TK-Arzneimittelreport

Schmerzmittel für Kinder: Im Jahr 2020 erstmals mehr OTC-Abgaben als Verordnungen

Berlin - 23.02.2022, 16:45 Uhr

Bis zu einem Alter von zwölf Jahren übernehmen die Kassen auch die Kosten für ärztlich verschriebene apothekenpflichtige Medikamente. (c / Foto: IMAGO / CHROMORANGE) 

Bis zu einem Alter von zwölf Jahren übernehmen die Kassen auch die Kosten für ärztlich verschriebene apothekenpflichtige Medikamente. (c / Foto: IMAGO / CHROMORANGE) 


Im ersten Pandemiejahr 2020 ist die Zahl der Rezepte für Kinder unter zwölf Jahren um rund 40 Prozent eingebrochen. Das zeigt der heute veröffentlichte Report „Kinder und Arzneimittel“ der Techniker Krankenkasse. Bei Fieber- und Schmerzmitteln überstieg der OTC-Anteil anders als in den Vorjahren den Verordnungsanteil – die pharmazeutische Beratung gewinnt somit bei der Abgabe weiter an Bedeutung.

Apotheken bekommen die Folgen der Pandemie unter anderem bei den Arzneimmittelverordnungen zu spüren. Das trifft auch auf Kinderrezepte zu: Im Jahr 2020 verzeichnete die Techniker Krankenkasse (TK) rund 40 Prozent weniger Verschreibungen für Versicherte in der Altersklasse bis zwölf Jahre. Das geht aus dem heute vorgestellten TK-Report „Kinder und Arzneimittel“ hervor.

Allerdings gibt es im Vergleich zu Erwachsenen bei Kinderverordnungen eine Besonderheit: Bis zu einem Alter von zwölf Jahren übernehmen die Kassen auch die Kosten für ärztlich verschriebene apothekenpflichtige Medikamente. Diese machen nach wie vor den Löwenanteil der rezeptierten Präparate aus – auf den Plätzen eins bis drei der am häufigsten verschriebenen Wirkstoffe rangieren mit Ibuprofen, Xylometazolin und Paracetamol drei Arzneistoffe, die üblicherweise vor allem bei fiebrigen Erkältungskrankheiten zum Einsatz kommen.

Das sind die Top zwölf der am häufigsten verordneten Wirkstoffe für Kinder

  1. Ibuprofen
  2. Xylometazolin
  3. Paracetamol
  4. Colecalciferol
  5. Salbutamol
  6. Efeublätterextrakt
  7. Amoxicillin
  8. Ambroxol
  9. Ofloxacin
  10. Cefaclor
  11. Cetirizin
  12. Olaflur

TK-Report „Kinder und Arzneimittel“ (23. Februar 2022)

Wie wichtig die pharmazeutische Beratung bei der Abgabe von Kinderarzneien ist, belegt auch die Tatsache, dass im Jahr 2020 – anders als in den Vorjahren – mehr Schmerz- und Fiebermittel ohne als mit Rezept abgegeben wurden. Studienautorin Professor Antje Neubert, Leiterin der Zentrale für klinische Studien in der Pädiatrie am Universitätsklinikum Erlangen, unterstrich, dass auch in der Selbstmedikation unbedingt auf eine korrekte Dosierung zu achten sei. Andernfalls sei mit schweren Nebenwirkungen zu rechnen. Besonders häufig seien solche bei der Anwendung von abschwellenden Nasentropfen und der Einnahme von Antiemetika zu beobachten, sagte die Fachapothekerin für Arzneimittelinformation. Die Kommunikation mit den Eltern und je nach Alter auch mit den Kindern selbst könne diesbezüglich entscheidend sein.

Neubert leitet gemeinsam mit dem Arzt Professor Wolfgang Raschert ein Projektteam, das die Website kinderformularium.de entwickelt hat. Dort finden Heilberufler eine Datenbank mit evidenzbasierten Informationen zur Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen. Schwerpunkt sind Dosierempfehlungen. Die Datenbank wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) im Zuge des Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland finanziert und bezeichnet sich selbst als unabhängig.

Anteil vollständig ungeimpfter Kinder sinkt

Eine positive Entwicklung verzeichnet die TK bei Impfungen: Von den Kindern, die im Jahr 2018 oder davor geboren wurden, sind lediglich 3,2 Prozent vollständig ungeimpft. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, sagte TK-Chef Jens Baas. Jeweils knapp die Hälfte aller TK-versicherten Kinder gilt demnach gemäß den STIKO-Kriterien als vollständig oder unvollständig geimpft. 

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Vorteile durch digitales Impfmanagement?

Sein Augenmerk legte Baas auf die unvollständig geimpften Kinder – deren Eltern scheinen, so vermutet der Kassenmanager, immerhin keine eingefleischten Impfgegner zu sein. „Sie müssen wir besser erreichen, zum Beispiel mithilfe eines digitalen Impfmanagements.“ So könne man die Eltern etwa an Termine für Auffrischimpfungen erinnern. Auch in diesem Bereich verspricht sich die Techniker Krankenkasse, die als besonders digitalaffin gilt, offenbar deutliche Vorteile durch die Nutzung elektronischer Hilfsmittel.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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