Gastkommentar

Automatische Biosimilar-Substitution in den Apotheken – Ja oder Nein?

Erding - 25.02.2022, 12:15 Uhr

Ähnlich, aber nicht gleich: Ob Biosimilars sich für die automatische Substitution in der Apotheke eignen, ist umstritten. (Foto: IMAGO / Westend61) 

Ähnlich, aber nicht gleich: Ob Biosimilars sich für die automatische Substitution in der Apotheke eignen, ist umstritten. (Foto: IMAGO / Westend61) 


Die Gretchenfrage: Wer löst die Umstellung aus?

Im Zusammenhang mit der Arzneimittelsicherheit ist deshalb aus meiner Sicht nur ein Aspekt zu diskutieren: Wer löst die Umstellung aus? Darf nur der Arzt auf ein namentlich verordnetes Biosimilar umstellen oder wird eine automatische Substitution auf Apothekenebene ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, vergleichbar den Regelungen zum generischen Markt, ermöglicht? Dabei sind zwei Dinge zu berücksichtigen: Zum einen die Nachverfolgbarkeit möglicher unerwünschter Nebenwirkungen und zum anderen der finanzielle Aspekt.

Um eine exakte Rückverfolgung möglicher Nebenwirkungen zu gewährleisten, sind laut EU bei biologischen Arzneimitteln der exakte Handelsname und die Herstellungschargennummer zu dokumentieren. Diese Angaben können ohne größeren Aufwand nur durch die abgebende Apotheke erhoben werden, da es beispielsweise auch Fertigpens gibt, die der Patient zu Hause und ohne erneuten Arztkontakt anwendet. Eine automatische Substitution wäre also möglich und könnte in speziellen Fällen durch das Setzen eines Aut-idem-Kreuzes durch den verordnenden Arzt ausgeschlossen werden.

Der finanzielle Aspekt

Hinzu kommt allerdings der finanzielle Aspekt. Aus Sicht der meisten Beteiligten ist eine automatische Substitution gleichzusetzen mit der Einführung von Rabattverträgen. Rabattverträge ihrerseits sind nichts anderes als Ausschreibungen. Dabei geht es entgegen anderslautender Beteuerungen stets um den Preis. Die Folgen eines Rabattvertragsmarkts können im generischen Markt studiert werden: im Jahr 2021 fast 5 Milliarden Euro Einsparungen für die Krankenkassen, einhergehend mit einem entsprechenden Margenverfall auf Seiten der Industrie, teilweise eklatante Qualitätsmängel (z. B. Valsartanskandal), Lieferengpässe (u. a. sogar bei Basis-Arzneimitteln wie Ibuprofen oder aktuell Tamoxifen) und Abwanderung der Produktionsstätten in weniger regulierte Länder der Welt mit den hinreichend bekannten Konsequenzen.

Jetzt spricht im wachsenden Marktsegment der Biologika nichts gegen Einsparungen, die für ein Fortbestehen unseres solidarischen Gesundheitssystems geradezu zwingend sind. Laut Arzneiverordnungsreport betrug im Jahr 2019 der Anteil der Biologika am Gesamtumsatz der Arzneimittel und Rezepturen 33,4 Prozent, obwohl sie nur 7,8 Prozent aller DDD ausmachten – sie waren also im Schnitt deutlich teurer als andere small molecule Arzneimittel. Selbst bei den parenteralen Zubereitungen waren laut aktuellen GAmSi-Zahlen 2020 die ersten neun Positionen der umsatzstärksten verarbeiteten Wirkstoffe durch monoklonale Antikörper besetzt.



Dr. Franz Stadler
redaktion@daz.online


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