Was können Betroffene tun?

Obszöne Anrufe im Notdienst – das sagen die Kammern dazu

Berlin - 30.03.2022, 07:00 Uhr

Bei obszönen Anrufen im Notdienst das Telefon abzuschalten, ist den meisten Kammern zufolge keinesfalls eine Option. (Foto: IMAGO / BildFunkMV)

Bei obszönen Anrufen im Notdienst das Telefon abzuschalten, ist den meisten Kammern zufolge keinesfalls eine Option. (Foto: IMAGO / BildFunkMV)


Ist in Sachsen ein Serientäter am Werk?

In Sachsen treibt offenbar ein Serientäter sein Unwesen. Wie die Sächsische Landesapothekerkammer (SLAK) auf Anfrage der DAZ mitteilt, befasst man sich dort bereits seit dem Jahr 2016 mit dem Thema. „Da es sich in der Regel um immer dieselbe Person handelte, treten diese Anrufe nicht dauerhaft, sondern phasenweise auf“, erläutert die Kammer gegenüber der DAZ. Man habe die Mitglieder in mehreren Rundbriefen informiert und um Mithilfe bei der Aufklärung gebeten. Auch die Polizei ist eingeschaltet: Gegen den Täter, der sein Unwesen insbesondere in Ostsachsen treibt, werde nach Kenntnissen der SLAK aktuell wieder ermittelt. Zuvor habe es demnach strafrechtliche Ermittlungen in 14 Fällen gegeben, die jedoch seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt worden seien.

In den Rundbriefen, die der Redaktion vorliegen, rief die SLAK mehrfach dazu auf, solche Vorfälle bei der Polizei anzuzeigen und auch die Kammer selbst in Kenntnis zu setzen. „Sollten Sie von einem solchen Anruf betroffen sein, empfehlen wir Ihnen, die Anrufe genau zu dokumentieren und sofern möglich, aufzuzeichnen“, heißt es etwa in einem Schreiben aus dem vergangenen Jahr. „Aufzeichnungen können beispielsweise über die Diktier- und Aufnahmefunktionen am Mobiltelefon erfolgen. Wenn Sie die Rufnummer sehen können, lässt diese sich im Telefon, der Telefonanlage oder im Router sperren. Alternativ können Sie auch Ihren Telefonnetzbetreiber um eine Sperrung bitten. Wenn die Rufnummer unterdrückt wird, besteht bei Ihrem Telefonanbieter die Möglichkeit, eine sog. ‚Fangschaltung‘ einzurichten, mit deren Hilfe die unterdrückte Rufnummer ausgelesen werden kann.“

Für Notdiensthabende könne es zudem unter Umständen vertretbar sein, das Telefon zeitweise abzustellen, um den Belästigungen zu entgehen. Hier ist laut SLAK Folgendes zu beachten: „Grundsätzlich sollte eine dienstbereite Apotheke auch telefonisch erreichbar sein. In der besonderen Situation der massiven Belästigung durch Störanrufe kann es gerechtfertigt sein, hiervon abzuweichen, wenn das Notdienstpersonal trotzdem für Kunden vor Ort in der Apotheke erreichbar ist (gilt nicht für Befreiungen von der Anwesenheitspflicht). Eine pauschale Empfehlung kann jedoch nicht erfolgen, sondern muss vom zuständigen Apothekenleiter individuell getroffen werden.“

Bayern: zwei Fälle bekannt

Auch die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) rät dazu, solche Anrufe der Polizei zu melden. „Uns sind konkret zwei Berichte über entsprechende Anrufe im Notdienst aus Bayern bekannt“, erklärt die BLAK auf Nachfrage. „Da es sich bei solchen Anrufen um eine Straftat handeln kann, sollten die Betroffenen sich unbedingt an die örtliche Polizeidienststelle wenden. Um die Apothekerinnen und Apotheker vor Übergriffen, auch vor Ort, zu schützen, raten wir zumindest, abends oder wenn man alleine in der Apotheke ist, im Notdienst die Tür nicht zu öffnen und stattdessen die Notdienstklappe zu benutzen, um Rezepte entgegenzunehmen und Medikamente herauszugeben.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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Den Tätern die Schrecksekunde nicht gönnen

2 Kommentare

Tabuthema

von Reinhild Berger am 30.03.2022 um 9:42 Uhr

Es wundert mich, dass dieses Thema erst im Jahr 2022 öffentlich diskutiert wird. Ich habe diese Art von Belästigungen im Nachtdienst bereits in den 1980er Jahren erlebt. Meine von mir selbst verantwortete Rettung war damals: Nachts nicht mehr ans Telefon gehen. Es gab nie, nie, nie eine Beschwerde darüber, dass ich im Notdienst telefonisch nicht erreichbar war. Zur Erinnerung: Handys gab es damals noch nicht.

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Obszönitätet im Notdienst

von Dr. Detlef Eichberg am 30.03.2022 um 7:47 Uhr

Mir begegnen öfters Themen, die ich gerade akut durchlebt habe - siehe oben. So im letzten Notdienst: Ein Artgenosse weckte mich gegen 1 Uhr morgens, nachdem ich gerade das erste Mal auf meiner Liege eingedusselt war und teilte mir salbungvoll mit, dass sein Geschlecht eine Übergröße hätte und er aufgrund dessen seinen Beischlaf gerade hätte abbrechen müssen.
Ich wunderte mich selbst über meinen spontanen Rat-Schlag, er solle doch eine diesbezügliche Organspende überlegen. Da gäbe es sicherlich eine attraktive Börse für. Ich mit meinen nunmehr 69 Lenzen wäre da allerdings eher nur überschaubar motiviert.

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