Heimversorgung KOMPAKT

Ärzten ist das Ausmaß der anticholinergen Last meist nicht bewusst

Stuttgart - 04.04.2022, 10:00 Uhr

Neben den typischen bekannten Listen für Arzneimittel im Alter verwies Dr. Stefanie Brune bei der Heimversorgung KOMPAKT auf die Berechnung der anticholinergen Last mithilfe von Punkten. (c / Foto: Hahn / DAZ)

Neben den typischen bekannten Listen für Arzneimittel im Alter verwies Dr. Stefanie Brune bei der Heimversorgung KOMPAKT auf die Berechnung der anticholinergen Last mithilfe von Punkten. (c / Foto: Hahn / DAZ)


Auch an Arzneimittel mit geringer anticholinerger Last denken!

Angesichts des übergeordneten Themas Delir stehen auch in der Krankenhauspharmazie vor allem die zentralen anticholinergen Nebenwirkungen im Zentrum. Eine weitere allgemeine Liste mit den entsprechenden Punkt-Zahlen, die Brune empfahl, war die „German Anticholinergic Burden Scale“ (GABS) von Kiesel et al aus dem Jahr 2018. Denn es sei auch an Arzneimittel mit geringer anticholinerger Last zu denken, die sich mit anderen zu einer hohen Last addieren kann. Zudem sei es ein Problem, dass es zwar sehr viele, aber uneinheitliche Listen mit verschiedenen Punkte-Skalen gibt: Ein Goldstandard fehlt bislang.

Oxybutynin besser transdermal?

Zur Ermittlung der kumulativen anticholinergen Last können je Arzneimittel zwischen 0 bis 3 Punkten vergeben werden, diese werden addiert. Kommt man insgesamt auf einen Wert von 3 oder mehr, soll nach Alternativen gesucht oder eine Dosisüberwachung erwogen werden. Jedenfalls sollten die Patient:innen dann auf anticholinerge Effekte überwacht werden. Außerdem machte Brune darauf aufmerksam, dass manchmal auch ein Wechsel der Applikationsform helfen kann: In Kentera® ist Oxybutynin in transdermalen Pflastern enthalten, was zu weniger Mundtrockenheit führen soll.

Ist die anticholinerge Last erst einmal erkannt, gilt es natürlich auch noch, diese allen Beteiligten verständlich zu machen – nicht nur dem Arzt oder der Ärztin, sondern auch den medizinischen Fachangestellten, dem Pflegepersonal und den Angehörigen –, das betonte Brune mehrfach. Aber auch in Apotheken ohne Heimversorgung gilt: „Keine Abgabe anticholinerger (Selbst)Medikation an Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen und bestehender anticholinerger Medikation“ – zu denken ist dabei an Klassiker wie „Hoggar night“, aber auch „Dulcolax“, wie Brune in einem Fallbeispiel deutlich machte. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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