Pläne für neues Spargesetz

Pharmaverbände: Inakzeptabel, fatal und verheerend

Berlin - 16.03.2022, 14:45 Uhr

Die Bundesregierung will die GKV entlasten – gespart werden soll bei Arzneimitteln. (Foto: bodiaphoto / AdobeStock)

Die Bundesregierung will die GKV entlasten – gespart werden soll bei Arzneimitteln. (Foto: bodiaphoto / AdobeStock)


Kombinationsabschlag und Beschneidung des Orphan Drug-Status

Sodann hat sich Lauterbachs Haus noch etwas ganz Neues ausgedacht: einen „Kombinationsabschlag“ von15 Prozent auf den Erstattungsbetrag. Was steckt dahinter? In der Begründung des Referentenentwurfs wird erklärt: Während fixe Kombinationen (mehrere Wirkstoffe in einer Arzneimittelpackung) bereits zusammen der Frühen Nutzenbewertung unterfallen und für sie nur ein Erstattungsbetrag vereinbart wird, summieren sich die Erstattungsbeträge einzelner Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen in freien Kombinationen auf. Und zwar „ohne dass hinreichende Evidenz zum Nutzen dieser Arzneimittelkombination und des Anteils eines Kombinationspartners am Therapierfolg regelhaft vorhanden wäre“. Um die finanzielle Stabilität der GKV zu gewährleisten, sei es erforderlich, dass die Solidargemeinschaft beim Einsatz von freien Kombinationstherapien mit geringeren Gesamtkosten belastet werde, als der Summe der Erstattungsbeträge bei einer Anwendung in der Monotherapie. Damit das Ganze funktionieren kann, ist zuvor der Gemeinsame Bundesausschuss gefordert: Im Beschluss über die Nutzenbewertung soll er alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen benennen, die in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel eingesetzt werden können. Abhängig vom Ergebnis der Erstattungsbetragsverhandlungen verspricht sich das BMG hierdurch mittelfristig Einsparungen von rund 150 bis 200 Millionen Euro.

Auch bei den Orphan Drugs setzt der Gesetzentwurf an: Derzeit muss der medizinische Zusatznutzen für diese Arzneimittel erst belegt werden, wenn sie eine Umsatzschwelle von 50 Millionen Euro im Jahr überschreiten. Geht es nach Lauterbach, soll die Schwelle künftig schon bei 20 Millionen Euro liegen. Dies soll mittelfristig 100 bis 200 Millionen Euro im Jahr sparen.

Nicht zuletzt soll das seit 2009 bestehende Preismoratorium um weitere vier Jahre bis Ende 2026 verlängert werden. Dies soll über die Vermeidung von erwarteten Preissteigerungen wesentlich zur Stabilisierung der Ausgaben für Arzneimittel beitragen – von mindestens 1,8 Milliarden Euro pro Jahr ist die Rede.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Wie war das mit der Unabhängigkeit vom asiatischen Markt?

von Martin Buchecker am 17.03.2022 um 14:40 Uhr

War nicht die Lehre aus dem Nitrosamin/Sartan-Skandal und den, für die Versorgung immer schwerer wiegenden, zunehmenden Lieferengpässen, dass man unabhängiger von der indischen und chinesischen Wirkstoffproduktion werden wollte?

Und die Produktion in Europa und Deutschland stärken wollte, und dafür auch Geld in die Hand nehmen wollte?

Das Gegenteil wird mit den geplanten Kürzungen erreicht. Es rentiert sich dann für niemanden mehr in Deutschland zu produzieren. Unter den geplanten Einsparung lässt es sich nur noch in Indien / in der Dritten Welt rentabel produzieren, dort wo es keine wirtschaftl. Einschränkungen wie Steuern, Umweltschutz, Arbeitsschutz, angemessene Entlohnung der Beschäftigten und Qualitätsanforderungen gibt. Dann kommen noch mehr Medikamente aus indischen Reifen- und Chemiebuden inkl. Verunreinigungen.

Das muss dann ehrlicherweise aber auch vom Gesundheitsminister so kommuniziert werden, das man aus Kostengründen auf Qualität, Versorgungssicherheit, ethischen- und umweltgerechten Standards in der Fertigung bei der Medikamentenversorgung für Kassenpatienten in Zukunft verzichten will bzw. nicht mehr dafür bezahlen will.


Und dazu kommt noch, das neue innovative Medikamente dann für Jahre nicht auf dem deutschen Markt erscheinen werden, sondern nur noch dort wo man mit diesen Geld verdienen kann. Das geht dann in die Richtung, das wir neue Medikamente frühestens mit Patentablauf in Deutschland sehen werden (wenn sich dann dafür eine Bruchbude in der 3. Welt finden lässt, die das für den deutschen Markt dann produziert)


Wollen wir das wirklich?

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