Übersicht der AMK

Wann Lagevrio, wann Paxlovid? Kriterien für die Entscheidung

Stuttgart - 07.01.2022, 07:00 Uhr

Nach einem positiven Test kann bei bestimmten Risikopatienten jetzt schon Lagevrio und bald auch Paxlovid verschrieben werden. Welchen Wirkstoff man wählt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Foto: IMAGO / Rene Traut)

Nach einem positiven Test kann bei bestimmten Risikopatienten jetzt schon Lagevrio und bald auch Paxlovid verschrieben werden. Welchen Wirkstoff man wählt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Foto: IMAGO / Rene Traut)


Wann welches Mittel? Tabellarische Übersicht der AMK

Bei beiden Arzneimitteln muss die Einnahme so früh wie möglich nach der bestätigten SARS-CoV-2-Infektion beginnen – spätestens fünf Tage nach Symptombeginn, heißt es. Dabei muss aber ausgeschlossen werden, dass sich bereits ein schwerer Verlauf abzeichnet – dann sind andere Mittel geeigneter. Eine schnelle und (anhand patientenindividueller Risikofaktoren) priorisierte Abgabe der Arzneimittel ist also unbedingt erforderlich; dazu kommt, dass beide Präparate zunächst nur begrenzt verfügbar sein werden. Der Einsatz will also wohlüberlegt sein.

Als Hilfestellung hat die AMK eine Übersicht erstellt, die wichtige pharmakologisch-therapeutische Kriterien für die Anwendung von Lagevrio® und Paxlovid® gegenüberstellt.

KriteriumLagevrio (Molnupiravir) Paxlovid (Nirmatrelvir + Ritonavir)
 

Anwendung

möglich

Anmerkungen 

Anwendung

möglich

Anmerkungen

Zeit seit

Symptombeginn

Max. 5 Tage

Einschlusskriterium der

Zulassungsstudie

 Max. 5 Tage

Einschlusskriterium der

Zulassungsstudie

Alter >65jaKeine Dosisanpassung jaKeine Dosisanpassung
Alter <18neinNicht untersucht nein 
Adipositas BMI >30jaKeine Dosisanpassung jaKeine Dosisanpassung
NierenfunktionsstörungjaKeine Dosisanpassung eingeschränkt

Keine Dosisanpassung bei leichter

Nierenfunktionsstörung.

Dosisreduktion Nirmatrelvir (auf 300 mg/d) bei 

mäßiger Nierenfunktionsstörung.

Nicht bei schwerer Nierenfunktionsstörung

DialyseeingeschränktNicht untersucht eingeschränktNicht untersucht
LeberfunktionsstörungjaKeine Dosisanpassung eingeschränkt

Keine Dosisanpassung bei leichter oder

mäßiger Leberfunktionsstörung.

Nicht bei schwerer Leberfunktionsstörung  

Weibliches Geschlechteingeschränkt

Nur mit wirksamer Kontrazeption

(hormonell + Barriere) und/oder

sexueller Abstinenz 

(für 5 Tage Therapie + 4 weitere Tage).

Vorab Schwangerschaftstest im Urin

 eingeschränkt

Cave orale Kontrazeptiva; alternative,

wirksame (mechanische) Kontrazeption

erwägen oder sexuelle Abstinenz 

(für 5 Tage Therapie)

SchwangerschaftneinVorab Schwangerschaftstest im Urin eingeschränktNicht empfohlen
Stillzeitnein

Stillen nicht empfohlen während 

Therapie und 4 Tage danach

 nein

Stillen nicht empfohlen während

Therapie und 4 Tage danach

Männliches Geschlechteingeschränkt

Während der Behandlung und für 3

Monate danach kein Kind zeugen

 ja 
Co-Medikationja

bisher keine Hinweise auf

Arzneimittelinteraktionen

 eingeschränktZahlreiche Interaktionen mit Ritonavir.
Nicht pausierbare medikamentöse Immunsuppression *ja  nein 

Quelle: AMK

* Glucocorticoide ≥20 mg Prednison-Äquivalent, Ciclosporin A, Everolimus, Sirolimus, Tacrolimus

Vorab gilt es natürlich zu entscheiden, ob man überhaupt medikamentös eingreift. Kriterien für die Anwendung von Molnupiravir beispielsweise sind – insbesondere bei derzeit begrenzter Verfügbarkeit – einer Stellungnahme von AWMF und STAKOB zufolge, vor allem hohes Alter und das Vorliegen mehrerer Risikofaktoren wie Adipositas, Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, Krebs sowie Herz- und Lungenerkrankungen. Für Paxlovid dürfte, wenn es denn verfügbar ist, ähnliches gelten. 

Bei immunsupprimierten Patienten mit unzureichender Impfantwort hingegen wird bevorzugt die Gabe monoklonaler Antikörper empfohlen.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Fehlt da nicht etwas?

von Michael Mischer am 10.01.2022 um 9:35 Uhr

Es ist sicher für die Beratung der Ärzte sehr wertvoll, wenn man auf diese Übersicht zurückgreifen kann und damit Wechselwirkungen oder gar Fruchtschäden vermeiden helfen kann.

Dennoch fragte ich mich, ob in der Tabelle nicht etwas fehlt. Der Artikel erwähnt es, aber die Tabelle geht nonchalant darüber hinweg, dass die vorliegenden Ergebnisse zur Effektivität doch deutlich zu divergieren scheinen. Sicher: Es fehlt der direkte Vergleich und ein naiver indirekter Vergleich ist methodisch immer zweifelhaft - aber erwähnen (und dann bestenfalls kontextualisieren) sollte man das doch!

Beispielweise so:
https://www.covid19treatmentguidelines.nih.gov/therapies/statement-on-therapies-for-high-risk-nonhospitalized-patients/

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