Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

13.02.2022, 08:00 Uhr

Covid-19-Impfungen in Apotheken, ja, aber noch recht verhalten – da geht noch mehr. (Foto: Alex Schelbert)

Covid-19-Impfungen in Apotheken, ja, aber noch recht verhalten – da geht noch mehr. (Foto: Alex Schelbert)


10. Februar 2022

Mein liebes Tagebuch, was war das für ein enttäuschendes Ergebnis, als die Gematik im Dezember melden musste, es hätten seit Juli nur 42 E-Rezepte den gesamten Prozess von der Ausstellung über die Einlösung bis hin zur Abrechnung durchlaufen. Ja, und daraufhin wurde der E-Rezept-Start denn auch zu Recht auf unbestimmt verschoben. Neues Gematik-Ziel: Mindestens 30.000 Rezepte sollten es schon sein, bis das E-Rezept in die Regelversorgung überführt wird. Und wie läuft’s? In den ersten Februar-Tagen, nach rund anderthalb Monaten, wurde die 1000er-Marke erreicht. Nein, mein liebes Tagebuch, das wollen wir nun lieber nicht linear bis zur 30.000er-Marke hochrechnen, denn dann würde das E-Rezept erst in fast vier Jahren starten. Lasst uns mal zuversichtlich sein, dass sich die lieben Ärztinnen und Ärzte noch berappeln, ihre Aversion gegen Digitales ablegen und bei ihrer Praxissoftware eins drauflegen und schon in Kürze feststellen, wie einfach E-Rezept geht. Vielleicht sind dann auch noch die offenen Fragen rund ums E-Rezept geklärt und wir können schon im Juli wieder vorsichtig an einen neuen Start denken. Oder im September, Oder zum Jahresende. Das einzig Positive an der Verzögerung: Je später der Start, umso später werden die Versender mit ihren E-Rezept-Raubzügen den Vor-Ort-Apotheken zusetzen..

 

Nein, darauf hat keiner gewartet, schon gar nicht wir Apothekers: Die Parfümeriekette Douglas steigt in den Arznei-Versandhandel ein, sie hat den niederländischen Versender Disapo gekauft. Man wolle ein neues Wachstumsfeld erschließen, wie die Douglas-Chefin Tina Müller verlauten ließ. Sie geht davon aus, dass die Märkte für Schönheit und Gesundheit zunehmend zusammenwachsen werden, und sie fügt mit Euro-Zeichen in den Augen hinzu, dass der Online-Apothekenmarkt mit einem dreistelligen Milliardenvolumen noch größer sei als der Beautymarkt, „das bietet für uns ein enormes Potenzial“. Der  Disapo-Versandhandel soll im Lauf des Jahres auf dem „Douglas-Marktplatz“ integriert werden und in den Parfümerie-Flaggschiff-Fiilalen sollen Apotheken-Counter eingerichtet werden, an denen Apothekerinnen und Apotheker zu Nahrungsergänzungsmitteln und Apothekenkosmetik beraten. Mein liebes Tagebuch, alle wollen sie am Arzneimittel-Versandhandel profitieren. Wie die Hyänen sitzen die EU-Versender und nun auch Douglas ante portas, der Speichel tropft schon aus dem Maul, alle warten sie auf den Startschuss des E-Rezepts.

 

Ja oder Nein für Gedisa? Da ist beim Apothekerverband Westfalen-Lippe noch nicht das letzte Wort gesprochen. Auch wenn bereits eine Abstimmung darüber erfolgt ist, Ergebnis 40 ja, 40 nein, 5 Enthaltungen. Nun ja, mein liebes Tagebuch, eindeutig geht anders. Zum Hintergrund: Die neue Digitalgesellschaft Gedisa, eine Tochtergesellschaft der Apothekerverbände, soll das Online-Portal des Deutschen Apothekerverbands betreiben und vor allem weiterentwickeln als neutrale, stabile Plattform in der Hand der Verbände, ganz ohne Fremdinteresse. Klingt eigentlich gut, mein liebes Tagebuch, und so haben sich denn auch alle Verbände für dieses Portal entschieden alle Verbände bis auf einen, den Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL). Woran hakt’s. Sicher, die überwiegende Mehrheit der AVWL-Mitglieder ist bestimmt auch davon überzeugt, dass ein solches Portal in Apothekerhand nicht verkehrt ist, aber die Kosten, das finanzielle Risiko – unkalkulierbar? Außerdem fehlen noch ein Businessplan und ein finaler Gesellschaftervertrag, beklagen die Skeptiker. Zu Recht und verständlich. Immerhin kommen da auf jedes Verbandsmitglied Kosten zu. Mein liebes Tagebuch, da fragt man sich, war das den übrigen 16 Verbänden egal oder sind die einfach nur mutiger?

Andererseits, haben die Apothekers eine Wahl, wenn man wirklich so ein unabhängiges Portal will? Fakt ist, die Zeit drängt. Der Aufbau eines Portals muss rasch gehen und er kostet. Andere Anbieter stehen schon in den Startlöchern und bieten ähnliche Inhalte. Aber wenn eine Apotheke mithalten und unabhängig bleiben will, hat sie wohl keine Alternative, außer: Sie schließt sich ebenfalls für relativ viel Geld einer Konzern- oder Großhandels-Plattform an, die wiederum eigene Interessen vertritt. Also, wo soll’s lang gehen? Mein liebes Tagebuch, könnte gut sein, dass nach einer weiteren außerordentlichen Mitgliederversammlung, an der sich eine deutlich breitere Basis beteiligt und auf der es  noch mehr Informationen gibt, auch der AVWL sein Ja-Wort gibt. Alles andere wäre wohl sinnlos.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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11 Kommentare

wie einfach E-Rezept geht?

von Christian Giese am 13.02.2022 um 18:16 Uhr

Wer hinterm Tresen steht, kann Tatjana Zambo, Präsidentin LAV Ba-Wü nur beipflichten: StZ 11.2.22: "Bei der Erstellung der Impfzertifikate sei zu sehen, wie schwer sich ältere Menschen mit der Digitalisierung täten."
So einfach geht E-Rezept eben nicht.
Wenn, dann allenfalls vorerst ein "Sowohl als auch.".Also Digitales E-Rezept und weiter parallel dazu analoges Rosa Rezept.
Mehrzielentscheidung nennt man dies.
Denn die ältere Generation, unsere Hauptkundengruppe, die Stand heute, wenig Handy-fit ist, wird sich mit einem E-Rezept noch länger schwer tun.
Was bleibt? "Sowohl als auch!"
Heute. am Tag der Bundespräsidentenwahl ist es naheliegend, einen der früheren Vorgänger, Gustav Heinemann, zu zitieren:
"Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den schwächsten ihrer Glieder, der älteren Generation umgeht."

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Notdienst

von Karl Friedrich Müller am 13.02.2022 um 13:44 Uhr

Sorry, bin erst bei DAZ 5
Im gleichen Heft ein Leserbrief zur unmöglichen Situation dort, Shoppen in der Nacht und im Vorwort Dr. Müller-Bohn fordert den Botengang im Notdienst?
Was denn noch? Wenn ich den Hintern hinter dem Schreibtisch nicht hoch bekomme, aber andere sollen bis zum Anschlag deren Spinnereien bedienen?? Dafür gibt es keinen „fairen Preis“! Das ist unbezahlbar.
Die DAZ Redaktion lebt in einer fernen Galaxis.
Wir sind keine Sklaven für Träumer, die Dienstleistungen nur von anderen fordern und auch noch gesellschaftsfähig (Mainstream) machen wollen. Rücksichtslose Egoisten, die das System ausnutzen.
Die Realitätsferne zeigt sich ja auch in der Forderung, Apotheken sollen zum Impfen Ärzte einstellen…
Schauen Sie sich mal bei den Normalen um. Die existieren gar nicht mehr für Sie. Unsere Arbeit ist nicht weniger wertvoll.
Wenn Sie so weitermachen, kündige ich die DAZ. Ich ertrage das nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Notdienst

von Anita Peter am 13.02.2022 um 15:06 Uhr

Auf den Zug, dass den immer fauler und bequemer werdenden Bürgern das Zäpfchen am bestens gleich noch bei der Lieferung kostenfrei eingeführt wird, spingen halt auch Leute auf, die seit 30 Jahren nicht mehr hinter dem Tresen gestanden sind. Woken Gruss von der Apothekenden.

AW: Notdienst

von Reinhard Rodiger am 13.02.2022 um 15:31 Uhr

Damit haben Sie recht! Eine willfährige,kritiklose Presse braucht niemand. Das ist die einzige Sprache,die verstanden wird.Oder crowdfunding, damit eine kritische Arbeit möglich wird? Es wäre ein Armutszeugnis.

Zum Nachbeten des "Offiziellen" brauchen wir niemand.
Es bleibt die Nutzung quasi als Archiv für die Äusserung der Kernfragen.Dann kann niemand sagen, er hätte nichts gewusst.Beklemmend ist, dass das die einzige Möglichkeit zu sein scheint, die Situation von mehr als der Hälfte fassbar zu machen.Ein paar Leuchttürme erhellen nicht die ganze Landschaft.Doch genau das ist die Lehre aus der Pandemie.
Die Fläche leidet Not, nicht die Zentren, wo alles griffbereit ist-inclusive Kaufkraft.

AW: Kritischer Journalismus

von Stefan Siebert am 13.02.2022 um 16:39 Uhr

Sehr guter Kommentar, Herr Kollege.
Einen kritischen Journalismus bei der DAZ zu erwarten, ist leider vergebene Lebenszeit.
Leider ist unser Fachzeitschrift zum Sprachrohr der Pharmaindustrie geworden.
Geld regiert halt die Welt, warum sollte es bei der DAZ anders sein?
Einzig das Arzneitelgramm stellt sich mit fundierten Berichten standhaft gegen diese Übermacht aus Kapital und Einfluß.

Autokorrektur oder Freud?

von Söder-Schröder am 13.02.2022 um 9:40 Uhr

Söder-Schröder-Söder ... ein und derselbe? In diesen Zeiten kann man sich daran stoßen, v.a nach dem kommenden Mittwoch.
Zumindest nur ein Benkert - da reicht auch einer. Mehr braucht's davon nicht.
Was die POC-Tests angeht: deutlicher kann die Regierung nicht machen, was sie davon hält. Teil-Sponsoring des Gerätes möglich, aber laufende Kosten unter Einstand und ohne jegliche Verdienstmöglichkeit. Das machen dann nur noch Masochisten oder Rechenkünstler, die das über die Menge ausgleichen :-) wollen: viel, hilft viel.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Autokorrektur oder Freud

von Peter Ditzel am 13.02.2022 um 10:04 Uhr

Wie schnell sich Namen ändern :-) Autokorrektur, Freud und vertippt – wir bleiben da beim richtigen Namen. Ist schon korrigiert.

AW: Autokorrektur oder Freud

von Sabine Schneider am 13.02.2022 um 14:26 Uhr

14.24 : Söder-Schröder-Söder steht immer noch

AW: Autokorrektur oder Freud

von Redaktion am 13.02.2022 um 14:40 Uhr

@Sabine Schneider: er ist halt sehr präsent

Wie üblich

von Karl Friedrich Müller am 13.02.2022 um 8:36 Uhr

Ditzels Ignoranz und Arroganz. Apotheken können. Ärzte nicht.
Nein, es geht nichts. Lauer ist immer noch im Krisenmodus.
Und überhaupt: was lässt Sie vermuten, dass wir mit der Technik nicht die hleichem Probleme bekommen wie die Ärzte? Ein arrogantes Fingerzeigen? Was soll das?
Kommen Sie mal aus Ihrem Elfenbeinturm raus.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wie üblich

von Roland Mückschel am 14.02.2022 um 10:29 Uhr

Vielen Dank Herr Müller für Ihren Kommentar!
Ich dachte schon ich bin hier der einzige hier
der so empfindet.
Was gehen mir hier manchmal diese selbstherrlichen
Artikel vom weissen alten Mann auf den Senkel.

Mit kollegialen Gruss, einer von den Apothekers, wahlweise
Thekers. Widerlich.

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