Gastkommentar

Automatische Biosimilar-Substitution in den Apotheken – Ja oder Nein?

Erding - 25.02.2022, 12:15 Uhr

Ähnlich, aber nicht gleich: Ob Biosimilars sich für die automatische Substitution in der Apotheke eignen, ist umstritten. (Foto: IMAGO / Westend61) 

Ähnlich, aber nicht gleich: Ob Biosimilars sich für die automatische Substitution in der Apotheke eignen, ist umstritten. (Foto: IMAGO / Westend61) 


Sollen Apotheken Biosimilars wie generische Arzneimittel automatisch gegeneinander austauschen dürfen? Die verschiedenen Standpunkte prallen hart aufeinander. Wie eine praktikable Lösung aussehen könnte, erläutert Apotheker Dr. Franz Stadler, Autor des Buches Medikamenten-Monopoly und Mitbegründer der Stiftung für Arzneimittelsicherheit, in einem DAZ-Gastkommentar.

Die Rechtslage ist eindeutig: Nach §129 SGB V (1a) muss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) spätestens zum 16. August 2022 eine Richtlinie zur Austauschbarkeit von biologischen Arzneimitteln erarbeiten. Im Kern geht es bei der um dieses Thema entbrannten Diskussion um die Arzneimittel- und Versorgungssicherheit, aber auch um viel Geld. Mit etwas Abstand betrachtet gibt es dabei viele Gesichtspunkte, die für sich gesehen jeweils von großer Bedeutung sind.

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Folgen wir zunächst der Argumentation der Herstellerverbände: Für sie geht es um die Stärke des Produktionsstandorts Deutschland, den sie durch kurzfristige Sparmaßnahmen, wie die geplante automatische Substitution bei Biosimilars, gefährdet sehen. In der Folge wird mit den hohen Umweltstandards, hochqualifizierten Arbeitskräften, Investitionen und Innovationen am Standort und natürlich mit der Versorgungssicherheit (kurze Lieferketten/Autonomie) argumentiert. Das ist alles richtig. Genauso wie es richtig ist, auf die Einsparungen hinzuweisen, die der Wettbewerb durch den vermehrten Einsatz von Biosimilars statt der originalen Biopharmazeutika generiert. Immerhin erzielten Biosimilars nach Angaben Herstellerverbände im Jahr 2019 einen durchschnittlichen Marktanteil von 42 Prozent im biopharmazeutischen Marktsegment.

Auffällig an dieser Argumentation ist allerdings, dass es nicht um die pharmazeutische Qualität, also beispielsweise um mögliche Wirkunterschiede zwischen den Biosimilars untereinander und/oder zum jeweiligen Referenzpräparat geht. Sie wäre das Hauptargument, wenn eine Vergleichbarkeit hinsichtlich der Wirkungen/Nebenwirkungen/Immunogenität nicht gegeben wäre. Vielleicht wird dieses Argument aber auch deshalb nicht angeführt, weil alle Beteiligten wissen, dass das evidenzbasierte Zulassungsverfahren für Biosimilars in der EU sicher ist, man also von einer Austauschbarkeit ausgehen kann

Weil selbst die Referenzarzneimittel zwischen verschiedenen Chargen eine gewisse Mikrovariabilität zeigen, die auch im Vergleich mit und innerhalb der Biosimilars auftritt, werden im Zulassungsverfahren aller Biologika substanzspezifische Spezifikations- und Äquivalenzkorridore definiert. Damit wird sichergestellt, dass Wirksamkeit und Sicherheit für das Referenzpräparat und die Biosimilars gegeben sind. Dieses Verfahren findet in der EU seit Jahren erfolgreich Anwendung. Selbst das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) als zuständige Bundesoberbehörde stellt in seltener Klarheit fest, dass die Austauschbarkeiten inzwischen durch verschiedene Switch-Studien gut belegt und deshalb ohne Einschränkungen gegeben sind.



Dr. Franz Stadler
redaktion@daz.online


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