Stellungnahmen der Apotheker, Tierärzte und Humanmediziner

ABDA fordert flexible Regelungen für COVID-19-Impfungen in Apotheken

Berlin - 08.12.2021, 13:45 Uhr

Auch Apotheker:innen sowie Tier- und Zahnärztinnen und -ärzte sollen künftig gegen COVID-19 impfen dürfen. (s / Foto: IMAGO / ZUMA Wire)

Auch Apotheker:innen sowie Tier- und Zahnärztinnen und -ärzte sollen künftig gegen COVID-19 impfen dürfen. (s / Foto: IMAGO / ZUMA Wire)


Im Eilverfahren will die Ampel ihr zweites Corona-Gesetz durch den Bundestag bringen. Nach dem Willen der Koalitionäre sollen schon bald auch Apotheker:innen sowie Zahn- und Tierärztinnen und -ärzte gegen COVID-19 impfen dürfen. Die ABDA dringt in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf auf flexible Regelungen: Sie wünscht sich etwa eine vorübergehende Lockerung der nach Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebenen Raumeinheit. Zudem sollen auch zum Beispiel Rettungssanitäter:innen die Notfallschulungen vornehmen dürfen.

Für den heutigen Mittwochnachmittag ist die Verbändeanhörung zum Gesetzentwurf der Ampel-Koalitionäre „zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ angesetzt. Normalerweise würde die Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags stattfinden – da sich dieser aber noch nicht konstituiert hat, werden die Verbände im Hauptausschuss vorsprechen.

Der für die Apotheker:innen wichtigste Punkt im Gesetzentwurf ist das Vorhaben, sie in die Nationale Impfkampagne einzubeziehen. Am Tag, nachdem das Gesetz in seiner finalen Fassung im Bundesgesetzblatt erschienen ist, könnte es losgehen. Bis dahin ist es bereits nach aktueller Gesetzeslage möglich, dass Ärztinnen und Ärzte das Impfen an die Apotheken delegieren. Zudem soll es eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen COVID-19 geben, etwa für Beschäftigte in Pflegeheimen.

In ihrer Stellungnahme zum Entwurf beschränkt sich die ABDA auf die Regelung, die die Apotheken unmittelbar betreffen wird: Um ihnen das Impfen gegen COVID-19 zu ermöglichen, ist geplant, einen neuen § 20b im Infektionsschutzgesetz (Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2) zu schaffen. Darin soll es künftig heißen:


(1)    Abweichend von § 20 Absatz 4 Satz 1 sind Zahnärzte, Tierärzte sowie Apotheker zur Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bei Personen, die das zwölfte Lebensjahr vollendet haben, berechtigt, wenn 
1. sie hierfür ärztlich geschult wurden und ihnen die erfolgreiche Teilnahme an der Schulung bestätigt wurde und 
2. ihnen eine geeignete Räumlichkeit mit der Ausstattung zur Verfügung steht, die für die Durchführung von Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erforderlich ist, oder der Zahnarzt, der Tierarzt oder der Apotheker in andere geeignete Strukturen, insbesondere ein mobiles Impfteam, eingebunden ist.“

Geplanter § 20b Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG)


Auch Details zur ärztlichen Schulung sind im Folgenden festgeschrieben. Zudem wird die Bundesapothekerkammer verpflichtet, zusammen mit der Bundesärztekammer bis zum 31. Dezember 2021 ein Mustercurriculum für die ärztliche Schulung der Apotheker zu entwickeln.

Die ABDA unterstützt das Anliegen ausdrücklich. „Die Apothekerinnen und Apotheker sind bereit, ihren Beitrag zu diesem gesetzgeberischen Vorhaben zu leisten“, schreibt sie in ihrer Stellungnahme. Mit Blick auf den Gesetzentwurf hat die Bundesvereinigung allerdings einige Verbesserungsvorschläge. So regt sie zum Beispiel an, dass auch Rettungssanitäter:innen sowie Personen mit der Qualifikation zur Ausbildung von Ersthelferinnen und Ersthelfern die Schulungen zu den Notfallmaßnahmen anbieten dürfen sollen. Denn bei den Modellprojekten zur Grippeimpfung in den Apotheken habe sich gezeigt, dass es „schwierig ist, ausreichend ärztliche Referentinnen oder Referenten zu gewinnen. Dieser Umstand könnte dem gesetzgeberischen Wunsch nach einer zügigen Umsetzung des § 20b IfSG (neu) entgegenstehen.“

BAK will Curriculum allein entwickeln

Dass die Bundesärztekammer bei der Entwicklung des Mustercurriculums mitwirken soll, hält die ABDA für überflüssig. Denn die Bundesapothekerkammer habe schließlich bereits das Curriculum zur Grippeimpfung in den Apotheken auf die Beine gestellt und verfüge daher über einschlägige Erfahrung. „Da der Gesetzgeber mit § 20b Absatz 3 Nummer 1 IfSG ausdrücklich der Bundesapothekerkammer die Aufgabe zuweist, das Mustercurriculum zu entwickeln, ist auch die bundesweite Anwendung gewährleistet ‒ ohne dass es einer Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer bedürfte.“

Darüber hinaus wünscht sich die ABDA eine Klarstellung, dass gemäß dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ Apotheken in ganz Deutschland gegen COVID-19 impfen dürfen – auch wenn wie etwa in Thüringen die Berufsordnung keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Ausübung der Heilkunde vorsieht. Ferner fordert sie, für jene Räume, die für die Impfungen genutzt werden sollen, eine Ausnahme von der Raumeinheit nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zu verankern – zumindest so lange der § 20b IfSG gilt. Es gelte, den Apotheken auch die Nutzung externer Räumlichkeiten in der Nähe der Betriebsräume zu ermöglichen, ohne dass eine organisatorische Einbindung in andere Strukturen erforderlich ist.

Tierärztekammer sieht noch viele Baustellen

Neben der ABDA haben auch zahlreiche andere Verbände Stellungnahmen eingereicht – darunter die Bundestierärztekammer (BTK). Denn auch Veterinärmediziner:innen sollen nach dem Willen der Ampel Menschen gegen COVID-19 immunisieren dürfen. „Wenn es erforderlich und vor allem gesetzlich zulässig ist, die Rahmenbedingungen geklärt sind und ausreichend Impfstoff vorhanden ist, sind große Teile der Tierärzteschaft gerne zur aktiven Mitwirkung bei Corona-Impfungen bereit“, schickt die BTK in ihrer Stellungnahme vorweg. „Seuchenbekämpfung, Epidemiologie und vorbeugende Schutzimpfungen gehören zum (Praxis)Alltag. Die technische Durchführung einer Impfung ist für Tierärzt:innen daher kein Problem.“

Allerdings fehlt aus Sicht der Tierärztinnen und -ärzte bisher eine sichere Rechtsgrundlage für dieses Vorhaben: Die BTK wünscht sich detailliertere Vorgaben etwa zur Schulung für die humanmedizinische Beratung und Belehrung, zum Umgang mit Notfällen, zu Haftungsfragen, zur Berechtigung zur Ausstellung von Impfnachweisen und zur Abrechnung der tierärztlichen Impfleistung. „Diese und weitere Fragestellungen müssen umfänglich vorab geklärt werden, damit haftungsrechtliche Konsequenzen jeder Art für die sich beteiligenden Tierärzt:innen nicht ergeben“, betont die Kammer.

Da einige der sich ergebenden Fragen wohl nicht sofort zu klären sein werden, sei es als ersten Schritt sinnvoller, Tierärzt:innen in Impfzentren einzusetzen und diese dort als vollwertige Impf-Ärzt:innen zu führen. „Auch ein Zusammenwirken mit Hausarztpraxen wäre denkbar. Dann wäre ein humanmedizinischer Kollege greifbar, wenn es wirklich Komplikationen geben sollte.“

BÄK lehnt Apotheken-Impfungen nicht per se ab

Die Bundesärztekammer (BÄK) hingegen hält nicht viel von der Idee, auch Apotheker:innen sowie Tier- und Zahnärztinnen und -ärzte in die Impfkampagne einzubeziehen. „Das Impfen darf aus Gründen des Patientenschutzes nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen“, schreibt sie in ihrer Stellungnahme. „Bei seltenen, aber durchaus schwerwiegenden Impfkomplikationen – etwa einer allergischen Reaktion – müssen ärztliche Notfallmaßnahmen eingeleitet werden. Aus Sicht der Bundesärztekammer genügt es daher nicht, eine ärztliche Schulung durchzuführen, um weitere Personengruppen (hier: Apotheker, Zahnärzte, Tierärzte) zum eigenverantwortlichen Impfen zu befähigen und zudem mit den erforderlichen Notfallmaßnahmen so vertraut zu machen, dass Gefahren für die Patientensicherheit effizient abgewendet werden können.“

Ganz rigoros lehnt sie das Vorhaben dann allerdings doch nicht ab: Hauptproblem sei derzeit vor allem der Impfstoffmangel, hebt die BÄK hervor. „Sollte es tatsächlich zu akuten personellen Engpässen vor Ort (insbesondere in Impfzentren) kommen, die eine zeitnahe und zeitgleiche Impfung größerer, impfbereiter Bevölkerungsteile verhindert, wäre aus Sicht der BÄK ein Einbezug von Apothekern, Tierärzten und/oder Zahnärzten im Rahmen der ärztlichen Delegation in den Impfzentren und zur Unterstützung der mobilen Impfteams denkbar.“ Im Vorfeld einer solchen personellen Erwägung wäre demnach eine groß angelegte Kampagne zur Rekrutierung von Medizinstudierenden und von Medizinischen Fachangestellten jedoch eher angezeigt. „Allenfalls dann, wenn der zur Verfügung stehende Impfstoff auch auf diesem Wege nicht verimpft werden kann, hielte es die Bundesärztekammer für geboten, ausnahmsweise übergangsweise eine eigenverantwortliche Impfung durch Apotheker, Zahnärzte und Tierärzte zuzulassen.“

Die Anhörung ist für den heutigen Mittwoch um 15 Uhr angesetzt. Bereits am kommenden Freitag soll der Bundestag das Gesetz in 2./3. Lesung beschließen. Danach soll der Bundesrat in einer Sondersitzung zusammenkommen, um seine Zustimmung zu erteilen. Am Tag nach der Veröffentlichung tritt das Gesetz in Kraft – das könnte nach dem aktuellen Zeitplan bereits in der kommenden Woche der Fall sein.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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