Statt NSAR

Mit Cannabidiol gegen Arthroseschmerzen?

Stuttgart - 23.12.2021, 09:15 Uhr

Hilft CBD bei Arthroseschmerzen? (x / Foto: Monika Wisniewska / AdobeStock)

Hilft CBD bei Arthroseschmerzen? (x / Foto: Monika Wisniewska / AdobeStock)


Ist Cannabidiol-Öl bei Arthrose-bedingten Schmerzen eine Alternative zu nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR), wie Ibuprofen oder Diclofenac? Das „Arznei-Telegramm“ ist skeptisch.

CBD-Ölen und anderen Cannabidiol-Zubereitungen werden schmerzlindernde, angstlösende, antiemetische, schlaffördernde und spasmolytische Wirkungen zugesprochen. Im Verkehr sind sie meist als Nahrungsergänzungsmittel – und damit ungeprüft hinsichtlich ihrer Wirksamkeit –, seltener als Medizinprodukt oder zugelassenes und dann verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Allerdings: Als Arzneimittel hat kein einziges Cannabidiol-Präparat in der Indikation „Schmerzen“ die Zulassung. So wird das verschreibungspflichtige Epidyolex® bei bestimmten Epilepsieformen (Dravet-Syndrom, Lennox-Gastaut-Syndrom) eingesetzt.

Daneben hält auch das NRF (Neues Rezeptur-Formularium) CBD-Zubereitungen zur Herstellung bereit: Ölige Cannabidiol-Lösung 50 mg/ml / 100 mg/ml / 200 mg/ml / 400 mg/ml – auch diese unterliegen ausnahmslos der Verordnungspflicht. Das NRF fasst die Anwendungsgebiete weiter als Epidyolex®, und die CBD-Rezepturen dürfen „unter anderem beim Dravet-Syndrom und beim Lennox-Gastaut-Syndrom, bei Multipler Sklerose und anderen Anwendungsgebieten bei individuell zu stellender Indikation“ eingesetzt werden. Cannabidiol – neben Tetrahydrocannabidiol (THC) – enthält auch das bei MS-bedingten Spastiken angewandte Präparate Sativex®, was sogar dem BtM-Recht (Betäubungsmittelrecht) unterstellt ist.

Doch was ist eigentlich dran an den ausgelobten und immer wieder zu lesenden schmerzlindernden Effekten des nicht psychoaktiven Bestandteils Cannabidiol (CBD) aus Cannabis? Das „Arznei-Telegramm“ (AT) – eigenen Angaben zufolge werbefrei und somit unabhängig von Interessen der Pharmaindustrie – hat sich die Studienlage zur analgetischen Wirkung von CBD bei altersbedingten oder degenerativ bedingten Muskel- und Gelenkschmerzen genauer angeschaut.

Nicht besser als Placebo

Die Autoren fanden zwei Studien (doppelblind, randomisiert), die CBD zwar nicht als Öl-Zubereitung, aber in Tablettenform oder als Gel zum Einreiben untersuchen: In einer Studie, veröffentlicht im August 2021 im Fachjournal „Pain“ („Cannabidiol treatment in hand osteoarthritis and psoriatic arthritis: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial“), nahmen 77 Patienten mit Arthrose (Hand) und 59 Patient:innen mit Psoriasisarthritis (Schuppenflechte-Arthritis) für zwölf Wochen entweder Cannabidiol-Tabletten (beginnend mit 10 mg, dann bis 30 mg bei Bedarf) oder Placebo, jeweils zusätzlich zu ihrer etablierten Schmerzmedikation. Die Patient:innen bewerteten die Stärke ihrer Schmerzen anhand einer Schmerzskala. Und: CBD schnitt hier nicht besser ab als Placebo.

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In einer zweiten Studie (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) aus dem April 2018 erhielten Knie-Arthrose-Patient:innen zur Behandlung ihrer Schmerzen entweder ein Cannabidiol-Gel zum Eincremen (250 oder 500 mg zur transdermalen Anwendung) oder wirkstofffreie Darreichungsformen (Placebo). Ihre Schmerzmedikation mussten sie, bis auf Paracetamol, absetzen. Ziel der Studie war es herauszufinden, wie sich der Arthrose-Ausgangsschmerz innerhalb von zwölf Wochen unter CBD verändert.

Doch auch hier überzeugte Cannabidiol nicht mehr als Placebo: Die Patient:innen berichteten eine Abnahme ihrer Schmerzen sowohl unter CBD 250 mg (-2,64 Punkte auf der Schmerzskala), unter CBD 500 mg (-2,83) wie auch unter Placebo (-2,37) – die Unterschiede in den einzelnen Behandlungsgruppen waren jedoch so ähnlich, dass sie auch durch Zufall erklärbar sein könnten (kein statistisch signifikanter Unterschied). Die Arbeit im Journal „Osteoarthritis and Cartilage“ liegt lediglich als kurze Zusammenfassung (Abstract) vor („Synthetic transdermal cannabidiol for the treatment of knee pain due to osteoarthritis“).



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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