Appell an die Ampel-Regierung

Politik soll geplanten Biologika-Austausch in den Apotheken stoppen

Berlin - 16.02.2022, 10:45 Uhr

Von links nach rechts: Moderator Frank-Ulrich Fricke, Apothekerin Kerstin Kemmritz, Onkologe Wolf-Dieter Ludwig, Patientenvertreter Martin Danner und Walter Röhrer von der AG Pro Biosimilars. (c / Foto: Pro Generika)

Von links nach rechts: Moderator Frank-Ulrich Fricke, Apothekerin Kerstin Kemmritz, Onkologe Wolf-Dieter Ludwig, Patientenvertreter Martin Danner und Walter Röhrer von der AG Pro Biosimilars. (c / Foto: Pro Generika)


BAG Selbsthilfe: Austausch verunsichert Patienten

Auch Martin Danner von der BAG Selbsthilfe hält nicht viel davon, Biologika in den Apotheken automatisch gegeneinander auszutauschen. Rabattverträge seien in diesem Fall ein „problematisches Instrument“, das einen massiven Eingriff in das Arzt-Patienten-Verhältnis darstelle. Zudem gebe es gute Gründe gegen einen Austausch, zum Beispiel bei motorisch eingeschränkten oder sehbehinderten Menschen. „Es verunsichert auch, wenn ich ständig etwas Neues bekomme“, sagte der Patientenvertreter.

AkdÄ-Chef Ludwig: Umstellung ist ärztliche Aufgabe

Professor Wolf-Dieter Ludwig ist seit dem Jahr 2006 Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Er meint: Das Umstellen von Patientinnen und Patienten ist eine ärztliche Aufgabe. Der Internist und Onkologe hält Biosimilars für ein wichtiges Mittel, um Kosten zu sparen, die automatische Substitution in den Apotheken lehnt er aber wie Kemmritz und Danner ab. Ein Austausch ohne ausreichende ärztliche Begleitung könne zu einem Nocebo-Effekt führen, fürchtet er.

Einig waren sich die Diskutanten darin, dass ein automatischer Switch in den Apotheken bei Biologika nicht das Mittel der Wahl sein kann, um die Abgabe vergleichsweise preiswerter Nachahmerprodukte zu fördern. Stattdessen sollte die Politik lieber verstärkt auf die Verordnung von Biosimilars aufseiten der Ärzteschaft setzen. Ludwig betonte, dass man auf diesem Weg bereits einiges erreicht habe und die Kolleginnen und Kollegen sich gut informiert hätten. Walter Röhrer, Vorsitzender der AG Pro Biosimilars, appellierte an die neue Regierung, den Erfolg der Biosimilars und ihre positiven Effekte für die Versorgung für die Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden: „Es braucht die automatische Substitution nicht. Das jetzt einzusehen, ist eine Chance für die neue Regierung: Sie sollte hier nicht den Fehler machen, den ihr die alte vererbt hat.“

Positionspapier der Hersteller

Erst kürzlich hat die AG Biosimilars gemeinsam mit dem Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH), dem Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) und dem Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) ein Positionspapier zum Thema Substitution von Biologika in den Apotheken veröffentlicht. Darin nennen sie fünf Gründe, weshalb dieses Verfahren abzulehnen ist. Zum einen generiere der Wettbewerb im Biologika-Markt bereits deutliche Einsparungen, zum anderen erhielten die Krankenkassen bereits heute von den pharmazeutischen Unternehmen umfangreiche Rabatte im Zuge von Open-House-Verträgen. Darüber hinaus führen auch sie das Argument der unterschiedlichen Devices ins Feld und mögliche Gefahren für die Adhärenz bei Austausch. Auch auf die Liefer- und Versorgungssicherheit sowie die Pharmakovigilanz könne sich auf die Substitution auf Apothekenebene negativ auswirken.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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