Teurer Sprit

„Unser Rohertrag dürfte gewaltig leiden“

München - 17.03.2022, 16:45 Uhr

Die Logistikbranche , darunter auch der Pharmagroßhandel, leidet besonders unter den hohen Spritpreisen. (Foto: IMAGO / biky)

Die Logistikbranche , darunter auch der Pharmagroßhandel, leidet besonders unter den hohen Spritpreisen. (Foto: IMAGO / biky)


Die Explosion der Spritpreise an den Tankstellen stellt auch Apotheker, Großhändler sowie sämtliche Unternehmen des Gesundheitswesens vor große Herausforderungen. Allenthalben kommt es zu finanziellen Mehrbelastungen, mittelfristig dürfte sich das auch in den Liefer- und Frachtpreisen niederschlagen. Für Apotheker dürfte es dann teurer werden. Derweil ringt die Politik um Entlastungsmöglichkeiten.

2,25 Euro für einen Liter Super, 2,30 Euro für die gleiche Menge Diesel. Die Preise an den Tankstellen sind in den vergangenen Wochen geradezu explodiert. Das trifft alle, die regelmäßig Auto fahren: Privatleute, Spediteure, Taxifahrer, nahezu alle Unternehmen und auch die Gesundheitsbranche und Apotheken.

Eine Apothekerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, sagte gegenüber der DAZ: „Natürlich belasten uns die gestiegenen Spritpreise. Indirekt durch Erhöhung der Fahrtkosten durch die Lieferanten. Generell stocken alle ihre Preise auf, aber die Verhandlungen unserer Standesvertretung sind wohl leider ins Leere gelaufen, dass auch wir eine höhere Marge bekommen, um unsere gestiegenen Kosten zu kompensieren.“ Sie weist zudem darauf hin, dass sich die direkten Effekte in gegebenenfalls höheren Kosten für die Botendienste niederschlagen werden. Auch die Mitarbeiter, die einen längeren Fahrweg haben, würden „natürlich knurren“. Die Apothekerin wörtlich: „Sicher ist, dass unser Rohertrag gewaltig darunter leiden dürfte.“

BGA: Hohe Preise sind bedrohlich

Wie im Kleinen schlagen sich die aktuell hohen Spritpreise auch im Großen nieder. So sagte Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), dass die aktuell viel zu hohen Spritpreise für Endverbraucher, Industrie und Handel in gleichem Maße bedrohlich seien und unserem Standort schadeten – eine Feststellung, der sich auch der Phagro als Standesvertretung des pharmazeutischen Großhandels anschließt.

So heißt es beispielsweise bei Sanacorp: „Durch unsere Logistikfunktion sind wir natürlich von den hohen Treibstoffkosten ertragsseitig betroffen und befinden uns aktuell in der Bewertung dazu.“

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„Wir sind aufeinander angewiesen“

Ähnliche Töne sind aus dem Umfeld des Alzenauer Großhändlers AEP zu hören. Dort beobachtet man mit Sorge die Entwicklung. Steigende Spritpreise würden sich kostenerhöhend auswirken, der Umfang sei angesichts der sehr großen Preisschwankungen aber schwer prognostizierbar. Aktuell beabsichtigt man nicht, darauf zu reagieren; die Mehrbelastung sollte soweit wie möglich durch die positive Geschäftsentwicklung kompensiert werden. Durch die einmal tägliche Belieferung sei man in der Lage, die Kunden kostengünstig zu versorgen.

Allerdings wird in der Großhandelsbranche auch darüber diskutiert, die Mehrkosten bei der Belieferung in Form von Zusatzgebühren an die Apotheken weiterzugeben. Manche Händler haben bereits konkrete Pläne haben. So zum Beispiel der private Großhändler Kehr-Holdermann, bei dem .ab 1. April ein Tourenkostenbeitrag von 2 Euro pro Lieferung fällig wird. 

Politik ringt um Entlastung

Währenddessen diskutiert die Politik, wie Privatverbraucher und Unternehmen entlastet werden können. Der Vorschlag von Finanzminister Christian Lindner (FDP) eines Tankrabatts stößt dabei auf breite Kritik.

BGA-Präsident Janura verlangt, dass die Politik sich jetzt „nicht in populistischem Aktionismus verlieren“ dürfe, bei dem sich kurzfristige, aber unausgereifte Vorschläge überschlagen. „Wir brauchen stattdessen echte und dauerhafte Lösungen. Diese vermisse ich in der aktuellen Diskussion noch.“

Der BGA-Chef verweist auf eine kürzlich veröffentlichte Unternehmensumfrage, wonach für 83 Prozent der im Verband organisierten Unternehmen die Sicherung der Energieversorgung jetzt politische Priorität habe. Das bedeute auch, dass Energie bezahlbar bleiben müsse. „Damit ist klar, wo Politik jetzt gefordert ist. Die Preisspirale muss gestoppt werden.“

Konkret tritt Janura dafür ein, ein Bündel an Maßnahmen umzusetzen. Mit den Entlastungen im Jahressteuergesetz 2022 sei man auf dem richtigen Weg. Eine Anhebung des Grundfreibetrages, des Arbeitnehmerfreibetrages und der Pendlerpauschale wären wichtige Korrekturen. Angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen massiven Erhöhungen gingen diese Entlastungen jedoch nicht weit genug und müssten nachjustiert werden. So wäre aus seiner Sicht die Absenkung der Mineralöl- beziehungsweise Energiesteuern ein transparenter und nachvollziehbarer Schritt. Außerdem begrüße der BGA die Abschaffung der EEG-Umlage, was einer langjährigen Forderung des Großhandels entspreche. Geboten wären außerdem weitere Entlastungen vor allem für den Bereich Transport und Logistik. Jandura abschließend. „Wir brauchen endlich wieder wettbewerbsfähige Energiepreise.“
 

Ölpreisrückgang zeigt sich nicht an Tankstellen

Bemerkenswert ist, dass die Ölpreise der Nordseesorte Brent von ihrem Hoch in den ersten Märztagen von 123 Dollar je Barrel mittlerweile wieder deutlich heruntergekommen sind; aktuell wird ein Barrel für rund 102 Dollar gehandelt. An den Tankstellen hat sich diese Entwicklung allerdings bislang nicht in diesem Maße niedergeschlagen; die Preise sind bisher nur marginal gesunken. In dem Zusammenhang weist der Automobilclub ADAC darauf hin, dass sich die Benzinpreise von den Ölpreisen abgekoppelt haben. „Dieses Geld wird irgendwo im Prozess zwischen Ölförderung und Tankstelle verdient“, sagte ADAC-Kraftstoff-Fachmann Jürgen Albrecht der Tageszeitung FAZ. Der gestiegene Benzinpreis könnte zu einem „erheblichen Teil“ den Mineralölgesellschaften zugutekommen, meint auch Monika Schnitzer, Wirtschaftsprofessorin in München und Mitglied im Wirtschaftssachverständigenrat. Auch von Lindners „Tankrabatt“ würden die Ölkonzerne wieder profitieren, weil sie durch Preiserhöhungen einen Teil des Rabatts für sich verbuchen könnten.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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