Ressourcenschonende Alternative

Welche Softwarehäuser bieten elektronische Kassenbons an?

Stuttgart - 04.04.2022, 07:00 Uhr

Theoretisch wären elektronische Kassenbons eine Alternative zum Papier. Doch durchgesetzt haben sie sich bislang nicht. (s / Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Theoretisch wären elektronische Kassenbons eine Alternative zum Papier. Doch durchgesetzt haben sie sich bislang nicht. (s / Foto: IMAGO / Michael Gstettenbauer)


Seit dem Jahr 2020 gilt in Deutschland die Bonpflicht. Jeder Abschluss über ein elektronisches Kassensystem, auch wenn wie bei zuzahlungsbefreiten Rezepten gar kein Geld geflossen ist, erfordert einen Bon. Allerdings muss dieser nicht zwingend ausgedruckt werden, ein elektronischer Bon ist ebenso zulässig. Zumindest theoretisch: Denn die Mehrheit der Apothekensoftwaresysteme beispielsweise ist technisch gar nicht in der Lage, den Kassenbon elektronisch zu erstellen.

Wie viele Kassenbons, die von den Patient:innen nicht mit mitgenommen werden, entsorgen Sie so im Laufe eines Apothekentags? Addiert man jene dazu, die sich privat ansammeln, ist das ein ganz schöner Berg Papier. Um diesen zu produzieren, benötigt man Ressourcen wie Holz, Wasser und Energie. Außerdem handelt es sich in den meisten Fällen sogenanntes Thermopapier – ein Spezialpapier, das etwa 0,5 bis 3 Prozent Farbentwickler enthält, bislang im wesentlichen Bisphenole. Unter Temperatureinwirkung lösen diese Substanzen die Schwarzfärbung des Papiers aus. Der Einsatz von Bisphenol A ist seit dem Jahr 2020 wegen seiner endokrinen Wirkung nicht mehr erlaubt, aber auch die Alternative Bisphenol S steht laut Umweltbundesamt im Verdacht, hormonelle Wirkung zu haben. Es liegt aber noch keine abschließende Bewertung vor. 

Zwar gibt es phenolfreie Alternativen oder Thermopapiere, die gar keinen Farbentwickler benötigen, aber aus Gründen des Preises und der Verfügbarkeit sind phenolhaltige Kassenbons immer noch Standard. Weil für Verbraucher:innen nicht zu unterscheiden ist, welcher Kassenbon kritische Inhaltsstoffe enthält, die über Recyclingprodukte wie Toilettenpapier zurück in die Haushalte und in die Umwelt gelangen könnten, empfiehlt das Umweltbundesamt generell die Entsorgung im Restmüll.

Der Verzicht auf den Kassenbon ist seit Januar 2020 keine Option mehr. Seitdem gilt für elektronische Kassensysteme die sogenannte Bonpflicht. Sie soll Steuerbetrug verhindern. Für jeden Vorgang muss seitdem ein Beleg erstellt werden, sogar wenn, wie es in der Apotheke ja gelegentlich vorkommt, gar kein Geld geflossen ist. Allerdings muss dieser Bon nicht in Papierform vorliegen. Auch elektronische Dokumente sind zulässig. 

Im Online-Handel ist es bereits üblich, dass die Rechnung nicht mehr beiliegt, sondern per E-Mail versandt wird. Im stationären Handel hat sich das bislang nicht durchgesetzt. Mit ein Grund dürften neben dem Datenschutz – den Bon zu übermitteln, bedarf der Einwilligung der Kund:innen – fehlende Standards sein. So wird beispielsweise oft die App des jeweiligen Unternehmens, bei Rewe sogar noch in Kombination mit einer Payback-Karte, oder ein Kundenkonto benötigt, auf das der Bon dann direkt übertragen wird.

Nur deswegen Apps von zig Einzelhändlern auf dem Handy zu haben, ist wohl für die meisten keine praktikable Lösung, ebenso wenig wie überall ein Kundenkonto zu eröffnen. Auch bei jedem Einkauf eine Mail-Adresse anzugeben, an die der Bon dann der versendet werden kann, klingt nicht nach einer Lösung, die sich langfristig am Markt durchsetzen könnte. Am praktikabelsten scheint die Übertragung via QR-Code, den Kund:innen dann von einem Display abscannen, oder mittels NFC, also der Technologie, die auch beim kontaktlosen Bezahlen zum Einsatz kommt.

Aktuell bietet nur Pharmatechnik die Option des papierlosen Bons

Und selbst wenn man alle diese Hürden meistert: Am Ende des Tages sind noch gar nicht alle Kassensysteme in der Lage, elektronische Bons zu erstellen. Die DAZ hat sich bei den „Big Four“ der Apothekenbranche – Noventi, CGM Lauer, Pharmatechnik und ADG – umgehört.

ADG bietet zum aktuellen Zeitpunkt die Möglichkeit, elektronische Kassenbons einzusetzen, nicht an. Das erklärt ein Sprecher auf Nachfrage der DAZ. „Im Sinne der Nachhaltigkeit sowie im Rahmen der kontinuierlichen Weiterentwicklung unserer Warenwirtschaft ist die Umsetzung elektronischer Kassenbons in Zukunft durchaus möglich. Gleichzeitig beziehen wir bei der permanenten Prozessoptimierung unserer Systeme, die stets Arbeitserleichterung und Zeitgewinnung für unsere Apothekenkunden im Fokus hat, immer auch den Nutzen für die Endkunden der Apotheke ein“, heißt es von ADG.

Auch bei CGM-Lauer ist der elektronische Kassenbon derzeit noch nicht umgesetzt. Er sei aber als Ausbaustufe eingeplant, erklärt eine Sprecherin.

Bei Noventi wird laut Aussage einer Sprecherin bereits an der Einführung des digitalen Kassenbons gearbeitet, „um den AVS-Kunden eine umweltfreundliche und erfolgreiche Alternativlösung für den herkömmlichen Kassenbon an die Hand zu geben“.

 

Foto: Pharmatechnik
In der PT-App „MeineApotheke“ kann man sich die Belege dann anzeigen lassen. 

Pharmatechnik bietet Apotheken aktuell die Möglichkeit, elektronische Bons zu erstellen, und das bereits seit dem Jahr 2020. Die Patient:innen benötigen dazu die App „MeineApotheke“, auf die der digitale Beleg dann direkt gesendet wird. Die Kunden nutzten diesen Service immer mehr, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage der DAZ.

Ergänzung: auch Aposoft bietet einen digitalen Kassenbon an

Alternative unabhängig vom Softwarehaus

Dass die eigenen Softwarehäuser noch nicht so weit sind, muss Apotheken allerdings nicht davon abhalten, auf elektronische Bons umzustellen. Es gibt zahlreiche Drittanbieter, zum Beispiel Smartbon, GreenBill, refive und eBon.

Theoretisch sind die Systeme mit jedem Kassensystem kompatibel, allerdings müsse jedes Mal vorab eine Evaluierung geschehen, um zu definieren, welcher Art von Integration es für das jeweilige Kassensystem bedürfe, erklärt die Firma Smartbon auf Nachfrage der DAZ. Laut Smartbon gibt es im Wesentlichen drei Wege:

  • Eine Komplett-Integration in die Apothekensoftware, diese setzt aber die Programmierung an der Software voraus.
  • Software, die auf dem System der Kasse mitläuft und als Drucker angesprochen wird.
  • Ein Android Tablet, das als Kundendisplay agiert.

Die letzteren Varianten setzten ein Kundendisplay voraus – entweder direkt an der Kasse oder extern –, von dem dann ein QR-Code abgescannt werden kann.

Smartbon arbeitet bislang aber noch nicht mit Apotheken zusammen. Anders der Wettbewerber Greenbill, der laut eigener Aussage mit einer Apotheke bereits ein Pilotprojekt durchführt. Man geht davon aus, mit den meisten Kassensystemen kompatibel zu sein. Allerdings sei der Vertrieb ohne ein Softwarehaus, das Lust darauf habe, schwierig, wie es auf Nachfrage heißt.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Digitale Bons

von Jan BH am 05.04.2022 um 12:01 Uhr

Ist mein persönlicher Eindruck - europaweit bekommt man zu jeder Tasse Kaffe einen Zettel dazu. Da werden ein paar Apotheker sich eher die Zähne dran ausbeißen. Wenn es eine Initiative in der Richtung gibt bin ich gerne dabei!

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Bonpflicht

von Jan BH am 04.04.2022 um 8:01 Uhr

Die Bonpflicht werden wir nicht mehr los, aber wir könnten sie abmildern. Wir könnten standardmässig einen quadratischen QR Code ausdrucken und optional die bisherige Langversion. Bei unseren Kundenkartenkunden könnte die Bonpflicht komplett wegfallen oder automatisiert per Mail oder SMS erfolgen. Vorteil ca 70% Papierersparniss und Umweltschutz ohne zusätzliche Hardware für extra Displays und kostenpflichtige Abos.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Bonpflicht: Ressourcen

von Dr. Ralf Schabik am 04.04.2022 um 8:20 Uhr

Warum werden wir die Bonpflicht nicht los ? Weil insbesondere Apotheker jeden Blödsinn widerstandslos mitmachen und Lösungen suchen, Schwachsinn abzumildern. In der Zeit, in der wir uns mit dem Kunden über den Bon unterhalten (und wenn es nur die Frage ist "QR-Code oder Langbon", könnten wir uns Gedanken machen über Pharmazeutischen Beratung oder einfach ein freundliches Wort. Die Vielzahl bürokratischer Vorgänge (viele davon Kleinigkeiten, aber die Summe erschlägt uns) macht unseren Heilberuf nachhaltig kaputt. Das ist mit ein Teil der Ursache für den Fachkräftemangel, weil sich die Arbeitsbedingungen schleichend immer mehr verschlimmern. Und zurück zum Bon: Wer den Staat bescheißen möchte, lässt sich auch nicht dadurch aufhalten, dass Bons für beitragsfreie Kassenrezepte gedruckt werden müssen ...

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