtschaft hat sich in einer veritablen Mischung aus behaupteter Daseinsvorsorge, desaströs installierten Rechtsnormen, steinaltem Denken und gleichzeitig überbordender Wertschöpfungsabsicht derart verheddert, dass nur eine Neuausrichtung im Sinne einer kunden- und wettbewerbsorientierten „Wellbeing“-Sparte denkbar erscheint. Das wird schmerzhaft für die einzelne Apotheke…!

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