Bundestag und Bundesrat

Bahn frei für COVID-19-Impfungen in der Apotheke

Berlin - 10.12.2021, 16:45 Uhr

Der Countdown für die COVID-19-Impfungen in der Apotheke läuft. (IMAGO / penofoto)

Der Countdown für die COVID-19-Impfungen in der Apotheke läuft. (IMAGO / penofoto)


Nach dem Bundestag hat am heutigen Freitag auch der Bundesrat dem „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ zugestimmt. Damit sind die rechtlichen Weichen für COVID-19-Impfungen durch Apotheker:innen gelegt. Beschlossen wurde außerdem eine einrichtungsbezogene Impfpflicht – sie wird Mitte März 2022 scharf gestellt. Das Gesetz tritt einen Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Die Apotheken werden dann allerdings nicht unmittelbar ins Impfen einsteigen können. 

Nachdem die Ampelfraktionen nach einer Expertenanhörung und weiteren Ausschussberatungen nochmals an ihrem Gesetzespaket nachgeschliffen hatten, haben am heutigen Freitag Bundestag und Bundesrat grünes Licht für das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ gegeben. Nicht nur die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP, sondern auch die Unionsfraktion stimmt den neuerlichen Änderungen insbesondere im Infektionsschutzgesetz zu. Die AfD stimmt dagegen, die Linksfraktion enthielt sich.

Ein Kernelement des Gesetzes ist die Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht, die besonders vulnerable Personengruppen schützen soll (§ 20a IfSG neu). Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen, Arzt- und Zahnarztpraxen, Rettungs- und Pflegediensten, Geburtshäusern und weiteren, einzeln aufgezählten Einrichtungen müssen ab 15. März 2022 einen COVID-19-Impf- beziehungsweise Genesenennachweis vorlegen – oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können. Neue Arbeitsverhältnisse in den genannten Einrichtungen sind ab 16. März 2022 nur bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises möglich. Apotheken sind von dieser Regelung nicht betroffen.

Für die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten ist aber vor allem der neue § 20b IfSG von Bedeutung. Demnach sind Apotheker:innen sowie Tier- und Zahnärzte bzw. -ärztinnen unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, COVID-19-Impfungen durchzuführen. Dies kann, sofern die Räumlichkeiten vorhanden sind, in der Apotheke geschehen. Apotheker:innen können aber auch in mobilen Impfteams aktiv werden. Notwendig ist zudem eine vorherige ärztliche Schulung.

Die Vorschläge, die die ABDA im Stellungnahmeverfahren unterbreitet hat, haben die Regierungsfraktionen nicht aufgegriffen. So bleibt es dabei, dass unter anderem die Bundesapothekerkammer (BAK) bis zum Jahresende „in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer“ ein Mustercurriculums für die Schulung zu entwickeln hat. Die ABDA hatte darauf verwiesen, dass die BAK bereits das Curriculum zur Grippeimpfung in den Apotheken auf die Beine gestellt habe und daher über einschlägige Erfahrung verfüge. Unverändert sollen Apotheker, die bereits für Grippeimpfungen ärztlich geschult sind, auch für COVID-19-Impfungen berechtigt sein. Dies allerdings nur bei Personen ab 18 Jahren. Für Impfungen von Personen zwischen zwölf und 17 Jahren soll eine Ergänzungsschulung nötig sein.

Beide neuen Paragrafen – § 20a und § 20b IfSG – sollen zum 1. Januar 2023 wieder außer Kraft treten.  Zudem sollen sie auf ihre Wirksamkeit und Reformbedürftigkeit hin evaluiert werden.

Weitere Handlungsbefugnisse für die Länder

Eine Ergänzung wurde überdies im Sozialgesetzbuch VII vorgenommen: Demnach stehen neben Ärztinnen und Ärzten auch Apotheker:innen unter gesetzlichem Unfallversicherungsschutz, wenn sie sich zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie in den Impfzentren und den daran angegliederten mobilen Impfteams engagieren.

Das Gesetzgebungsverfahren wurde zudem genutzt, um bei den erst jüngst eingeführten Testpflichten für Beschäftigte und Besucher:innen in Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen nachzubessern. Dort wird jetzt unter anderem präzisiert, dass Patient:innen und „Begleitpersonen, die die Einrichtung oder das Unternehmen nur für einen unerheblichen Zeitraum betreten“ nicht als Besucher gelten. Das gilt zum Beispiel für Eltern beim Kinderarzt oder Helfer:innen bei Menschen mit Behinderung.

Daneben sieht das neue Gesetz Nachschärfungen im Handlungskatalog der Länder vor. Auch können diejenigen Länder, die sich noch nach der alten Gesetzeslage vor Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite eigene Regeln zur Bekämpfung der Pandemie gesetzt haben, diese nun noch bis zum 19. März 2022 anwenden – ursprünglich sollte dies nur bis Mitte Dezember möglich sein.

Zudem beschlossen Bundestag und Bundesrat eine Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung. Demnach dürfen die Länder künftig bei Kontaktbeschränkungen für private Zusammenkünfte oder ähnliche soziale Kontakte auch geimpfte und genesene Personen mitberücksichtigen, wenn dies aus Gründen des Infektionsschutzes gerechtfertigt ist – zum Beispiel, weil Nicht-Immunisierte teilnehmen. Bisher zählten Geimpfte und Genesene bei der Höchstgrenze nicht mit.

Lauterbach: Es wird genug Impfstoff geben

Karl Lauterbach (SPD) betonte bei seinem ersten Auftritt als neuer Bundesgesundheitsminister im Bundestag, dass der Schutz der Bevölkerung in der Gesundheitskrise das „oberste Ziel“ der Bundesregierung sei. Er verteidigte insbesondere die erneuten Korrekturen bei den möglichen Maßnahmen der Länder: Den Ländern würden alle notwendigen Instrumente gegeben, um das Infektionsgeschehen zu kontrollieren – so könnten jetzt unter anderem Veranstaltungen untersagt werden, Bars und Clubs und wo nötig sogar Restaurants geschlossen werden. Je nach Inzidenz könne lokal mit unterschiedlichen Maßnahmen reagiert werden. Dass die Ampel hier bereits eigene Gesetze wieder nachbessert, ist für den Mediziner Lauterbach kein Problem: „Hat sich der medizinische Befund geändert, müssen auch die therapeutischen Maßnahmen entsprechend angepasst werden“, sagte er. Der Minister zeigte sich auch zuversichtlich, dass das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis zum Jahresende nicht am Impfstoff scheitern werde: Er werde alles tun, um genug Impfstoff anbieten zu können. Nicht zuletzt betonte er, dass er auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Opposition setze – denn die Pandemie sei eine Aufgabe für alle.

Der CDU-Abgeordnete Erwin Rüddel erklärte in der Bundestagsdebatte, die zuletzt vorgenommenen Änderungen gingen im Wesentlichen auf Vorschläge der Union zurück. Daher gehe das Gesetz auch „grundsätzlich in die richtige Richtung“ – auch wenn wieder zu kurz gesprungen werde.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen forderte die Länder auf, die Maßnahmen auch konsequent umzusetzen. „Der Staat darf sich nicht lächerlich machen. Es muss durchgesetzt werden, was beschlossen wird, ansonsten wird Politik und der Staat als Ganzes unglaubwürdig.“

Das Gesetz und die Verordnung müssen nun noch im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Einen Tag später treten sie in Kraft. Das dürfte sehr kurzfristig der Fall sein. 

Die Apotheken werden dann aber sicherlich nicht unmittelbar in die Impfungen einsteigen. Nicht nur die Schulung will absolviert sein. Die Coronavirus-Impfverordnung wird noch Details bestimmen müssen – auch die Vergütung der Apotheken ist noch offen. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening geht davon aus, dass die Impfungen in Apotheken „früh im ersten Quartal 2022“ starten können. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Apotheker "dürfen" impfen

von Bernd Küsgens am 10.12.2021 um 18:24 Uhr

Wie immer, über Geld wird nicht gesprochen. Das sollte man mal den Ärzten vorschlagen. Warum wird nicht die Versicherung übernommen?

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