COVID-19-Impfungen in Apotheken

Was sind „geeignete Räumlichkeiten mit Ausstattung“?

20.01.2022, 17:50 Uhr

Bald kann es losgehen mit den COVID-19-Impfungen in den Apotheken. (x / Foto: Strelciuc / AdobeStock)

Bald kann es losgehen mit den COVID-19-Impfungen in den Apotheken. (x / Foto: Strelciuc / AdobeStock)


Bundesweit bereiten sich Approbierte auf die Corona-Impfungen in der öffentlichen Apotheke vor. Eine nötige Voraussetzung zur Teilnahme an der COVID-19-Impfkampagne sind geeignete Räumlichkeiten mit Ausstattung“. Was bedeutet das genau?

Sowohl die Impfbefugnis für Apotheker:innen (§ 20b Abs. 1 Nr. 2 IfSG) als auch die Bezugs- und Vergütungsberechtigung (§ 3 Abs. 4a CoronaImpfV) sind an das Vorliegen geeigneter Räumlichkeiten geknüpft. Inhaltlich wird dies auf Gesetzes- bzw. Verordnungsebene nicht weiter ausgeführt. Die Gesetzesmaterialien führen in diesem Zusammenhang beispielhaft „die eigene Praxis“, „angemietete Räumlichkeiten“ und Impfzentren an. 

Konkreter wird allerdings die Begründung zur „Zweite(n) Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Impfverordnung und der Coronavirus-Testverordnung“.  Hier heißt es, dass die Räumlichkeit die Privatsphäre des Patienten schützen, erforderliche Hygienestandards erfüllen und die Möglichkeit zur Durchführung von Maßnahmen bei Sofortreaktionen gegeben sein muss, wozu insbesondere eine Liege gehöre. Zudem müssen die Impfstoffe dort fachgemäß gelagert und vorbereitet werden können. 1 

Diese Vorgaben scheinen wenig überraschend. Bereits der Wortlaut des § 132j Abs. 1 SGB V (Modellvorhaben Grippeimpfung in Apotheken) wie auch die dazugehörigen Gesetzesmaterialien 2 sprechen für eine eingeschränkte Erlaubnis innerhalb geeigneter Räumlichkeiten in der teilnehmenden Apotheke. Zudem sollen die Gegebenheiten in der Apotheke den Schutz der Privatsphäre des Impflings sowie die Durchführbarkeit von Sofortmaßnahmen im Notfall gewährleisten. Explizit erwähnt wird in diesem Zusammenhang die hier ebenfalls angesprochene Liege. Die konkrete Ausgestaltung blieb allerdings den Vertragspartnern der Modellvorhaben überlassen.

Analogie zur BAK-Leitlinie Grippeschutzimpfungen

Zwar fehlt es an einer sozialrechtlichen Vertragsebene bei Corona-Impfungen, weil diese nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern letztlich über das Bundesamt für soziale Sicherung bezahlt werden (§ 11 CoronaImpfV), doch können sich räumliche Anforderungen grundsätzlich auch aus dem haftungsbegründenden Sorgfaltsmaßstab ergeben. Dieser wird regelmäßig durch die berufseigenen Leitlinien mitgeprägt. Der inhaltlich vergleichbaren BAK-Leitlinie zur Grippeschutzimpfung in Apotheken ist in Bezug auf die Räumlichkeiten allerdings lediglich zu entnehmen, dass Sitzmöglichkeiten und eine Liege vorhanden sein müssen, sowie die Tatsache, dass es sich um einen von der Offizin abgetrennten und sichtgeschützten Raum handeln muss, der die Vertraulichkeit und Privatsphäre des Patienten schützt. 3 Während in Bezug auf die Räumlichkeiten an sich somit ein gewisser Gestaltungsfreiraum für die Apotheke existiert, finden sich im Kommentar zur Leitlinie der BAK (Grippeschutzimpfung) konkrete Mindestanforderungen an die Ausstattung der Räumlichkeiten:

  • medizinische Einmalhandschuhe,
  • Händedesinfektionsmittel,
  • Hautdesinfektionsmittel,
  • Flächendesinfektionsmittel,
  • ggf. (Sicherheits-)Kanülen (empfohlen: 25G 1 0,50 × 25 mm),
  • Zellstofftupfer, Wundschnellverband,
  • spezielle Entsorgungsbehälter für Spritzen/Kanülen, Tupfer,
  • Aufklärungsmerkblätter,
  • Formular für Einverständniserklärung,
  • Formular für Impfbescheinigungen,
  • Dokumentationsbögen,
  • Notfallausrüstung,
  • aktuelle Fachinformation des/der Impfstoffe(s),
  • ggf. weiteres Informationsmaterial zum Thema Impfen.

Mit Blick auf diese Anforderungen in ihrer Gesamtheit ist kaum ersichtlich, warum für Corona-Schutzimpfungen grob Abweichendes gelten sollte. Allenfalls kann weitere Ausrüstung aufgrund der fachlichen Notwendigkeiten erforderlich werden. Mit einer eigenen Leitlinie der BAK zu Corona-Schutzimpfungen in Apotheken ist zudem zu rechnen. Diese sollte mit Erscheinen beachtet werden. Denn die Einhaltung dieser räumlichen und sächlichen Voraussetzungen ist geboten, um die Impfung lege artis durchführen zu können.


1 Vgl. 2-VO_CoronaImpfV-TestV-AEndV_RefE, S. 15.

2 BT-Drucksache 19/15164, S. 63.

3 Vgl. BAK, Kommentar zur Leitlinie: 
Durchführung von Grippeschutzimpfungen in öffentlichen Apotheken, S. 3.

Die Rechtslage bei externen Räumlichkeiten

Wie die Räume zu gestalten sind, ist damit in rechtlicher Hinsicht leicht zu beantworten. Dies ist überwiegend eine Fachfrage, die das Kollektiv der Impfenden über die Prägung des Standards durch tägliche Praxis selbst definiert. Anders verhält es sich mit der Frage, wo diese Räume eingerichtet werden können/müssen. Hier besteht eine gewisse Auslegungsbedürftigkeit. Denn gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 CoronaImpfV ist der Leistungserbringer „die öffentliche Apotheke“ und nicht der „Apotheker“. Insofern haben wir es mit einer Institutionsbindung zu tun, die zum Impfstoffbezug und zur Abrechnung der Impfung berechtigt, solange die Corona-Impfungen rechtlich-wirtschaftlich „aus der Apotheke heraus“ angeboten werden sollen. 4

Die Apotheke als Wirtschaftseinheit ist an den Ort der Betriebsräume gebunden, da die erforderliche Betriebserlaubnis lediglich für die in der Erlaubnisurkunde bezeichneten Räume gilt (§ 1 Abs. 3 Apothekengesetz). Diese Räume dienen dem ausschließlich dort durchzuführenden Apothekenbetrieb. 5 Es gilt die Apothekenbetriebsordnung samt dem Grundsatz der Raumeinheit gemäß § 4 ApBetrO.

Grundsätzlich kann die eigenverantwortliche Durchführung der Impfungen damit lediglich in nicht anderen Tätigkeiten vorbehaltenen Räumen der Apotheke stattfinden. Auch die gemäß § 3 Abs. 4a Nr. 3 CoronaImpfV nachzuweisende Betriebshaftpflichtversicherung deckt regelmäßig lediglich die in der Betriebserlaubnis benannten Räume ab. Insofern muss es als konsequent angesehen werden, dass der Gesetzgeber „die Apotheke“ zum Leistungserbringer der Corona-Impfungen macht. Denn erst dadurch wird diese Leistung zu einer solchen, die eine Apotheke in ihren Räumlichkeiten gemäß des Grundsatzes der Abtrennungspflicht zwischen Apotheke und „anderweitig genutzten Flächen“ 6 erbringen darf.

Gleichwohl besteht bekanntermaßen auch die Möglichkeit externe Betriebsräume „in angemessener Nähe“ 7 für apothekenübliche Tätigkeiten zu nutzen. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 4 ApBetrO ausdrücklich für Lageräume zur ausschließlichen Arzneimittelversorgung von Krankenhäusern oder Pflegeheimen, Räume für den Versandhandel sowie für Herstellungstätigkeiten (Verblisterung, parenterale Zubereitungen) und das Nachdienstzimmer. 8 Sollen entsprechende Räume neu geschaffen/genutzt werden, so ist die Betriebserlaubnis hierauf zu erweitern; 9 dies jedenfalls gemäß § 4 Abs. 6 ApBetrO vor Inbetriebnahme gegenüber der Behörde anzuzeigen. 10 Sodann würde sich die Apotheke auf die externen Räume „ausdehnen“ und die Betriebshaftpflicht spätestens mit entsprechender Anzeige bei der Versicherung ihren Deckungsschutz entfalten können.

Bei der Auslegung von § 4 ApBetrO im Wortlaut wäre die Durchführung von Impfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in externen Räumen somit offenkundig nicht möglich. Keine der vier Ausnahmetatbestände trifft zu. Gleichwohl wirkte die Rechtsprechung der vergangenen Jahre liberalisierend für den behördlichen Umgang mit diesen Ausnahmen. So hat etwa das Bundesverwaltungsreicht 2016 entschieden, dass in externen Lagerräumen neben den lagertypischen auch andere Tätigkeiten der Heimversorgung durchgeführt werden dürfen, die weder vom Apothekengesetz noch von der Apothekenbetriebsordnung explizit einem bestimmten Betriebsraum zugeordnet werden. 11 

In diesen Trend fügt sich auch die Anmerkung in der amtlichen Begründung zur CoronaImpfV ein, wonach die gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 2 CoronaImpfV geforderten „geeigneten Räumlichkeiten“ nicht dem Grundsatz der Raumeinheit in Apotheken unterliegen. 12 Bei dieser Anmerkung handelt es sich insofern um eine „Handreichung“ zur Ausdehnung des Ermessens der zuständigen Behörden. Denn bei strenger Auslegung müssten diese Ihre Anzeige auf Nutzung externer Räume für Corona-Impfungen in Ermangelung einer Ergänzung von § 4 Abs. 4 ApBetrO zum Anlass nehmen, Ihnen eine entsprechende Nutzung zu untersagen; jedenfalls spätestens dann, wenn § 2 der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung außer Kraft träte. 13 

Unzulässig hingegen erscheint es die Anmerkung der amtlichen Begründung dahingehen zu interpretieren, dass die apothekenrechtlichen Vorgaben vorliegend generell nicht gelten sollten. Zum einen wäre dies kaum von der Verordnungsermächtigung gedeckt und zum anderen bringt der Verweis auf den Einzelsachverhalt der Raumeinheit gemäß § 4 Abs. 4 ApBetrO zum Ausdruck, dass dem Verordnungsgeber bewusst ist, dass das Apothekenrecht auch bei der Durchführung von Corona-Schutzimpfungen in Apotheken zu beachten ist.

Insofern kann festgehalten werden, dass Sie zur Anzeige externer Räumlichkeiten zur Nutzung für die Durchführung von Impfungen gegen Coronavirus SARS-CoV-2 verpflichtet sind, Sie allerdings beste Aussichten haben, dass die Behörde Ihr Ansinnen nicht behindert. Nicht zu verwechseln ist diese apothekenrechtliche Anzeigepflicht gemäß § 4 Abs. 6 ApBetrO im Übrigen mit der Selbsterklärung gemäß § 3 Abs. 4a CoronaImpfV gegenüber der Kammer. Zwar kann die Zuständigkeit bundeslandabhängig bei der Kammer zusammenfallen, doch handelt es sich verwaltungsrechtlich um zwei völlig unterschiedliche Dinge. Während die Anzeige zur Nutzung der Räumlichkeiten berechtigt, bestätigen Sie mit der Selbsterklärung, dass Ihnen solche Räumlichkeiten sodann zur Verfügung stehen, um sich den Impfstoff zur dortigen Verwendung zu beschaffen. Diese beiden Sachverhalte werden in den Medien leider oftmals unzulässig vermischt.


4 Folgende Ausführungen beziehen sich somit ausdrücklich nicht auf Fallkonstellationen einer Geschäftskonstruktion, die zu einem anderen Leistungserbringer i. S. d. CoronaImpfV führt.

5 Vgl. Cyran/Rotta ApBetrO, Stand: Januar 2020, § 4 Rn. 5.

6 Vgl. Cyran/Rotta ApBetrO, Stand: Januar 2020, § 4 Rn. 27 ff.

7 Was „angemessen“ ist, liegt im Ermessensspielraum der zuständigen Behörde.

8 Vgl. auch Cyran/Rotta ApBetrO, Stand: Januar 2020, § 4 Rn. 171 ff.

9 BVerwG, Urteil vom 25.05.2016 - Aktenzeichen 3 C 8.15 = DRsp Nr. 2016/15212, 2. Leitsatz.

10 Vgl. Cyran/Rotta ApBetrO, Stand: Januar 2020, § 4 Rn. 189.

11 BVerwG, Urteil vom 25.05.2016 - Aktenzeichen 3 C 8.15 = DRsp Nr. 2016/15212, 1. Leitsatz.

12 Vgl. 2-VO_CoronaImpfV-TestV-AEndV_RefE, S. 15.

13 In der Fassung vom 22.12.2021 wäre dies am 31.05.2022 der Fall.

Impfen in Pflegeheimen

Wer plant, auswärts, zum Beispiel in Pflegeheimen zu impfen, muss einige rechtliche Hindernisse überwinden – und vorab: die Erfolgsaussicht ist unklar und abhängig von der Freigabe durch die zuständige Behörde sowie der Versicherung. Aber warum ist das so?

Gemäß CoronaImpfV ist der Leistungserbringer „die Apotheke“ und nicht der „Apotheker“. Insofern haben wir es mit einer Institutionsbindung zu tun, die zum Impfstoffbezug und zur Abrechnung der Impfung berechtigt. Die Apotheke wiederrum ist an den Ort der Betriebsräume gebunden. Hausbesuche unterscheiden sich allerdings deutlich von einer möglichen Ausnahme für externe Betriebsräume. Vielmehr scheinen diese nicht möglich, da eine Impfung im „Umherziehen“ selbst unter organisatorischer Gewährleistung der Präsenzpflicht in der Apotheke vermutlich nur schwer in eine Betriebshaftpflichtversicherung „hineinverhandelt“ werden können und die Vorschrift des Nachweises „geeigneter Räumlichkeiten“ gemäß CoronaImpfV als Voraussetzung Impfstoff beziehen zu können ad adsurdum geführt würde.

Auch inhaltlich wäre dies kaum zu rechtfertigen, da diese Patienten regelmäßig bereits unter ärztlicher Versorgung stehen, so dass das Angebot der Apotheke nicht auf das Ziel der Ausweitung des Impfangebotes einzahlen würde – standespolitischer Sprengstoff einmal ausgeblendet. Weiterhin spricht das Haftungsrisiko gegen ein solches Vorhaben. Denn der impfende Apotheker im Hausbesuch dürfte abermals im Schadensfall keiner Überprüfung des Fachstandards der Berufsgruppe standhalten und damit einen Behandlungsfehler darstellen. Die höhere Vergütung gemäß § 3 Abs. 1 CoronaImpfV sowie der Hinweis in der amtlichen Begründung 14 leiten in dieser Hinsicht in eine falsche Sicherheit.

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Auch die Alternative des Betreibens von externen Räumlichkeiten in einer Pflegeeinrichtung scheint wenig mit gängigen apothekenrechtlichen Grundsätzen vereinbar, da deren Betrieb in zu versorgenden Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 ApBetrO explizit untersagt ist. Insofern scheidet eine Einrichtung eines fachlich adäquaten Impfraums vor Ort aller Voraussicht nach aus.

Sie merken: in „normalen“ Zeiten stünden die Chancen für ein solches Vorhaben denkbar schlecht. Aber Pandemiezeiten sind eben keine normalen Zeiten. Insofern lautet die Empfehlung das Vorhaben möglichst genau zu beschreiben und sowohl von Versicherung als auch von der Aufsicht im Sinne einer Einzelfallentscheidung „abknicken“ zu lassen. Erst dann sollten Sie loslegen.


14 2-VO_CoronaImpfV-TestV-AEndV_RefE, S. 17.



Dr. Dennis A. Effertz, LL.M., Apotheker und Jurist
redaktion@daz.online


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