Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.04.2022, 07:30 Uhr

Ran ans E-Rezept, einfach machen! (Foto: Alex Schelbert)

Ran ans E-Rezept, einfach machen! (Foto: Alex Schelbert)


Es mag nicht allen schmecken, aber es hilft nichts, das E-Rezept kommt. Und je früher man sich darum bemüht, dass Technik und Abläufe reibungslos funktionieren, um so besser. In dieser Woche gab es gleich mehrere Veranstaltungen, sich zu informieren, wie die Apotheke wirklich E-Rezept-ready wird. Ein Zauberwort ist die Pärchenbildung – die Apotheke sucht sich eine Arztpraxis, mit der sie gemeinsam üben kann. Auf geht’s! Und dann gibt's in dieser Woche noch den Appell an Lauterbach: Streichen Sie die Apotheken aus dem Spargesetz! Inflation, steigende Personal- und Energiekosten sind Belastung genug. 

28. März 2022

Technisch scheint es weitgehend zu funktionieren, das E-Rezept. Aber organisatorisch sind wohl noch lange nicht alle Apotheken, geschweige denn alle Arztpraxen mit einem E-Rezept in Berührung gekommen – das ist in etwa auch die Einschätzung des Gematik-COO Florian Hartge im DAZ.online-Interview. Mein liebes Tagebuch, trotz solcher verhalten optimistischer Töne: Draußen, im rauen Praxisalltag, hat man eher den Eindruck, irgendwie schleppt es sich noch dahin. Ja, es gibt E-Rezept-Leuchttürme bei Apotheken und Arztpraxen, die so gut wie fit sind fürs elektronische Rezept. In aller Regel sind dies die berühmten „Pärchen“ von Apothekern und Ärzten, die sich gefunden haben: Beide stehen dem E-Rezept gleichermaßen aufgeschlossen gegenüber, beide habe eine gewisse Zuneigung zur Digitalisierung, ja sogar ein Quantum Spaß daran, und den festen Glauben, dass es in Zukunft einfach einfacher wird mit dem E-Rezept, wenn denn alles gut läuft. Und ja, beide üben bereits kräftig, sie verordnen und beliefern fleißig E-Rezepte. Und dann, mein liebes Tagebuch, gibt es auch die Apotheken und Praxen, die noch weit von der Digitalisierung der Verordnungen entfernt sind, die tatsächlich noch nicht E-Rezept-ready sind oder das Thema schlicht und einfach laufen lassen. Die Gründe sind vielfältig: im Hintergrund ein Softwareanbieter, der selbst noch nicht E-Rezept-ready ist, kein Zugang zur Technik, Angst vor Neuerungen und dem Verlassen der traditionellen Abläufe oder auch nur Achselzucken. Wird auf Dauer allerdings nicht helfen. Nochmal: Das E-Rezept kommt. Wann es kommt, das steht noch im Cyberspace, aber die Vorbereitungen laufen. Wirklich! Hartge ruft Apotheken dazu auf, die Softwarehäuser zu fordern und das Apothekensystem technisch E-Rezept-ready zu machen, das Team zu schulen und sich eine Arztpraxis zu suchen, also ein Arzt-Apotheker-Pärchen zu bilden, um die Abläufe beim E-Rezept zu üben. Mein liebes Tagebuch let’s do it.

29. März 2022

Die Nordrheiner tun es schon lange, auch die Saarländer sind schon längst dabei. Und so manch anderes Bundesland auch. Jetzt endlich scheinen die Bayern landesweit Geschmack daran zu finden: Grippeschutzimpfungen in der Apotheke. Nun ja, mein liebes Tagebuch, nachdem sie in der Oberpfalz geübt haben, soll’s im gesamten Bayernland in der kommenden Saison für alle Apotheken, die es wollen, möglich werden, am Modellprojekt der AOK Bayern und des Bayerischen Apothekerverbands teilzunehmen und die Grippeschutzspritze zu setzen. Ja, mein  liebes Tagebuch, auch wenn die Bayern ansonsten eine recht forsche Zunge haben und gerne mit vorne dran sind – beim Thema Impfen in der Apotheke hatte es den Anschein, als würde der Verband erst mal Zurückhaltung üben und vorsichtig schauen, wie es so in anderen Bundesländern läuft. Und überhaupt, was sagen unsere lieben Ärztinnen und Ärzte dazu, wie kommt das apothekerliche Impfangebot in der Bevölkerung an? Jetzt also: Alles im grünen Bereich, auch in Bayern. Die Doctores sind nicht böse, die AOK-Versicherten zufrieden: Sie freuen sich über das niedrigschwellige Impfangebot der Apotheken und die AOK kann die regionale Versorgungsqualität weiterhin erhöhen. Na, mein liebes Tagebuch, wer hätte das gedacht, dass Grippeschutzimpfungen so ein Erfolgsmodell werden – sogar in Bayern.

30. März 2022

Der Live-Talk der Gehe-Akademie hat es gezeigt: Das Interesse der Apotheken am E-Rezept ist da. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Online-Veranstaltung erfuhren von sieben Expertinnen und Experten, was sie in der verbleibenden Zeit bis zum endgültigen Rollout des E-Rezepts tun können, um sich fit zu machen fürs E-Rezept. Im Prinzip ist es nicht schwer. Der erste Punkt: Die Technik muss flutschen – anhand von Checklisten der Gematik und der Softwarehäuser kann jede Apotheke selbst prüfen, ob alles läuft oder ob man sein Softwarehaus nerven muss, um nachzubessern. Mit einem Testrezept lässt sich üben, ob die Verbindung zum Fachserver, auf dem die E-Rezepte liegen, möglich ist. Dann, ganz wichtig: das Apothekenteam schulen! Es gibt Schulungsmaterial von der Gematik, von den Softwarehäusern, von Verlagen – man muss es nur machen. Und dann kommt schon die Königsklasse der Vorbereitung: die Pärchenbildung. Will heißen: Apotheken sollten keine Scheu haben, ihre Arztpraxen in ihrer Nähe anzusprechen und einen Arzt, eine Ärztin zu finden, die genauso begeistert ist vom E-Rezept wie man selbst. Gemeinsam als Pärchen kann man dann schon mal üben: Die Arztpraxis stellt einem aufgeschlossenen Patienten ein ausgedrucktes Papier-E-Rezept aus, das dieser dann in der Apotheke einlöst. Und wenn’s funktioniert, ist die E-Rezept-Begeisterung riesig. Dann kann die Apotheke schon in die Kundenkommunikation einsteigen nach dem Motto „Wir können vor Ort und digital“, wie es die Großhandlung Gehe/AHD in ihrem Kampagnenmaterial so treffend formuliert. Mein liebes Tagebuch, also, alles kein Hexenwerk, man muss sich nur trauen. Die Expertinnen und Experten im Live-Talk haben Mut gemacht: Einfach mal machen.

Und auch die Gematik hat in einem Online-Forum Ärzte, Apotheker und Softwarehäuser zusammengebracht, die Zuversicht ausstrahlten: Das E-Rezept läuft bereits, es ist wirklich nicht schwer, wenn man sich traut. Auch in diesem Forum war das Zauberwort die Pärchenbildung: Nur wenn Arztpraxis und Apotheke sich finden und gemeinsam üben, wird’s was. Mein liebes Tagebuch, und da, wie man ab und an zwischen den Zeilen lesen kann, die Freude übers E-Rezept bei einigen Ärztinnen und Ärzten eher nicht intrinsisch ist, liegt es an uns Apothekers, den ersten Schritt zu machen und auf die Praxen zuzugehen. Also, Technik checken, Team schulen, ein Arzt-Apotheker-Pärchen bilden und üben.

31. März 2022

Mein liebes Tagebuch, erinnerst du dich noch an den ARMIN, den old fashioned  Typ aus Sachsen und Thüringen? Jetzt kommt ERIKA, die Coole von der Barmer: Sie könnte dem ARMIN zeigen, was heute im digitalen E-Rezept-Zeitalter möglich werden kann. Im Ernst, mein liebes Tagebuch, ARMIN, die Arzneimittelinitative Sachsen-Thüringen, ist natürlich inhaltlich nicht mit ERIKA zu vergleichen, dem neuen von der Barmer initiierten Projekt. Höchstens insoweit, dass beide irgendwie eine sichere und noch bessere Arzneimittelversorgung zum Ziel haben. Und in beiden Projekten spielen Apotheken eine neue und/oder eine verstärkte Rolle. Im ARMIN-Projekt, holprig gestartet im Jahr 2014, versuchten Ärzte und Apotheken besser zu kommunizieren und gemeinsam an einem Medikationsmanagement zu arbeiten. Die Ergebnisse der Evaluation von ARMIN hatte man für Ende 2021 angekündigt – mein liebes Tagebuch, erschienen ist noch nichts, wir warten noch. Aber jetzt zu ERIKA: Mit dem Projekt eRIKA („E-Rezept als Element interprofessioneller Versorgungspfade für kontinuierliche Arzneimitteltherapiesicherheit“) soll die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöht werden, indem auf Basis des E-Rezepts die Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern bei der Medikation digital unterstützt wird. Man möchte über die Nutzung der Routinedaten der Kassen erreichen, dass der Überblick über die Medikation möglichst umfassend und aussagekräftig ist. Das Projekt, das Anfang Oktober dieses Jahres In Nordrhein-Westfalen, Berlin und dem Saarland starten soll, wird sogar aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses mit knapp 12 Millionen Euro gefördert. Apotheken, die bei diesem Projekt mitmachen, sind in das Arzneimitteltherapie-Management mittels eRIKA eingebunden: Sie haben Zugriff auf den Medikationsplan, sie kennen die Gesamtmedikation des Patienten samt Selbstmedikation, leisten pharmazeutische Beratung und ermöglichen die Rückverfolgbarkeit der Arzneimittel bei chargenspezifischen Risiken. Mein liebes Tagebuch, eRIKA wird sich also des E-Rezepts, der digitalen E-Rezeptdaten und der Telematik-Infrastruktur bedienen. Aber dazu muss erstmal das E-Rezept ans Laufen gebracht werden…

 

Als ob die Apotheken nicht schon genug belastet wären: zunehmende Inflation, steigende Energie- und Personalkosten, verschärfte Großhandelskonditionen und jetzt steht auch noch der Entwurf eines Lauterbachschen Spargesetzes im Raum, der sich gewaschen hat: Durch eine Erhöhung des Kassenabschlags und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würden die Apotheken gleich zweimal gemolken. Wie Frank Diener vom Steuerbüro der Treuhand Hannover im DAZ.online-Interview vorrechnet, wäre das ein „Opferbeitrag in Höhe von rund 250 Millionen Euro jährlich, also ungefähr so viel, wie für die bisherige Notdienstvergütung und die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen zusammen vorgesehen ist“. Mein liebes Tagebuch, das ist für Apotheken nicht zu machen, zumal auch keine Dynamisierung des Packungshonorars vorgesehen ist. Diener sagt ganz deutlich: Mit den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, die irgendwann kommen sollen, lässt sich der Kostenanstieg nicht kompensieren, da diese Dienstleistungen ja mit Personal- und Sachkosten verbunden sind. Mein liebes Tagebuch, da bleibt nur die Hoffnung, dass unsere Berufsvertretung bei Lauterbach laut und deutlich vorspricht und ihm klar macht, dass die „Apothekenbestrafung“ aus dem Spargesetz gestrichen werden muss. Und es bleibt die Hoffnung, dass der Bundesfinanzminister keine Mehrwertsteuerabsenkung auf Arzneimittel akzeptiert.

 

Auf ihrer Kammerversammlung hat die niedersächsische Kammerpräsidentin Cathrin Burs davor gewarnt, mit den Lieferdiensten zusammenzuarbeiten, die sich derzeit in allen Großstädten den Apotheken andienen. „Das ist eine ganz gefährliche Geschichte, die wirklich aus dem Ruder laufen kann“, sagte sie. Mein liebes Tagebuch, womit sie Recht hat. Für diese Lieferdienst-Start-ups stehe nicht die Gesundheitsversorgung der Menschen im Vordergrund, sondern lediglich der Profit – zulasten der Apotheken. Mag sein, dass so ein Lieferdienst-Angebot an die Apotheke erstmal verlockend aussieht: Man spart sich den eigenen Botendienst und bezahlt ein paar Euro für den Lieferdienst. Allerdings wollen diese Start-ups vom Apothekenimage profitieren: Der Patient wurde zuvor vom Callcenter beraten und erhält dann vom Lieferdienst-Rider die Arzneimittel. Burs: „Wir geben damit unsere Identität auf.“ Mein liebes Tagebuch, die Apotheken haben es in der Tat selbst in der Hand, ob sie mit solchen Investoren-getriebenen Start-ups zusammenarbeiten wollen.

1. April 2022

Können sich die Apothekerschaft und die gesetzliche Krankenversicherung überhaupt einigen, wenn es um Verträge zur Arzneimittelversorgung geht? Stehen da nicht die Interessen diametral entgegen? Gute Frage, mein liebes Tagebuch. Zurückblickend muss man denn auch feststellen, dass dies immer weniger der Fall war – in vielen Fällen musste die Schiedsstelle ran. Derzeit harren bekanntlich schon seit einiger Zeit die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen einer Einigung. Wann sie denn kommen, steht in den Sternen. Die Verhandlungen scheinen ziemlich zäh zu verlaufen, denn jede Seite hat wohl ihre guten Gründe für die eigene Argumentation. Und wie kommt dann eine Schiedsstelle eigentlich zur Entscheidung. Mein liebes Tagebuch, das wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben. Insofern, vielleicht sollten sie es mal mit den  Aprilscherz-Vorschlägen probieren? 



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Pärchen

von Karl Friedrich Müller am 03.04.2022 um 9:00 Uhr

das klappt bei uns schon deswegen nicht, weil CGM LAUER FISCHER immer noch nicht so weit ist und damit auch alle Apotheken nicht, die mit LF arbeiten.
Dazu bleibe ich dabei. Das eRezept ist eine Zumutung, weil überhaupt nichts klappt und zu viele Gefahren damit verbunden sind, eine noch größere Bürokratie und Aufwand, einige Praxen denn Schlendrian nicht abstellen (können) und nur eine Einrichtung ist, den Versand zu fördern.
Oiner isch immer dr Arsch, sag schon Wolle Kriwanek.
Hier sind es die Apotheken und auch die Arztpraxen.

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Einladung an die ABDA

von Ulrich Ströh am 03.04.2022 um 8:56 Uhr

Ob E-Rezepteinführung, pharmazeutische Dienstleistungen in der Implementierung,ARMIN und ERIKA, Lauterbachs Sparvorstellungen ,die aktuelle Dieselprämie der pharmazeutischen Großhändler…
Viele offene Fragen rund um die Präsenzapotheken.

Lieber Herr Ditzel, ich schlage vor, Sie laden Dr.Kern als Pressesprecher ABDA ,mal zum monatlichen Diskussionsaustausch an dieser Stelle am Sonntag ein.
Profitieren alle !
Geht nicht ,gibts nicht!

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