Niedersachsen

Stationsapotheker: Wie steht es um die Umsetzung?

Traunstein - 24.01.2022, 07:00 Uhr

In Niedersachsen sind Apotheker auf den Krankenhausstationen seit Jahresbeginn Pflicht. Doch wer kontrolliert, ob diese auch umgesetzt wird? (Foto: upixa / AdobeStock)

In Niedersachsen sind Apotheker auf den Krankenhausstationen seit Jahresbeginn Pflicht. Doch wer kontrolliert, ob diese auch umgesetzt wird? (Foto: upixa / AdobeStock)


Vergangene Woche meldeten es verschiedene Publikumsmedien: Seit dem 1. Januar 2022 sind in Niedersachsen Stationsapotheker in Krankenhäusern Pflicht. Bereits 2018 hatte der niedersächsische Landtag dies als Reaktion auf eine Serie von Patientenmorden in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst beschlossen. Doch die Krankenhäuser, die laut Gesetz über den Umfang des Einsatzes von Stationsapothekern entscheiden, sind von dieser Regelung alles andere als begeistert. Wie sieht es daher mit der Umsetzung der neuen Regelung aus?

Die gesetzliche Lage ist klar. In § 19 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) steht: „In jedem Krankenhaus ist spätestens ab dem 1. Januar 2022 sicherzustellen, dass in ausreichender Zahl Apothekerinnen oder Apotheker als Beratungspersonen für die Stationen eingesetzt werden (Stationsapothekerinnen oder Stationsapotheker).“ Deren Aufgabe ist es, heißt es weiter, „im Rahmen der Zusammenarbeit mit ärztlichem und pflegerischem Personal zu einer sicheren, zweckmäßigen sowie wirtschaftlichen Arzneimitteltherapie und damit zu einer effizienteren Betriebsführung beizutragen“. Voraussetzung ist, dass der Stationsapotheker eine Weiterbildung im Fachgebiet Klinische Pharmazie abgeschlossen oder begonnen hat.

Apothekerschaft ist gut aufgestellt

Seitens der Apothekerschaft ist man gut aufgestellt für die neuen Aufgaben. In Niedersachsen gibt es laut Auskunft der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) derzeit 168 Krankenhäuser. Auf Nachfrage teilte die Apothekerkammer Niedersachsen mit, dass zum 31. Dezember 2021 212 Apotheker in Niedersachsen regulär die Weiterbildung für Klinische Pharmazie abgeschlossen haben und sich weitere 114 Apotheker in der Regelweiterbildungszeit dieses Bereiches befinden. Zudem haben 56 Apotheker die Bereichsweiterbildung „Medikationsmanagement im Krankenhaus“ abgeschlossen, weitere 20 Apotheker absolvieren diese aktuell. Diese „Exzellenz-Weiterbildung“, die vor allem für (zukünftige) Stationsapotheker geschaffen wurde, ist allerdings keine gesetzliche  Voraussetzung für eine Tätigkeit auf Station.  

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Doch wie steht es um die Umsetzung der gesetzlichen Vorschrift? Zuständig ist hier das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Auf Anfrage teilt die Pressestelle mit, dass nach der gesetzlichen Verankerung des Einsatzes von Stationsapothekern eine deutlich zunehmende Nachfrage zur Weiterbildung als Fachapotheker für Klinische Pharmazie verzeichnet werde. „Der Landesregierung liegen jedoch keine validen Zahlen über neu geschaffene Stellen für Stationsapothekerinnen und Stationsapotheker vor. Im Übrigen bestimmen die Krankenhausträger nach § 19 Abs. 1 Satz 2 NKHG selbst anhand der Größe und Fachrichtung der Stationen und der erbrachten Leistungen, in welchem Umfang Stationsapothekerinnen und Stationsapotheker beratend tätig sein sollen.“

Krankenhausgesellschaft hat keine Erkenntnisse zur Zahl der Stationsapotheker

Doch auch bei der NKG hat man dazu keine Erkenntnisse: „Der NKG liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine detaillierten Zahlen zum Umsetzungsstand und damit zur tatsächlichen Anzahl der Stationsapotheker in den niedersächsischen Krankenhäusern vor“, heißt es auf Anfrage der DAZ. Ohnehin ist man bei der NKG wenig begeistert von der neuen Regelung: „Aus Sicht der NKG ist die verbindliche Einführung von Stationsapothekern nach wie vor kritisch zu bewerten. Mit der gesetzlichen Verpflichtung ist der Gesetzgeber im Niedersächsischen Krankenhausgesetz über das begrüßenswerte Ziel – die Patientensicherheit zu stärken – hinausgeschossen.“ Die Regelung habe eine einseitige Belastung der Betriebskosten der Krankenhäuser zur Folge, weder das Land noch der Bund stellten finanzielle Mittel zur Refinanzierung der Kosten infolge der gesetzlichen Vorgaben zur Verfügung. „Auch die Verbände der Krankenkassen in Niedersachsen haben sich diesbezüglich klar positioniert und eine Refinanzierung bzw. Beteiligung an den Kosten für die Stationsapotheker abgelehnt“, teilt die Pressestelle weiter mit. Und: „Vor dem Hintergrund der pandemiebedingt sehr angespannten wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser sind nicht refinanzierte Mehrkosten wie diese besonders problematisch.“

Ministerium will „zu einem späteren Zeitpunkt“ Kontrollen durchführen

Fast sieht es so aus, als sei der Einsatz der Stationsapotheker zwar per Gesetz eingeführt, aber nicht zuletzt aufgrund der Pandemie vielerorts erst einmal auf Eis gelegt. Denn auf die Frage, inwieweit die Umsetzung kontrolliert werde, antwortet das Gesundheitsministerium: „Auf Grund der mit der Bewältigung der Corona-Pandemie verbundenen hohen Belastung der Krankenhäuser wurde bisher davon abgesehen, die Krankenhäuser flächendeckend auf die Einhaltung der Rechtspflicht zum Einsatz von Stationsapothekerinnen oder Stationsapothekern nach § 19 Abs. 1 Satz 1 NKHG zu überprüfen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Einhaltung der Rechtspflicht in allen Krankenhäusern überprüft.“

Eine Anfrage, wie der niedersächsische Landesverband der Deutschen Krankenhausapotheker die Situation einschätzt, blieb vergangene Woche unbeantwortet. 



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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