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Gefälschte Impfpässe
Amtsgericht: Verletzung der apothekerlichen Schweigepflicht ist gerechtfertigt
Berlin - 02.02.2022, 15:30 Uhr

Impfpassfälschungen sind kein Kavaliersdelikt. (Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie)
Verweigerung des Zertifikats ändert nichts an der Gefahrenlage
Hier stellt das Amtsgericht klar, was sich allgemein bereits bei zahlreichen Ermittlungsbehörden – und offenbar weiten Kreisen der Politik – als Auffassung durchgesetzt haben dürfte: Selbst wenn die Schweigepflicht verletzt (bzw. § 203 StGB verwirklicht) wurde, so war dies doch gerechtfertigt: Es sei davon auszugehen, dass gefälschte Impfpässe in Apotheken vorgelegt werden, um ein COVID-19-Zertifikat zu erhalten und damit am öffentlichen Leben teilnehmen zu können, heißt es im Urteil. Denn es gibt bekanntlich diverse Regeln, die an den Impfstatus anknüpfen – ihr Ziel ist der Schutz des Gesundheitssystems und der Schutz der einzelnen Menschen vor Gesundheitsgefahren. Wer diese Regeln mit einem gefälschten Impfnachweis umgehen will, stelle „eine Dauergefahr für Leib und Leben sowie für das Schutzgut der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsfürsorge dar“, so das Gericht.
Wer eine solche Gefahr abwenden will und dabei eine andere Straftat begeht (und diese nach einer Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter nicht schwerer wiegt!), befindet sich in einem rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB). Das Gericht meint auch nicht, dass es ausgereicht hätte, die Ausstellung des Zertifikats zu verweigern. Denn es sei „naheliegend davon auszugehen, dass der Angeklagte einen erneuten Versuch in einer anderen Apotheke unternommen hätte, in der die Fälschung möglicherweise nicht auffällt“ – und damit hätten wir erneut eine konkrete Gefahr gehabt.
Ausnahmsweise: Strafe soll andere abschrecken
Der zweite bemerkenswerte Punkt des Urteils sind die Ausführungen zur Strafzumessung. Ob am Ende eines Strafverfahrens eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe verhängt wird und wie hoch diese liegt, ist das Ergebnis einer Abwägung: Was kann zugunsten des Täters berücksichtigt werden, was spricht für eine schärfere Strafe? Im Blick hat man dabei in der Regel vor allem die individuelle Schuld. So war es im vorliegenden Fall für den Täter günstig, dass er geständig war und auch den Namen der Impfpass-Vermittlerin nannte. Nachteilig für ihn war, dass er bereits zweimal zuvor von einem Gericht verurteilt wurde.
Ausnahmsweise hat das Gericht in diesem Fall aber auch generalpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt. Das ist keine Selbstverständlichkeit im Strafrecht – aber durchaus möglich. Dahinter steckt das Ziel, „durch die Härte des Strafausspruchs bei möglichen künftigen Tätern ein Gegengewicht zu der Versuchung oder Neigung zu schaffen, Gleiches oder Ähnliches wie der Angeklagte zu tun“. Kurz gesagt: Es geht um Abschreckung.
Das Gericht konstatiert, dass in der gegenwärtigen Pandemie Straftaten wie etwa Impfpassfälschungen ein besonderes mediales Interesse hervorrufen. Schon über frisch eingeleitete Ermittlungsverfahren wird breit berichtet – bei Verurteilungen wird dies kaum anders sein. „Es kann daher davon ausgegangen werden, dass eine Berichterstattung über die zeitnahe Verhängung einer empfindlichen Strafe anlässlich einer solchen Straftat ebenfalls eine abschreckende Wirkung auf potentielle Täter ausüben und sie von der Begehung vergleichbarer Taten abschrecken kann“, so das Gericht.
Ob drei Monate zur Bewährung wirklich Kriminelle abschrecken, sei dahingestellt. Aber dass schnelle Prozesse möglich sind und Gerichte vor Freiheitsstrafen nicht zurückschrecken, könnte auf bislang unauffällige Bürger:innen, die sich nun nicht impfen lassen wollen, durchaus eine Wirkung haben. Klar ist: Jede Straftat ist ein Einzelfall und Richter:innen sind unabhängig. Der Fall aus Landstuhl hat daher lediglich einen exemplarischen, dafür aber deutlichen Charakter.
Amtsgericht Landstuhl, Urteil vom 25. Januar 2022, Az.: 2 Cs 4106 Js 15848/21
3 Kommentare
Abschreckung für Freiheitsliebende
von Pharmi am 03.02.2022 um 10:58 Uhr
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Abschreckung - echt jetzt
von ratatosk am 03.02.2022 um 9:00 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Abschreckung - echt jetzt
von Holger am 03.02.2022 um 10:21 Uhr
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