Infektionsschutz in impfenden Apotheken

SARS-CoV-2- und Masernimpfpflicht für das gesamte Team – ist das rechtens?

25.01.2022, 07:00 Uhr

Müssen impfende Apotheker:innen selbst bestimmte Impfungen aufweisen? (Foto: Ralf Geithe / AdobeStock)

Müssen impfende Apotheker:innen selbst bestimmte Impfungen aufweisen? (Foto: Ralf Geithe / AdobeStock)


Keine rechtliche Grundlage für Nachweispflicht durch Apotheken

Weder die mit dem Masernschutzgesetz eingeführte Nachweispflicht gemäß § 20 Abs. 8 IfSG gegen Masern erstreckt sich bisweilen auf öffentliche Apotheken, 2 noch gilt dies für Corona-Schutzimpfungen. Entgegen teilweise anders vernehmbarer Stimmen in den Medien und entgegen der Forderungen einiger Kammern existiert keine Pflicht, einen entsprechenden Schutz nachzuweisen, womit die medizinische Sinnhaftigkeit keinesfalls bestritten werden soll.

An einer Masernnachweisflicht fehlt es, da § 20 Abs. 8 IfSG (Masernschutz) abschließend auf in bestimmten Einrichtungen  tätige Personen verweist. Hierunter fallen:

  • Krankenhäuser und Einrichtungen für ambulantes Operieren,
  • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,
  • Dialyse-/Entbindungseinrichtungen und Tageskliniken,
  • Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit den vorbenannten Einrichtungen vergleichbar sind,
  • Arztpraxen, Zahnarztpraxen sowie Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
  • Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,
  • ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen, und
  • Rettungsdienste,
  • Kindertageseinrichtungen und Kinderhorte, Einrichtungen der Kindertagespflege, Kinderheime,
  • Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen,
  • nicht unter § 23 Absatz 5 Satz 1 fallende voll- oder teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder vergleichbare Einrichtungen,
  • Obdachlosenunterkünfte,
  • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern.

Der oft bemühte Verweis auf § 36 Abs. 2 IfSG scheitert daran, dass das Vorliegen der dort benannten Tatsachen – insbesondere ein Übertragungsrisiko via Blut – lediglich zur infektionshygienischen Überwachung durch das zuständige Gesundheitsamt führen kann. Nicht jedoch steht Absatz 2 in systematischen Zusammenhang mit der Nachweispflicht gemäß § 20 Abs. 8 IfSG. Unter die dort über die Verweistechnik entstehende „Positivliste“ wiederum könnten Apotheken allenfalls unter dem Begriff der „Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens“ subsumiert werden. Der bisherigen Rechtsauffassung der Behörden ist allerdings zuzustimmen, dass dies nicht der Fall ist. Denn an eine analoge Anwendung der Verpflichtung auf Apothekenpersonal wären aufgrund des damit verbundenen Grundrechtseingriffs in die körperliche Unversehrtheit sowie weitere Grundrechte 3 hohe Anforderungen zu stellen. Diese scheinen jedoch kaum erfüllt. Bereits die präzise Auflistung derjenigen Einrichtungen, in welchen die Masernimpfpflicht gelten soll, sowie die Ablehnung eines Änderungsantrages der FDP 4 zu deren Erweiterung um die öffentlichen Apotheken spricht gegen eine planwidrige Regelungslücke als mögliche Voraussetzung für eine Analogie. Hieran vermag auch die „neue“ Tätigkeit des Impfens in der Apotheke nichts zu ändern. Denn es mangelte zu diesem Zeitpunkt keineswegs an einer Antizipierbarkeit durch den Gesetzgeber, da zugleich zur Nachweispflicht der Masernimpfung die Modellvorhaben zu den Grippeschutzimpfungen mit eben jenem Masernschutzgesetz auf den Weg gebracht wurden. Insofern muss von einem bewussten Schweigen des Gesetzgebers ausgegangen werden.


2 So bereits das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
3 Hierzu ausführlich Makoski/Netzer-Nawrocki, GesR 2020, S. 432 ff.
4 BT-Drucksache 19/15164 S. 46 ff.



Dr. Dennis A. Effertz, LL.M., Apotheker und Jurist
redaktion@daz.online


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