Neuer Bericht des Insolvenzverwalters

AvP-Insolvenzverfahren: mühsame Detailarbeit, Musterprozesse und viele Klagen

Düsseldorf - 20.12.2021, 12:15 Uhr

Was bedeuten diese Neuigkeiten aus dem Tätigkeitsbericht für die betroffenen Apotheken? Die Aussichten auf eine Mehrung der Insolvenzmasse durch Forderungen aus Rabattverfall oder Ansprüche gegenüber den Konsortialbanken bleiben vage. (c / Foto: picture alliance / Marcel Kusch; Kanzlei White & Case)

Was bedeuten diese Neuigkeiten aus dem Tätigkeitsbericht für die betroffenen Apotheken? Die Aussichten auf eine Mehrung der Insolvenzmasse durch Forderungen aus Rabattverfall oder Ansprüche gegenüber den Konsortialbanken bleiben vage. (c / Foto: picture alliance / Marcel Kusch; Kanzlei White & Case)


Unsicherheit bei den Krankenkassen

Insolvenzverwalter Hoos beschreibt die mühsame Arbeitsweise, die sich aus der Unsicherheit über die Aussonderungsrechte ergibt. Zahlreiche Leistungserbringer hätten die Kostenträger wegen mutmaßlicher Aussonderungsrechte aufgefordert, nur noch unmittelbar an die Leistungserbringer zu zahlen. Daraufhin habe Hoos mit dem Ersatzkassenverband und mit sieben Allgemeinen Ortskrankenkassen Treuhandvereinbarungen über die Verwahrung der Gelder bei einem externen Treuhänder geschlossen. Wegen der behaupteten Gläubigerunsicherheit hätten allerdings zwei Krankenkassen offene Beträge gerichtlich hinterlegt.

Hoos folgert, für den Fortgang des Insolvenzverfahrens sei es „von zentraler Bedeutung, die Frage des Bestehens etwaiger bislang nicht anerkannter Aussonderungsrechte einer rechtssicheren Klärung zuzuführen“. Mit Blick auf die vermeidbaren Kosten individueller Rechtsstreite habe sich „eine breite Zustimmung für ein koordiniertes Vorgehen, vorzugsweise im Wege von Musterprozessen, herauskristallisiert“. Abstimmungen mit Vertretern der Apotheken und des Apothekerverbands Nordrhein hätten bereits stattgefunden. Derzeit werde an der Gruppenbildung und an Bindungsvereinbarungen gearbeitet.

Zahlungsklagen gegen frühere Geschäftsführer angekündigt

Der zweite große Themenblock im Tätigkeitsbericht betrifft die Mehrung der Insolvenzmasse. Zu Ansprüchen wegen unberechtigter Entnahmen der früheren Geschäftsführung berichtet Hoos, die „Aufarbeitung der komplizierten Sach- und Rechtslage“ gestalte sich „äußerst aufwendig“ und dauere noch an. Einen Teil der Ansprüche habe Hoos außergerichtlich geltend gemacht, aber „voraussichtlich“ werde er „kurzfristig“ Zahlungsklagen erheben.

Mühsame Aufarbeitung zum „Rabattverfall“

Zu den möglichen Ansprüchen aus „Rabattverfall“ äußert sich der Insolvenzverwalter eher zurückhaltend. Dabei geht es um Rückforderungen von Krankenkassenrabatten aufgrund verspäteter Zahlungen der Krankenkassen. Im vorherigen Bericht des Insolvenzverwalters vom 14. Juni 2021 war dazu aufgrund einer Angabe der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Andersch AG ein Forderungspotenzial von 37,2 bis 137,4 Millionen Euro erwähnt worden. Diese Zahlen werden jetzt nicht mehr genannt. Stattdessen erfolgt eine viel kleinteiligere Betrachtung, die die großen Mühen bei der Bearbeitung deutlich macht. Ansprüche aus verschiedenen Jahren werden dabei getrennt behandelt.

Um eine Verjährung Ende 2020 zu verhindern, seien mit 67 Kostenträgern Vereinbarungen zur Neufestsetzung der Verjährung geschlossen worden. Außerdem seien gegenüber 15 Kostenträgern Ansprüche klageweise geltend gemacht worden, wobei ein Fall als „Musterprozess“ geführt werden solle. Auch zu Forderungen mit drohender Verjährung Ende 2021 und jüngeren Forderungen seien Vereinbarungen über eine veränderte Verjährung geschlossen worden. In anderen Fällen hätten die Kostenträger belegen können, dass die Zahlungen doch pünktlich erfolgt seien. Unterschiede zwischen den Bundesländern und Unwägbarkeiten bei den Postlaufzeiten erschwerten die Beurteilung.

Für elf Fälle mit einem Gesamtumfang von etwa 800.000 Euro kündigt Hoos an, er werde voraussichtlich kurzfristig Zahlungsklage erheben. Die Prüfung zu Ansprüchen aus den Jahren 2018 bis 2020 dauere an. Als Ergebnis aller dieser Bemühungen seien im Berichtszeitraum allerdings keine Zahlungen zu Forderungen aus Rabattverfall vereinnahmt worden. Die von AvP vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommenen Schätzungen zu diesen Forderungen seien deutlich zu korrigieren, erläutert Hoos. Aufgrund des enormen nötigen Aufwands war die AvP „offenkundig nicht in der Lage, belastbare Angaben zu dem Umfang der tatsächlich bestehenden Forderungen zu machen“, erklärt Hoos. Eine Aufarbeitung sei möglicherweise auch gar nicht gewünscht gewesen. Stattdessen seien fingierte Erträge zur „Bilanzverschönerung“ verwendet worden, wie Hoos früher schon erläutert hatte.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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