Apothekerkammer Brandenburg

Dobbert: „Wir sind Fachleute und wissen, was wir tun“

Berlin - 17.11.2021, 13:45 Uhr

Kammerpräsident Jens Dobbert wünscht sich, dass die Apotheker in der Brandenburger Landesregierung Gehör finden – und zwar nicht nur, wenn die Hütte brennt und ihr Einsatz dringend benötigt ist. (Foto: Apothekerkammer Brandenburg)

Kammerpräsident Jens Dobbert wünscht sich, dass die Apotheker in der Brandenburger Landesregierung Gehör finden – und zwar nicht nur, wenn die Hütte brennt und ihr Einsatz dringend benötigt ist. (Foto: Apothekerkammer Brandenburg)


Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg, macht aus seiner Enttäuschung über die Landesregierung keinen Hehl: Seit 2012 bemüht sich die Kammer intensiv, einen Studiengang Pharmazie im Land zu etablieren. Zwischenzeitlich gab es Hoffnungsschimmer – doch bei der heutigen Kammerversammlung räumte Dobbert ein: „Wir sind keinen Schritt weitergekommen“. Ein weiteres Ärgernis ist für ihn das Thema Präqualifizierung. Doch Dobbert verbreitet auch Optimismus – und zwar mit Blick auf die Digitalisierung.

Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Brandenburg am heutigen Mittwoch war eigentlich in Präsenz geplant – doch auch rund um Berlin steigen die Corona-Infektionszahlen wieder erheblich. Und so entschied man sich kurzfristig, die Veranstaltung online abzuhalten. In seinem Eingangsbericht zeigte sich Präsident Jens Dobbert wenig verständig, dass die sich derzeit bildende „Alles-wird-gut-Koalition“ die epidemische Lage von nationaler Tragweite mitten in der vierten Welle beenden will. Gut findet er allerdings die Pläne zu 3G am Arbeitsplatz. Wobei er es noch lieber sähe, wenn sich auch Genesene und Geimpfte testen ließen – und Ungeimpfte stets einen tagesaktuellen (und selbst zu zahlenden) PCR-Test vorweisen müssten. Dobbert ist überzeugt: „Impfen ist der beste Schutz, den wir für diese Pandemie haben“ – daher suche er auch mit jeder ungeimpften Person, die sich bei ihm testen lasse, das Gespräch. Allerdings bedeute Impfen keinen „Freifahrtschein“, betonte der Kammerpräsident. Man kann sich schließlich noch immer anstecken und andere infizieren. „Aber wir landen womöglich nicht auf der Intensivstation und legen nicht das Krankenhaussystem lahm“. 

Präqualifizierung: Apotheken haben Wichtigeres zu tun 

Dobbert erinnerte erneut an die Leistungen der Apotheken in den vergangenen fast zwei Jahren der Pandemie – und daran, dass aus der Politik nur selten Dank dafür zu hören ist. Hingegen würden die Apotheken bei all ihrem Einsatz auch noch mit Bürokratie überfrachtet. Als Stichwort nannte der Präsident die Präqualifizierung. „Wir sind alle Fachleute und wissen, was wir tun. Wir müssen keine langen Dokumente ausfüllen, um Stechhilfen und Stechnadeln abzugeben.“ Und gebe es mal eine Nachfrage, müsse man feststellen, dass die Präqualifizierungsstelle nur von 8 bis 12 Uhr telefonisch erreichbar sei. Dobbert: „Ganz ehrlich: Diese Präqualifizierung könnten wir abschaffen. Wir haben andere wichtige Dinge in unseren Apotheken zu erledigen“.

Ein weiteres brennendes Thema, das bei keiner Brandenburger Kammerversammlung fehlt, sind die Bemühungen, einen Pharmaziestudiengang im Land zu etablieren. Denn die Frage, wo künftig das Personal für die Apotheken herkommen soll, ist weiter ungeklärt. Dabei hatte bereits 2015 ein Gutachten der Wirtschaftsförderung Brandenburg die Entwicklung aufgezeigt, dass im Jahr 2025 ein Bedarf von 1.000 Apotheker:innen im Land bestehen wird – denn viele gehen nun nach und nach in den Ruhestand und die Zeit der Pharmazieingenieure läuft ebenfalls ab. Doch auch dieses unabhängige Gutachten sowie die zahlreichen Gespräche, die die Kammer seit 2012 mit der Landesregierung geführt hat, haben bislang nichts gebracht. Dobbert räumte ein, dass es langsam schwerfalle, weiterhin Motivation auszustrahlen – als Präsident werde er aber natürlich weiter für die Sache kämpfen. Doch es frustriert ganz offensichtlich, dass die Brandenburger Landesregierung den Apotheken so wenig Wertschätzung entgegenbringt. Briefe an den Ministerpräsidenten und die Wissenschaftsministerin würden von deren Mitarbeitern beantwortet, so Dobbert. Auch die Idee eines Pharmaziestudiengangs an der BTU Cottbus ist vom Tisch – man setzt lieber ganz auf die Medizin und eine akademisierte Hebammenausbildung. Letztere sehe 30 Stellen vor – so viele Geburtsstationen gebe es in Brandenburg gar nicht, ärgert sich Dobbert. Die Wissenschaftsministerin meint, die Pharmazie gehöre nicht in den medizinischen Bereich – eine Aussage, bei der die Brandenburger Apotheker:innen nur noch schwer an sich halten können. „Man erinnert sich an uns, wenn die Bude brennt und die Apotheken die Kohlen aus dem Feuer zu holen haben“, so der Kammerpräsident. „Aber für unsere Zukunft, für die Ausbildung und den Nachwuchs wird im Land Brandenburg nichts getan“. 

Die Digitalisierung nicht verschlafen!

Zusammen mit den Ärzten und Zahnärzten im Land unternahm die Apothekerkammer dennoch einen weiteren Versuch – man machte sich für eine Hochschule für Heilberufe in Cottbus stark. „Das hätte große Strahlkraft gehabt“, ist Dobbert überzeugt. Doch diese Weitsicht habe die Landesregierung offensichtlich nicht. An das Argument, es fehlten die finanziellen Mittel, glaubt der Kammerpräsident ebenfalls nicht mehr. So würden zum Beispiel auch 50 Millionen Euro für die Versetzung eines Bahnhofs bei Grünheide locker gemacht, damit die Beschäftigten der dort entstehenden Gigafabrik es näher ins Werksgelände haben. „Was läuft schief in Brandenburg?“, fragt sich Dobbert.

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Auf den Deutschen Apothekertag im September in Düsseldorf warf der Kammerpräsident nur einen kurzen Blick: Es sei einer der besten Apothekertage der letzten Jahre gewesen. Während Dobbert in den vergangenen Jahren nicht hinterm Berg gehalten hat, wenn er mit der Berliner Standesführung unzufrieden war, ist er mit Gabriele Regina Overwiening an der ABDA-Spitze nun voller Optimismus. Sie führe die Standesorganisation in einem „erfrischenden Stil“.

Zum Schluss seiner Rede zeigte sich Dobbert erneut als „Digitalisierungs-Fan“ und ermunterte alle Apotheker:innen und Apothekenteams, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, sich vorzubereiten und Konzepte zu erstellen. Auch wenn das E-Rezept am 1. Januar 2022 nicht in dem Umfang präsent sein werde, wie es sich Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn erhofft haben dürfte: Sicher ist, dass es kommt und nicht mehr geht. Die Apotheken vor Ort werden es nutzen können – und sie werden schneller sein als der Versand, ist Dobbert überzeugt. „Die Patienten wissen, was sie von ihrer Apotheke vor Ort haben.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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