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Klimaberatung in der Apotheke?

Stuttgart - 11.03.2022, 13:45 Uhr


Was kann man apothekenspezifisch für mehr Nachhaltigkeit tun?

Beim Wasserfußabdruck sei nicht nur etwa an die Toilettenspülung zu denken, sondern auch an sogenanntes „virtuelles Wasser“, das durch die Herstellung in unseren Produkten steckt. Apotheken können sich zum Beispiel darüber Gedanken machen, wie oft und womit sie reinigen. In der Rezeptur sei es etwa besser, die Materialien mit wenig (!) Zellstoff abzuwischen, bevor man Wirk- und Hilffsstoffreste ins Abwasser spült. Auch bei der Anwendung von Diclofenac-Gel sollen Apotheken ja empfehlen, die Hände zunächst mit einem Tuch abzuwischen, ehe man sie wäscht. Darüber informierte kürzlich die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker.

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Beim Thema Verkehr sei nicht nur daran zu denken, wie die Mitarbeiter:innen zur Arbeit kommen. Großhandelstouren könnten beispielsweise reduziert werden und die Routen von Botendiensten könne man durch eine gute Planung optimieren. Die Fahrzeugwahl sei dabei natürlich auch entscheidend.

Arzneimittel, Dosieraerosole und Narkosegase für 60 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich

Und dann gibt es natürlich noch den Bereich, der über das hinaus geht, was jeder im Alltag tun kann. So kann man beispielsweise bei der Produktauswahl und Beratung zu Sonnenschutz darauf achten, dass keine Stoffe enthalten sind, die dem Meer und seinen Bewohnern schaden. Dabei sind natürlich auch die Hersteller solcher Produkte, aber auch die von Arzneimitteln gefragt. So gibt es zum Beispiel das Konzept „benign by design“, dessen Ziel es ist, biologisch abbaubare Arzneimittel zu entwickeln.

Immerhin sind, wie Daten aus Großbritannien zeigen, in der Primärversorgung, Arzneimittel, Dosieraerosole und Narkosegase für 60 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Luhmann erläuterte, dass circa die Hälfte aller Wirkstoffe als umweltrelevant gelten. Neben dem zuletzt medial thematisierten Diclofenac, zählen dazu bekanntermaßen Antibiotika, aber auch Blutdrucksenker und Epilepsie-Medikamente. Zudem ist an das breit eingesetzte Diabetes-Arzneimittel Metformin zu denken, das wegen seiner geringen Bioverfügbarkeit zu großen Teilen ins Wasser gelange und zur Verweiblichung von Fischen führe

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Arzneimittel allgegenwärtig

Doch „Klimaberatung“ in der Apotheke bedeutet mehr als die Sensibilisierung für Umweltthemen im Patient:innen-Gespräch. Wie Luhmann deutlich machte, stecken wir schon „mitten in der Krise“ mit all ihren gesundheitlichen Auswirkungen. Dabei ist nicht nur an Allergien und respiratorische Erkrankungen zu denken, auch beispielsweise kardiovaskuläre und psychische Erkrankungen sind mit der Klimakrise verknüpft, und auch Unterernährung kann zum Thema werden.

Bei den respiratorischen Erkrankungen ist nicht nur daran zu denken, dass sie durch Luftverschmutzung verstärkt werden, sondern eben auch an den ökologischen Fußabdruck von Dosieraerosolen. Beim Thema Ernährung machte Luhmann auf die „Planetary Health Diet“ aufmerksam, die zu 50 Prozent aus Obst um Gemüse besteht. Diese würde sich offensichtlich nicht nur positiv auf das Klima, sondern generell auf die Gesundheit der Menschen auswirken.

Die Heidelberger Hitze-Tabelle

Dass Hitze uns und den Patient:innen in der Apotheke körperlich zu schaffen machen kann, ist kein Geheimnis und regelmäßig ein Thema während Hitzewellen im Sommer. Dann geht es aber nicht nur darum, ausreichend zu trinken und sich vor der Sonne zu schützen. Auch Arzneimittel können von der Hitze in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden. Wer Medikationsmanagement in der Apotheke anbietet, kann laut Luhman auf die sogenannte Heidelberger Hitze-Tabelle zurückgreifen.

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Daraus kann man entnehmen, dass zum Beispiel Histamin-H1-Antagonisten der ersten Generation Mundtrockenheit verstärken und Schweißproduktion hemmen. Aber auch bei Insulin ist beispielsweise an ein rascheres Anfluten zu denken.

In Luhmanns Vortrag wurde also deutlich: Die Klimakrise begegnet uns auch in der Apotheke auf vielen Ebenen. Dem Gefühl der Überforderung kann man dabei entgegenwirken, indem man anfängt, an einzelnen Stellschrauben zu drehen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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