Zum Welt-HPV-Tag

HPV-Impfung im Einzelfall auch über 18 sinnvoll

Rosenheim - 04.03.2022, 09:15 Uhr

Der erste HPV-Impfstoff Gardasil erhielt seine Zulassung im September 2006 und schützt vor den Virentypen 16 und 18 sowie vor den Typen 6 und 11. Seit 2015 gibt es Gardasil 9. (x / Foto: IMAGO / imagebroker / schreiter)

Der erste HPV-Impfstoff Gardasil erhielt seine Zulassung im September 2006 und schützt vor den Virentypen 16 und 18 sowie vor den Typen 6 und 11. Seit 2015 gibt es Gardasil 9. (x / Foto: IMAGO / imagebroker / schreiter)


Eine Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) schützt beide Geschlechter vor HPV-bedingten Krebsarten an Gebärmutterhals, Vulva, Anus, Mundhöhle sowie Penis. Sind bereits Krebsvorstufen am Gebärmutterhals aufgetreten, kann eine Impfung ebenfalls sinnvoll sein – selbst jenseits des 18. Geburtstags.

Am heutigen 4. März ist Welt-HPV-Tag. „Humane Papillomaviren sind nicht nur die Hauptauslöser für Gebärmutterhalskrebs, sie können bei Frauen und Männern auch weitere Krebserkrankungen verursachen“, erinnert der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) in einer aktuellen Pressemitteilung. Von mehr als 200 bekannten Virustypen werden zwölf von der WHO als sicher karzinogen eingeschätzt. Eine Impfung gegen bestimmte Virustypen soll persistierende Infektionen und damit Tumore verhindern.

Denn sind Zellveränderungen erst einmal da, sind die Therapieoptionen limitiert. „Diese Zellveränderungen machen jährlich bei Frauen etwa 56.000 Operationen am Gebärmutterhals notwendig“, schildert der Berufsverband. Bei der sogenannten Konisation schneiden Ärzte die Zellveränderungen kegelförmig aus dem Gebärmutterhals heraus. Dieser Eingriff erfolgt meist im gebärfähigen Alter und bleibt nicht folgenlos, sondern erhöht insbesondere das Risiko für Frühgeburten. Zudem besteht die Möglichkeit einer Reinfektion mit HPV.

Impfen, wenn es fast zu spät ist

„Eine HPV-Impfung ist auch nach einer Konisation möglich, denn sie trägt dazu bei, das Wiedererkrankungsrisiko dieser Frauen deutlich zu senken“, berichtet Klaus Doubek, Präsident des BVF. Frauenärzte empfehlen daher – untermauert von Studienergebnissen – die Impfung, wenn sie eigentlich schon fast zu spät scheint. Zwar konnte in Studien kein Einfluss auf den Verlauf der aktiven Infektion festgestellt werden, allerdings sank durch die Impfung die Wiedererkrankungsrate an Genitaldysplasie/Kondylomen sowie höhergradigen zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN2+). 

Die S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientin mit Zervixkarzinom aus 2021 nennt die HPV-Impfung nach Konisation daher explizit als mögliche Option. Ob die Krankenkassen die Kosten übernehmen, ist jedoch eine Einzelfallentscheidung und sollte vor der Impfung individuell beantragt werden. Der Verband unterstützt Gynäkologen mit einem Vordruck für ein entsprechendes Empfehlungsschreiben zur Kostenübernahme. Drei Impfdosen belaufen sich auf knapp 500 Euro.

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Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die HPV-Grundimmunisierung im Alter zwischen 9 und 14 Jahren. Während die Impfung zunächst nur Mädchen vorbehalten war, weitete sie ihre Empfehlung im Juni 2018 auch auf Jungen aus. Die Grundimmunisierung in dieser Altersklasse sieht eine zweimalige Impfung vor. Wurde dieses Zeitfenster versäumt, rät die STIKO, sie bis zum Alter von 17 Jahren nachzuholen. Dann ist allerdings eine dritte Impfdosis nötig. Im Idealfall sollte die Impfung vor den ersten sexuellen Kontakten erfolgen, da beispielsweise Kondome keinen zuverlässigen Schutz vor einer Infektion darstellen. Untersuchungen an Frauen zeigen, dass sich 40 Prozent von ihnen bereits innerhalb der ersten ein bis zwei Jahre nach Aufnahme der sexuellen Aktivität mit HPV infizieren.

In Sachsen empfiehlt die sächsische Impfkommission (SIKO) die HPV-Impfung sogar bis zum vollendeten 26. Lebensjahr und schloss Jungen und Männer bereits im Jahr 2013 in ihre Empfehlung ein.

Aber auch ohne Empfehlung der STIKO steht es Ärzten frei, Erwachsene gegen HPV zu impfen. Die verfügbaren Impfstoffe haben keine Altershöchstgrenze. Selbst wenn bereits sexuelle Aktivität aufgenommen wurde, kann eine Impfung vor weiteren Virustypen schützen. Denn meist persistieren Einzelinfektionen, also nur ein Virustyp. Auch hier sollte die Kostenübernahme vorab geklärt werden.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Laut dem epidemiologischen Bulletin 2020 sind hierzulande rund 43 Prozent der 15-jährigen Mädchen vollständig gegen HPV geimpft. Diese Quote senkt nach Modellrechnungen die Häufigkeit von Gebärmutterhalskrebs im Verlauf der nächsten 100 Jahre um mehr als die Hälfte. Die HPV-Impfung verhindert jedoch nicht nur Krebs, sondern auch die wesentlich häufiger vorkommenden Krebsvorstufen und in der Folge Schwangerschaftskomplikationen. „Wir müssen teilweise junge Frauen damit konfrontieren, dass sie ein stark erhöhtes Krebsrisiko haben oder dass sie sich operieren lassen müssen, um die Zellveränderungen nachhaltig zu entfernen“, so Doubek. „Für die betroffenen Frauen sind das erhebliche psychische Belastungen, die sich über Monate bis Jahre hinziehen können.“

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Der erste Impfstoff Gardasil erhielt seine Zulassung im September 2006 und schützt vor den zwei Hochrisiko-Virentypen 16 und 18 sowie vor den Typen 6 und 11. Letztere haben zwar nur ein geringes onkogenes Potenzial, lösen jedoch Genitalwarzen aus. Cervarix, zugelassen 2007, deckt nur die beiden Hochrisiko-Virentypen ab. Seit 2015 soll der neunvalente Impfstoff Gardasil 9 durch den Schutz vor weiteren – wenn auch seltener vorkommenden - Hochrisiko-HPV-Typen ein noch breiteres Spektrum abdecken. In den Studien traten als Nebenwirkung von Gardasil 9 am häufigsten Reaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung, Schwellung und Schmerzen sowie Kopfschmerzen auf. Die HPV-Impfung ersetzt jedoch nicht die empfohlene Krebsvorsorge-Untersuchung. 



Anna Carolin Antropov, Apothekerin
redaktion@daz.online


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